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Die heimische Stube gewährt uns nicht selten Einblick in die Biodiversität der Tropen. Denn tropische Zimmerpflanzen haben wegen ihren bemerkenswerten Formen und farbenfrohen Blüten Eingang in unsere Wohnbereiche gefunden. Die gemeinsame Ausstellung «Von den Tropen in die Stube – Vielfalt der Gesnerieengewächse» des Botanischen Gartens der Universität Zürich und dem Conservatoire de Jardin Botaniques de la Ville de Genève widmet sich den Gesneriengewächsen. Diese zeichnen sich durch vielfältige Blütenformen und -farben aus, und verschiedene unter ihnen werden als Zierpflanzen verwendet.
Die Familie der Gesneriengewächse zählt zur Ordnung der Lippenblütlerartigen. Alle Gesneriengewächse gehen auf einen gemeinsamen Vorfahren vor etwa 70 Millionen Jahren zurück. Sie umfassen über 3000 Arten, die sich über alle Kontinente hinweg in den Tropen finden. Gesneriengewächse gedeihen als Epiphyten an Baumstämmen in tropischen Bergwäldern, wachsen auf Felsen oder ganz traditionell im Erdboden. Einige Arten können in Knollen oder Rhizomen Wasser speichern und damit lange Dürreperioden überstehen. Fünf Arten kommen ausserdem im Süden Europas vor, in den Pyrenäen und auf dem Balkan.
Die europäischen Gesneriengewächse der Gattung Ramonda haben eine grosse Ähnlichkeit mit der beliebten Zimmerpflanze Saintpaulia ionantha, deren deutscher Name «Usambaraveilchen» auf ihre afrikanische Herkunft verweist: die Usambara-Berge in Tansania. Die gezüchteten Formen der ursprünglich eingeführten Art zählen heute zu den am häufigsten gehandelten Zimmerpflanzen. Sie werden von wenigen Produzenten in grossen Mengen gezüchtet. Paradoxerweise sind viele Arten der Saintpaulien an ihrem natürlichen Standort bedroht – hauptsächlich durch die Zerstörung ihrer Lebensräume aber auch durch unkontrolliertes Sammeln. «Die meisten der 11 Wildarten der Gattung Saintpaulia kommen heute nur noch in sehr kleinen Populationen in den Bergwäldern Ostafrikas vor und werden in botanischen Gärten vor dem Aussterben bewahrt», erläutert Peter Enz, Leiter des Botanischen Gartens der Universität Zürich. Die Ausstellung zeigt den Besucherinnen und Besuchern eine Auswahl dieser tansanischen Raritäten.
Die ausserordentliche Blütenvielfalt, welche die Familie der Gesneriengewächse auszeichnet, resultiert in der Wechselbeziehung zwischen Blüte und ihren Bestäubern. Kolibris, Bienen und sogar Fledermäuse bestäuben die Gesneriengewächse. Dank ihren feinen Schnäbeln und der Fähigkeit auf der Stelle zu fliegen, sind Kolibris äusserst wirkungsvolle Bestäuber. Einige Fledermäuse ernähren sich in den tropischen Regionen Amerikas hauptsächlich von Nektar. Sie bestäuben Hunderte von Gesneriaceen-Arten, deren Blüten man an ihrer weiss-grünlichen Farbe, der weiten Öffnung und der grossen Nektarproduktion erkennt. Die Bestäubung durch Bienen stellt das ursprünglichste Bestäubungssystem der Gesneriengewächse dar.
Neben den populären Usambaraveilchen sind viele weitere Arten der Gesneriengewächse für Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner interessant. Die Gattungen Achimenes, Aeschynanthus, Columnea, Episcia, Kohleria und Streptocarpus können leicht selber kultiviert werden: mit Stecklingen aus Blättern der Sprossachse oder durch Teilen der Rhizome. Aus Samen gezogene Pflanzen blühen nach sechs bis zwölf Monaten. Wer weniger Musse hat, kann in der Ausstellung eine Auswahl an Gesneriengewächsen inklusive Pflegeanleitung kaufen.