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Frau Schenker-Wicki, herzlichen Glückwunsch. Ab 1. August leiten Sie als Rektorin die Universität Basel. Zum ersten Mal entschied sich die Universität Basel dazu, dieses Amt nicht intern, sondern durch eine externe Persönlichkeit zu besetzen. Wie kam es dazu?
Andrea Schenker-Wicki: Die Universität Basel suchte eine Person, die Erfahrung in der Hochschulleitung hat. Für mich kam das Angebot ganz unerwartet. Ich hatte mich nicht auf ein Inserat hin beworben, die Universität Basel kam auf mich zu. Ich habe über das Angebot nachgedacht und mich dann entschieden, diese Herausforderung anzunehmen. Nun freue ich mich sehr auf die neue Aufgabe, obwohl sich bereits erste Schwierigkeiten am Horizont abzeichnen.
Mit welchen Schwierigkeiten müssen Sie ins Amt starten?
Vor etwas mehr als einer Woche habe ich erfahren, dass der Kanton Basel Landschaft das Budget der Universität um 25 Millionen Franken kürzen will. Einen solchen Betrag kann die Universität Basel nicht verkraften, ohne dass es zu massiven Einschnitten käme. Meine erste Aufgabe wird daher darin bestehen, mich um die Finanzen zu kümmern und den Dialog zu suchen, damit die Universität Basel für meine Kolleginnen und Kollegen ein verlässlicher Partner bleibt.
Da übernehmen Sie quasi eine aussenpolitische Aufgabe. Treffen Sie in Basel auf eine andere politische Kultur als in Zürich?
Grosse kulturelle Unterschiede zwischen Zürich und Basel sehe ich nicht. Es gibt manchmal kleine Rivalitäten, aber das ist wie bei Geschwistern: Was sich liebt, das neckt sich. Die Basler haben mich sehr offen und warmherzig aufgenommen.
Am Anfang werde ich sicherlich sehr viel Zeit investieren, um die notwendigen Kontakte zu knüpfen und die Universität Basel und ihre Stakeholder kennenzulernen. Das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen. Da ich ein politischer Mensch bin, fällt mir dies nicht allzu schwer. Ich arbeite sehr gerne mit Menschen zusammen, auch wenn es manchmal Konflikte gibt. Das ist in dem vielfältigen Umfeld, in der sich die Universitäten bewegen, etwas ganz Natürliches. Konflikte muss man aushalten können. Dabei ist mein Innerschweizer Dickschädel manchmal sehr nützlich. Ich kann sehr hartnäckig im Verfolgen von Zielen sein.
Wie gehen Sie vor, um sich an der Universität Basel einzuarbeiten?
Direkt nach meiner Wahl habe ich an allen wichtigen Sitzungen teilgenommen. Was mir die Einarbeitung sehr erleichtert hat, ist erstens die Tatsache, dass ich als Prorektorin der Universität Zürich bereits einen guten Einblick in eine Universitätsadministration erhalten habe. Zweitens ist die Universität Basel viel kleiner als die UZH. Die Entscheidungswege sind nicht so lang, vieles ist überschaubarer. Mein Vorgänger hat mir ausserdem ein aufgeräumtes Haus hinterlassen.
Worin sehen Sie die besonderen Stärken der Universität Basel?
Es ist eine ausgesprochene Research-Universität. In den Life-Sciences und Medizin aber auch in den Kulturwissenschaften erbringt sie Spitzenleistungen.
Wie haben Sie Ihre Zeit als Prorektorin an der UZH erlebt?
Es waren zum Teil sehr stürmische Zeiten, die mit dem Rücktritt von Alt-Rektor Andreas Fischer ihren Höhepunkt erreichten. Aber ich habe unglaublich viel gelernt in diesen zwei Jahren, was ich nicht missen möchte. Dieses Wissen, das ich mir in Zürich erworben habe, kann ich nun sehr gut für Basel einsetzen. Trotz allen Mühen habe ich eine sehr gute Erinnerung an diese Zeit und ich erhalte auch immer wieder positive Feedbacks von Kolleginnen und Kollegen, zum Beispiel bezüglich der Internationalisierungsstrategie oder der IT-Strategie, die wir in diesen Jahren gemeinsam entwickelt haben.
An der UZH haben sich die Wirtschaftswissenschaften in den letzten zwanzig Jahren prächtig entwickelt. Wie kam das? Worauf sind Sie besonders stolz?
Eine wichtige Voraussetzung dafür war, auf die richtigen Leute zu setzen und konsequent international renommierte Kolleginnen und Kollegen zu berufen. Eine zweite Voraussetzung war die internationale Akkreditierung, für die ich mich immer eingesetzt habe. Sie hat dazu geführt, dass die Fakultät eine stringente Strategie erarbeitet hat, die sie kontinuierlich weiterentwickelt. So können die Kräfte gebündelt werden.
Stolz bin ich persönlich auf das Executive MBA Programm, das ich die Freude und das Vergnügen hatte zu leiten. Ich habe einmal ausgerechnet, dass wir mit dem Executive MBA seit 2001 rund 35 Millionen Franken verdient haben. Heute sind wir eines der führenden Programme in der Schweiz und in der Financial Times gerankt.
Der zurücktretende Rektor der Uni Basel, Antonio Loprieno, ist in den Universitätsrat der UZH gewählt worden, Sie sind Rektorin in Basel. Bedeutet das, dass die beiden Universitäten enger zusammenrücken als bisher?
Warum nicht! Ich bin gemeinsamen Projekten niemals abgeneigt. Da vermutlich auch die UZH gewissen Sparzwängen ausgesetzt sein wird, ist es sicherlich sinnvoll, wo immer möglich miteinander zu kooperieren.
Sie sitzen hier in Ihrem Büro zwischen den Umzugskisten. Mit welchen Gefühlen verlassen Sie die Universität Zürich?
Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden Auge, weil ich mich auf mein neues Amt freue und mit einem weinenden, weil ich hier viel zurücklasse, was mir lieb und teuer geworden ist. Ich habe an der Universität Zürich eine sehr schöne Zeit erlebt, ich hatte viele Freiheiten, konnte lehren und forschen was ich wollte. Ich habe sehr viele liebe Menschen kennen und schätzen gelernt und sehr viele gute Kollegen und Kolleginnen in der Fakultät gefunden.
Etwas nehme ich allerdings von Zürich nach Basel mit: Ich werde meine vier Doktorierenden weiterhin betreuen. Ausserdem bin ich sehr gespannt, wie viel sich von meinem theoretischen Wissen aus der Forschung in den Bereichen Hochschulökonomie und University Management in der Praxis umsetzen lässt und sich bewährt.
Was hat Ihre Familie zu Ihrem Entscheid gesagt, Rektorin der Universität Basel zu werden?
Mit meinem Mann habe ich genau überlegt, ob wir das stemmen können, und wir sind zum Entschluss gekommen, dass es geht. Meine beiden Kinder haben mich immer voll unterstützt. «Mami, mach es!» Da mein Mann sehr häuslich ist und sein Pensum etwas reduzieren wird, ist für die Kinderbetreuung gesorgt, sodass ich mich unbeschwert in die neue Aufgabe stürzen kann.
Überlegen Sie, nach Basel ziehen? Oder wird man Sie jetzt öfter im Zug antreffen?
Meine Familie ist fest in Zürich verankert, deshalb werde ich wohl zunächst in Zürich wohnen bleiben. Ich werde auf jeden Fall mit dem Zug nach Basel fahren, im Zug kann ich die Reisezeit nutzen, um zu arbeiten. Ausserdem werde ich mir eine kleine Wohnung in Basel nehmen, für den Fall, dass es abends später wird.