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Das Becken der Frau weitet sich für die Geburt aus

Die Evolution hat vorgesorgt: Der weibliche Organismus kann das Becken ab der Pubertät verbreitern. Nach dem gebärfähigen Alter verengt es sich wieder – während sich das Becken beim Mann über das gesamte Leben kaum verändert. Die erstaunlichen Resultate einer Studie der Universität Zürich legen den Schluss nahe, dass die Hormone in der Pubertät und der Menopause diese Formunterschiede bewirken.

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Frauen sind in der Körpermitte breiter gebaut als Männer, weil ihr Becken bei der Geburt genug Platz für die grossen Köpfe der Babys bieten muss. Warum reicht bei manchen Frauen die Beckenbreite jedoch nicht aus, so dass es zu Schwierigkeiten bei der Geburt kommt? Die gängige Antwort lautet: Das Becken ist ein evolutionärer Kompromiss zwischen Gebären und Gehen; es kann nicht weiter werden, da sonst die Fortbewegung nicht effizient ist. Diese Hypothese stimmt jedoch nicht ganz: Gemäss neuen Studien sind weite Becken genauso effizient beim Laufen wie enge Becken.

Forscherinnen und Forscher am Anthropologischen Institut der Universität Zürich haben nun neue Erklärungen gefunden. Das Team unter der Leitung von Marcia Ponce de León untersuchte anhand von computertomografischen Daten die Entwicklung des menschlichen Beckens von der Geburt bis ins hohe Alter. Ihr Befund: Bis zur Pubertät sind die Becken beider Geschlechter etwa gleich breit. Während sich das männliche Becken danach gleichmässig weiterentwickelt, schlägt das weibliche Becken eine neue Richtung ein: Es wird breiter und erreicht im Alter von etwa 25–30 Jahren seine grösste Weite. Ab dem 40. Lebensjahr der Frau wird das Becken dann wieder enger.

Geburtsschwierigkeiten sind kein evolutionäres Problem

Die Forscher vermuten, dass diese «Neuprogrammierung» in direktem Zusammenhang mit Änderungen im weiblichen Hormonhaushalt stehen. Während der Pubertät steigt die Konzentration von Östrogen und sinkt erst wieder während der Menopause. Der hohe Hormonspiegel würde demnach nicht nur eine hohe Fruchtbarkeit garantieren, sondern auch dafür sorgen, dass das Becken während dieser Zeit für die Geburt optimiert wird. «Der weibliche Organismus kann offensichtlich das Becken ‹auf Abruf› verbreitern und ist nicht einfach einem genetisch festgelegten Entwicklungsprogramm ausgeliefert», erklärt Ponce de León. Gleichzeitig werden die Hormone auch stark von Ernährung und Umwelt beeinflusst. «Geburtsschwierigkeiten sind demnach weniger ein evolutionäres Problem. Vielmehr scheint es eine Frage der Balance zwischen den Hormonen und äusseren Faktoren zu sein, welche die Grösse des Geburtskanals und die vorgeburtliche Entwicklung des Kindes beeinflussen.»

Warum aber reduziert sich die Breite des Beckens nach dem gebärfähigen Alter der Frau wieder? Die Forscher vermuten, dass dies mit dem aufrechten Gang zu tun hat. Ein engeres Becken hilft, den Beckenboden zu stabilisieren und so den hohen Druck aufzufangen, der im Unterleib beim Gehen entsteht. Somit gleicht sich die Frau ab 40 ein bisschen dem Mann an – zumindest, was das Becken betrifft.

Literatur:

Alik Huseynov, Christoph P. E. Zollikofer, Walter Coudyzer, Dominic Gascho, Christian Kellenberger, Ricarda Hinzpeter, Marcia S. Ponce de León. Developmental evidence for obstetric adaptation of the human female pelvis. PNAS, April 25, 2016. doi: 10.1073/pnas.1517085113.

Weiterführende Informationen

Kontakt

Dr. Marcia Ponce de León
Anthropologisches Institut und Museum
Universität Zürich
Tel.: +41 44 635 54 27
Mobile: + 41 79 599 51 44
E-Mail

 

Alik Huseynov
Anthropologisches Institut und Museum
Universität Zürich
Tel.: +41 44 635 60 34
E-Mail