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«Jede Zusammenarbeit ist eine Herausforderung, aber auch lustvoll und produktiv», sagte Martin Waser zur Eröffnung des Jahresanlasses Hochschulmedizin am vergangenen Freitag. Der Präsident des Spitalrats des Universitätsspitals Zürich lobte das erfolgreiche Miteinander, das sich unter dem Dach der Hochschulmedizin Zürich zwischen Universität, ETH und Universitätsspital entwickelt hat. Seit nunmehr drei Jahren fördert die Gesellschaft institutions-übergreifende Projekte und hilft, die Expertisen der beiden Hochschulen und der Spitäler zu bündeln. Solche Projekte profitierten von der hervorragenden Ausgangslage am Standort Zürich, sagte Waser. Aber die Nähe werde noch zu wenig genutzt. «Wir können noch viel zusammen machen», rief er die Partner dazu auf, die Grenzen der Institutionen in Zukunft noch häufiger zu überschreiten.
Roland Siegwart, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, liess die Entwicklung der Hochschulmedizin Zürich Revue passieren. Zwar fiel der offizielle Startschuss erst 2011, doch eigentlich begann die fruchtbare Zusammenarbeit schon viel früher: Das erste gemeinsame Institut im medizinischen Bereich gründeten Universität und ETH Zürich bereits im Jahr 1971. Das Institut für biomedizinische Technik ist inzwischen weltweit führend im Bereich der bildgebenden Verfahren in der Medizin. 2011 startete dann die Hochschulmedizin Zürich mit einer kleinen Saat, die sich in den Folgejahren sehr gut entwickelt hat.
Herzpumpen auch fürs Treppensteigen
Aus der intensiv gelebten Zusammenarbeit sind vielversprechende Projekte hervorgegangen, so zum Beispiel das Projekt «Zurich Heart», das technologische Innovationen aus dem Ingenieurbereich und medizinische Fachkenntnisse vereint, um Kunstherzen zu entwickeln. Die Projektpartner haben sich das ambitionierte Ziel gesteckt, bessere Herzpumpen zu entwickeln, die sich zum Beispiel der Aktivität des Trägers anpassen, also beim Treppensteigen schneller pumpen als beim Sitzen, und generell weniger Komplikationen auslösen als die heutigen Systeme.
Als jüngste Entwicklung in der Geschichte der Hochschulmedizin Zürich ist ein Zuwachs der Partner zu verzeichnen. Neu haben sich auch die anderen vier Zürcher Universitätsspitäler der Gesellschaft angeschlossen: das Kinderspital Zürich, die Universitätsklinik Balgrist, die Psychiatrische Universitätsklinik und der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst.
Von Stammzellen und braunem Fettgewebe
Die erweiterte Gesellschaft dürfte einen fruchtbaren Nährboden bieten für die Seed-Projekte, die zur Anschubfinanzierung von der Gesellschaft jeweils 100‘000 Franken erhalten. Die Anforderungen an diese Projekte sind hoch: Sie sollen neue Zusammenarbeiten initiieren, einen originellen, inter- und transdisziplinären Charakter aufweisen und das Potenzial haben, zu neuen Flaggschiffen der Gesellschaft zu werden.
Auf dem Podium stellten die Initianten der fünf Seed-Projekte, welche den Zuspruch der Auswahlkommission erhalten hatten, ihre Projekte vor. Zu hören waren ambitionierte Vorhaben, von Herzregeneration über den Einfluss der Darmflora auf das Immunsystem, sicherere Stammzellen für Anwendungen in der regenerativen Medizin, und die Suche nach Biomarkern für bessere Diagnostik der Aortendissektion, eines gefährlichen Herzleidens, bis hin zur Rolle braunen Fettgewebes bei Cancer cachexia, dem schleichenden Gewichtsverlust bei Krebspatienten
Demenzforschung für Früherkennung, Prävention und Therapie
Nachdem die Gäste in der Aula der Universität Zürich diesen Blick in die Zukunft der Hochschulmedizin Zürich erhaschen durften, stellte Roger Nitsch, Direktor der Abteilung für Psychiatrische Forschung an der Universität Zürich, eines der etablierten Projekte vor, die aus der Zusammenarbeit der Institutionen hervorgegangen sind. «Wir werden immer gesünder alt», sagte Nitsch. Einzige Ausnahme sei die Demenz, deren Fortschreiten man bisher nicht aufhalten könne. Um das zu ändern, brauche es Früherkennung, Prävention und Therapiemöglichkeiten.
Erste Durchbrüche, so Nitsch, seien bereits zu verzeichnen, zum Beispiel in Form eines bildgebenden Verfahrens, mit welchem man erste Anzeichen einer Demenz bereits 10 bis 20 Jahre vor dem Auftreten von Symptomen erkennen könne. Man habe also etwa 15 Jahre Zeit, etwas gegen das Fortschreiten zu unternehmen. Vielversprechend ist eine auf Antikörpern basierte Therapie, welche die Amyloid-Plaques angreift, die sich im Gehirn von Alzheimerpatienten ausbreiten und Gehirnstrukturen zersetzen.
Grundstein für mögliches Nationales Programm
Ruedi Aebersold, Professor für Systembiologe an der UZH und der ETH, stellte schliesslich die Vision für ein nationales Programm für personalisierte Medizin vor. Die Vision von optimierten Therapien für jeden individuellen Patienten verfolgt die Hochschulmedizin Zürich seit Frühjahr mit einem neuen Kompetenzzentrum. Um den internationalen Anschluss in diesem Forschungsgebiet nicht zu verlieren, braucht es aber mehr als vereinzelte Forschungsprojekte und Zentren. Das Sammeln und Speichern von Gesundheitsdaten muss künftig zentral organisiert, die Sicherheit dieser Daten gewährleistet und zugleich der Zugang zu diesen Daten für Forschungszwecke sichergestellt werden. Dies sei nur in einem nationalen Rahmen zu bewältigen.
Aebersold beschrieb eindrücklich, wie die verschiedenen Projekte von personalisierter Medizin bis «Big Data», die schweizweit bereits stattfänden, gebündelt werden könnten, um die Schweiz für die Herausforderungen der individualisierten Medizin aufzustellen. «Keines der bisherigen Programme allein hat die nötige Breite, das Ausmass und die Finanzkraft für eine internationale Spitzenposition», so Aebersold. Aufbauend auf dem Kompetenzzentrum der Hochschulmedizin Zürich und weiteren interdisziplinären Projekten, zum Beispiel dem 2016 auslaufenden SystemsX.ch, könnte ab 2017 ein Nationales Programm «Sytems Health» entstehen. «Die Zeit ist reif für ein so grosses Projekt», sagte Aebersold.
Das Schlusswort hatte Daniel Wyler, Prorektor Medizin und Naturwissenschaften der Universität Zürich. «Aus wenig haben wir viel gemacht», unterstrich er die Erfolge, welche mit anfänglich kleinen Schritten im Rahmen der Gesellschaft Hochschulmedizin Zürich bereits erreicht worden seien. Die Zusammenarbeit verglich er mit Zahnrädern, die ineinandergreifen, um Expertisen zu bündeln und mehr zu erreichen, als jeder einzelne es könnte.