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Zukunft der Hochschulen

«Die Vielfalt steht auf dem Spiel»

Stabile Finanzen, akademische Freiheit und internationale Vernetzung: UZH-Rektor Michael Hengartner sprach auf Einladung der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft über die Herausforderungen für die Schweizer Hochschulen.
Adrian Ritter

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«In der Schweiz ist rund die Hälfte der universitären Studierenden an einer Top-100-Universität eingeschrieben»: UZH-Rektor Michael Hengartner referierte auf Einladung der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft. (Bild: Adrian Ritter)

Eine Universität braucht Menschen, Räume und Vielfalt, um erfolgreich zu sein. UZH-Rektor Michael Hengartner zeigte am Dienstag in der Aula die derzeitigen Herausforderungen des Hochschulstandortes Schweiz auf. Er referierte auf Einladung der Zürcher Volkwirtschaftlichen Gesellschaft nicht nur als Rektor der Universität Zürich, sondern brachte immer wieder auch den übergeordneten Blick ein als Präsident von swissuniversities, dem neu geschaffenen Dachverband der Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen der Schweiz.

«Die bisherigen Rahmenbedingungen für die Schweizer Hochschulen waren sehr gut», sagte Hengartner. Dies zeige sich nicht zuletzt daran, dass regelmässig fünf bis sechs der zwölf Schweizer Universitäten unter den weltweit besten 100 Universitäten zu finden seien. «In der Schweiz ist rund die Hälfte der universitären Studierenden an einer Top-100-Universität eingeschrieben. Mit solchen Werten können die USA nicht mithalten», sagte Hengartner mit einem Schmunzeln.

Positiver Kreislauf

Gute Rahmenbedingungen erlaubten es den Hochschulen, in Menschen und Räume zu investieren, so der UZH-Rektor. Idealerweise entstehe dabei ein positiver Kreislauf: Genügend finanzielle Mittel erlauben es, gute Forscherinnen und Forscher anzuziehen, diese tragen mit ihren Publikationen und allenfalls auch Spin-offs zur Reputationssteigerung einer Universität bei. Dies wiederum erleichtert es, die nötigen finanziellen Mittel zu erhalten.

Die Universität Zürich sei gut aufgestellt. Das zeige sich nicht zuletzt an der Vielfalt des Studienangebotes, der Forschungsthemen und den vielfältigen Kooperationen mit anderen Hochschulen wie auch mit der Wirtschaft.

Es mangle allerdings nicht an Herausforderungen. Die Internationalität und damit die Vielfalt der Universitäten würde durch die Masseneinwanderungsinitiative aufs Spiel gesetzt. Es sei das erklärte Ziel der Schweizer Hochschulen, sich wieder vollumfänglich am Europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 beteiligen zu können.

Eine Herausforderung sei auch die zunehmende Fokussierung der Gesellschaft auf «Impact» und Relevanz und damit auch auf die angewandte Forschung. Dabei gehe der Wert der Grundlagenforschung vergessen, so Hengartner: «Es braucht beides. Wer ernten will, muss erst säen. Die Elektrizität war bis ins 19. Jahrhundert eine nutzlose Kuriosität. Heute ist sie eine Grundlage der Gesellschaft. Wer weiss, vielleicht geschieht dasselbe eines Tages auch mit dem Higgs-Boson.»

Grosse Pläne

Was den Aspekt der «Räume» anbelangt, so benötigten Universitäten sowohl Bauten wie auch Freiräume, sagte Hengartner. Betreffend der Freiräume sieht er die akademische Welt durch immer mehr Vorschriften von aussen wie von innen bedroht. So gelte es etwa, die zu helvetisch-perfektionistisch umgesetzte Bologna-Reform weiterzuentwickeln. Das Motto sei: Einfache Regeln, klare Strukturen und genügend Freiheiten. Einen Numerus Clausus für Geisteswissenschaften einzuführen, wie das auf politischer Ebene bisweilen diskutiert worden ist, hält er für falsch, zumal die Studierenden keine Probleme auf dem Arbeitsmarkt hätten.

Bezüglich Bauten hat die Universität Zürich grosse Pläne. Sie ist heute auf zu viele Gebäude verteilt und will sich längerfristig auf die beiden Standorte Zentrum und Irchel konzentrieren. Dazu müssen gemäss Hengartner in den kommenden zwanzig Jahren rund 3 Milliarden Franken investiert werden – 1,7 Milliarden Franken in Sanierungen und 1,3 Milliarden Franken in Neubauten. Der Masterplan Hochschulgebiet Zürich Zentrum und der Masterplan Campus Irchel seien essentiell für das zukünftige Wachstum der UZH.

Getrübte Aussichten

Wer bauen und sich weiterentwickeln will, braucht dazu auch finanzielle Ressourcen. Diesbezüglich seien die Aussichten mit den Sparplänen des Kantons Zürich derzeit etwas getrübt. Es gelte, gut zu überlegen, wo optimiert werden könne, ohne Geschaffenes zu zerstören. Wichtig sei für eine Universität vor allem eine stabile Finanzierung, sagte Hengartner: «Wir können nicht für ein paar Jahre eine Fakultät schliessen und wieder eröffnen, sobald sich die kantonalen Finanzen etwas erholt haben.»

Die UZH will selber dazu beitragen, ihre finanzielle Situation zu verbessern. Hengartner möchte den Anteil Drittmittel am Budget von derzeit 22 auf 25 Prozent erhöhen. Dazu soll unter anderem die UZH Foundation beitragen. Beim Fundraising gelten klare Regeln, sagte Hengartner: Freiheit in Forschung und Lehre, Kohärenz mit der UZH-Strategie, Stärkung der Reputation der Universität und volle Transparenz.

Auch die Wirtschaft könne dazu beitragen, die Schweizer Hochschulen zu stärken – etwa durch Kooperationen in der Forschung und Weiterbildung sowie durch die Unterstützung von bildungspolitischen Anliegen. «Der Forschungsstandort Schweiz ist international sehr gut positioniert. Stellen wir sicher, dass es so bleibt», schloss Michael Hengartner sein Referat.