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Die BVK will mit ihren jüngsten Beschlüssen finanzielle Sicherheit gewährleisten und die vorhandenen Umverteilungseffekte von jüngeren zu älteren Versicherten abbauen. Wie stark diese Beschlüsse die Gemüter bewegen, zeigte sich am Dienstagabend an einer Veranstaltung der Personalverbände im Hauptgebäude der Universität: Der Vorlesungssaal F-104 war berstend voll, die Stimmung gereizt.
Der Informationsbedarf der älteren Mitarbeitenden ist gross, die Verunsicherung ebenso, sind die Leute doch mit Rentenkürzungen von 7 bis 8 Prozent konfrontiert. Besonders betroffen sind die Jahrgänge zwischen 1957 und 1968, weil sie den Rentenverlust auch durch höhere Beiträge nicht kompensieren können und ihre Renten entsprechend gekürzt werden.
An der Veranstaltung nahmen Thomas Gächter, Rechtsprofessor an der UZH und Stiftungsrat der BVK, Stefan Schnyder, Direktor Finanzen, Personal und Infrastruktur der UZH und Stiftungsrat der BVK, Thomas Schönbächler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der BVK und Roland Brunner, Regionalsekretär des VPOD Zürich teil. Hans Rudolf Schelling, ATP-Delegierter und Mitglied der VPOD-Gruppe, moderierte die Veranstaltung und die anschliessende Diskussion mit dem Publikum. Dabei mussten sich die Vertreter der BVK insbesondere von den kurz vor der Pensionierung stehenden Versicherten zum Teil massive Kritik gefallen lassen. Vor allem die Kommunikation und die Kürzungen wurden kritisiert. Der Ruf nach einem Kassenwechsel wurde mit Applaus begrüsst.
Zu Beginn der Veranstaltung zeichnete Sibylle Dorn, Co-Präsidentin des Vereins Infrastrukturpersonal der UZH (VIP), ein düsteres Bild: Sie führte konkrete Beispiele an, die sie aus dem Rentenrechner der BVK-Webseite entnommen hatte. Danach sinkt die monatliche Rente von einer Person mit Jahrgang 1961 und mit einem versicherten Lohn von 107'109 Franken von 4’376 auf 3'966 Franken, der Verlust beträgt rund 410 Franken im Monat. Ein weiteres Beispiel: Bei einem Versicherten, Jahrgang 1955, mit einem versicherten Lohn von 50'150 Franken, wird die Rente von 2'617 auf 2'345 Franken gekürzt, das macht 272 Franken pro Monat aus und entspricht einem Verlust von 10.4 Prozent.
Thomas Schönbächler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der BVK, erläuterte die Hintergründe der umstrittenen Entscheidungen. Es stimme, dass die Beiträge der Versicherten an die Kasse steigen, die Altersrenten trotz höherem Sparkapital dagegen sinken würden. Das sei unschön, aber notwendig, um langfristig die Renten zu sichern. Dazu habe der Stiftungsrat mit klarer Mehrheit ein «ausgewogenes Paket» mit drei Massnahmen geschnürt: Dazu gehört erstens die Reduktion des technischen Zinssatzes, mit der das Sparkapital zum Zeitpunkt der Pensionierung lebenslang verzinst wird, von 3.25 auf 2 Prozent. Diese substantielle Senkung sei angesichts des anhaltenden Tiefzinsumfeldes und der Volatilität der Kapitalmärkte dringend notwendig, habe aber zur Folge, dass der Umwandlungssatz des Kapitals für die Renten ab 2017 von heute 6.2 auf 4.87 Prozent oder um rund 20 Prozent sinken würden.
Ähnliche Massnahmen müssen übrigens auch die anderen Pensionkassen ergreifen. So hat u.a. die Pensionskasse der Stadt Zürich erst kürzlich entschieden, bereits per 1.1.2016 eine Reduktion ihres technischen Zinssatzes von 3 auf 2.5 Prozent vorzunehmen.
Um die Einbussen, die durch die Senkung des technischen Zinssatzes entstehen, zu kompensieren, werden als zweite Massnahme die Sparbeiträge der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden erhöht. Doch weil die älteren Mitarbeitenden bis zur Pensionierung nicht genügend Zeit haben werden, diese Verluste aufzufangen, sind als dritte Massnahme zur Abfederung 950 Millionen Franken vorgesehen. Mit dem Geld werden die Sparguthaben der Versicherten im Alter 48 bis 65 deutlich erhöht.
Für die Versicherten, die per 31.12.2016 bereits 60 Jahre alt sind, gilt zudem der Rentenbesitzstand. Für sie haben die geplanten Änderungen vergleichsweise wenig Folgen. Andere Versicherte müssen laut Schönbächler wegen der steigenden Lebenserwartung mit einer um durchschnittlich sieben bis acht Prozent tieferen Rente rechnen. Dafür wird ihr Sparguthaben dank der höheren Sparbeiträge, mehrheitlich auch seitens der Arbeitsgebenden, und der Abfederungsmassnahmen substantiell erhöht.
Der BVK-Geschäftsführer pries den im Sommer gefällten Beschluss trotz dieser Perspektiven als ausgewogenes Paket an, das eine nachhaltige Sicherung der Leistungen ermögliche und vor allem die Umverteilungseffekte von der jungen an die ältere Generation stoppe. Die auf den 1. Januar 2017 beschlossene Senkung der Risikobeiträge um einen Lohnprozent bei gleicher Leistung reduziert die Belastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ausserdem können die Versicherten ab 2017 ihre Beitragsstufe selber wählen und so ihre finanzielle Belastung im Vergleich sogar reduzieren.
Unzufrieden mit den Ausführungen Schönbächlers zeigte sich Roland Brunner, Regionalsekretär VPOD. Der BVK-Chef habe seine Redezeit massiv überzogen und trotzdem nicht Klartext geredet. Brunner kritisierte die Beschlüsse der BVK heftig: Er forderte, die Beschlüsse zu revidieren, notwendige Beitragserhöhungen sozial auszugestalten und die Versicherten professionell zu beraten.
Brunner thematisierte auch die unrühmliche Vorgeschichte der BVK. Leider habe es der Stiftungsrat versäumt, vom Kanton die Deckung des ganzen Schadens zu verlangen, welcher der BVK durch die Misswirtschaft von korrupten Beamten entstanden sei. «Es gibt keine Klage, keine Teilklage, all das Geld, das den Versicherten zu Recht zustünde, wird nicht eingefordert», monierte Brunner.
Thomas Gächter, Rechtsprofessor an der UZH und Arbeitnehmervertreter im Stiftungsrat der BVK, wehrte sich vehement gegen den Vorwurf, die BVK kommuniziere zu wenig transparent. Der Stiftungsrat habe sofort informiert, nachdem die neuen Beschlüsse gefasst worden seien. Gächter räumte ein, einen Schreck bekommen zu haben, als er zum ersten Mal vom vorbereitenden Ausschuss vernommen habe, wie stark der technische Zinssatz gesenkt werden müsse. Er verteidigte dann aber den Beschluss: In unsicherer Zeit komme es darauf an, das Geld sicher anzulegen. «Die BVK ist gut unterwegs», sagte Gächter bilanzierend.
Stefan Schnyder, Verwaltungsdirektor der UZH und Arbeitgebervertreter im Stiftungsrat der BVK, erklärte, dass im letzten Jahr – einem Jahr mit einem sehr guten Anlageergebnis – 1.6 Milliarden Franken Rendite mit der neuen Anlagestrategie erwirtschaftet worden seien. Davon seien aber nur 160 Millionen den aktiv Versicherten zugute gekommen. Schnyder veranschaulichte mit diesen Zahlen, wie gross im aktuell gültigen Vorsorgeplan die Umverteilungseffekte von der jüngeren zur älteren Generation sind. Das jüngste Massnahmenpaket der BVK, betonte Schnyder, belaste die Generationen auf gerechtere Weise.
Sibylle Dorn, Co-Präsidentin des Vereins des Infrastrukturpersonals der UZH (VIP) und Mitorganisatorin des Anlasses, zeigte sich im Anschluss an die Veranstaltung erfreut über das lebhafte Publikumsinteresse. Sie hätte sich allerdings von gewerkschaftlicher Seite einen sachlicheren Ton gewünscht. «Die Kampfrhetorik passte nicht zum Anlass», sagte sie. Gern hätte sie es gesehen, wenn noch mehr Zeit zur Beantwortung konkreter Fragen der UZH-Mitarbeitenden geblieben wäre. Denn an Fragen habe es nicht gemangelt. Die rege Anteilnahme des Publikums, so Sibylle Dorn, habe gezeigt, wie wichtig Informationsveranstaltungen wie die gestrige seien.