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Foschungs- und Lernlabor

Die Neugier auf Forschung wecken

Um Jugendliche für ein naturwissenschaftliches Studium zu begeistern, erhalten sie am Science-Lab der UZH Einblick in die Arbeitsweise von Forschenden. Das Forschungs- und Lernlabor bietet spielerische Experimente und altersgemässe Kurse für Schulklassen verschiedener Stufen.
Stefan Stöcklin
Wieso ist der Boden braun? Anett Hofmann erklärt unterschiedliche Erdtöne anhand einer Farbtafel. (Bild: Stefan Stöcklin)

Die Bodenkundlerin Anett Hofmann steht am Rand eines Bodenprofils beim ehemaligen Strickhof-Gebäude im Irchel-Park. Sie ist umringt von Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Unterstrass aus Zürich. Aufmerksam hören sie Hofmanns Erklärungen zu, obwohl die Sonne an diesem Freitagnachmittag mächtig einheizt. An den Wänden der rechteckigen Grube sind unterschiedliche Erdschichten in braunen Farbtönen erkennbar.

Die Wissenschaftlerin hält eine Farbtabelle in den Händen, eine sogenannte Munsell-Farbtafel, in der hunderte von Farbtönen abgebildet sind. Die Bodenfarbe gibt Auskunft über Humusgehalt, das Vorhandensein eisenhaltiger Minerale und weiterer Eigenschaften des Bodens. Nun sollen die Schüler Proben aus der Grube den Farben zuordnen. Till sucht nach dem Farbton seiner Erdprobe. Dann träufelt er mit einer Pipette etwas Salzsäure darauf. Schaum bildet sich. «Hier ist Kalk drin», stellt Till fest. Zuvor hat er gelernt, dass die Säure sprudelndes CO2 freisetzt, wenn im Boden Calciumcarbonat, das heisst Kalk, steckt. Hofmann nickt anerkennend.

Kalktest: Verdünnte Salzsäure bringt das Carbonat im Boden zum Schäumen. (Bild: Stefan Stöcklin)

Willkommen in der «Werkstatt Bodenfarben» des Science Lab der UZH. Anett Hofmann hat den Kurs aufgebaut und bietet ihn im Rahmen des «Forschungs- und Lernlabors» interessierten Lehrpersonen und ihren Klassen an. Dorothea Baumgartner, die Naturkunde-Lehrerin der 14- bis 16jährigen Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Unterstrass, ist begeistert. «Hier lernen alle etwas. Der didaktisch gut aufgebaute Kurs zeigt Zusammenhänge und verbindet wissenschaftliche und gestalterische Lerngelegenheiten.» Mit einfachen und gut verständlichen Mitteln holt Hofmann ein Optimum aus dem Thema, präsentiert dazu einfache Experimente und erklärt spielerisch die Entstehung des Bodens und seiner Farbtöne.

Abwechslungsreicher Unterricht: Anett Hofmann mit Schülern der Gesamtschule Unterstrass. (Bild: Stefan Stöcklin)

«Spielerisch» ist ein Schlüsselwort des Science Lab, das Wolfgang Pils mehrmals ausspricht. Der Physiker und Mittelschullehrer ist seit September 2013 Co-Leiter des Forschungs- und Lernlabors im Teilpensum. Zusammen mit dem Chemiker Michael Bleichenbacher, der im März 2014 dazu gestossen ist, steuert er das Lernlabor. «Wir möchten einen spielerischen Zugang zu naturwissenschaftlichen Fächern vermitteln», sagt Pils. Zwar geht es auch um Fachwissen, im Zentrum aber steht das Experimentieren und die Frage, wie Forschende eigentlich arbeiten und Wissen generieren.

Interessante und überraschende Versuche sollen die Neugier wecken, die Beobachtungsgabe schärfen und Einblicke in aktuelle Forschungsthemen geben. Die Schüler dürfen fragen, experimentieren und schlussfolgern. Die Werkstatt-Kurse richten sich an Jugendliche vom 7. bis 12. Schuljahr und werden altersgerecht für die Sekundarstufe l oder ll aufbereitet.

Probieren statt studieren

Was Pils unter spielerisch versteht, zeigt er in seinem Werkstatt-Kurs «Magnetische Kanone». Mit Magneten, Stahlkugeln und einer Laufbahn versuchen die Schüler, eine Kugel auf die höchstmögliche Geschwindigkeit zu beschleunigen. Spielerisch erlernen sie die komplexe Wirkungsweise magnetischer Kräfte. Weitere Versuche dieses Kurses befassen sich mit magnetischen Flüssigkeiten und Wasserfarben.

Experimente verleiten zum spielerischen Versuch: Wolfgang Pils zeigt mit Kugeln, was Magnete auslösen können. (Bild: Stefan Stöcklin)

Diese Experimente ergeben faszinierende Farbcollagen und verbinden ästhetische Aspekte und wissenschaftliche Fragen. Je nach Alter und Schulstufe der Teilnehmenden lässt Wolfgang Pils mehr oder weniger Theorie einfliessen und erläutert zum Beispiel die Analogie zum LHC (Large Hadron Collider) des Cern in Genf. Denn im 27 Kilometer langen Teilchenbeschleuniger peitschen ebenfalls Magnete subatomare Teilchen auf Tempi nahe der Lichtgeschwindigkeit. «Der Kurs gibt auch Einblick in aktuelle Forschungsfragen», betont Pils.

Mit dem Science-Lab möchten die Initianten Jugendliche auf die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) aufmerksam machen, die in der Öffentlichkeit oft etwas stiefmütterlich behandelt werden, aber eine wichtige Grundlage unserer Wissens- und Innovationsgesellschaft sind.

Farben aus Böden: Die Schüler isolieren aus Bodensedimenten farbige Pigmente. (Bild: Stefan Stöcklin)

Bei den Besuchern kann ein Kurs unter Umständen ein latent verstecktes naturwissenschaftliches Interesse wecken und zur Wahl eines Studiums in diesen Fächern motivieren. Unterstützend ist der Standort des Science-Lab auf dem Irchel-Campus nahe der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät. Dies erlaubt Laborbesuche und authentische Einblicke in das Arbeitsumfeld von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Werkstatt zur «Magnetischen Kanone»

Längerfristig sollen Institutionen wie das Science-Lab dazu beitragen, den Fachkräftemangel von Naturwissenschaftlern in der Industrie und den Schulen zu beheben. Michael Hengartner, Rektor der Universität Zürich, ist Mitinitiant des Lernlabors, und sagt dazu: «Mit dem Science-Lab nimmt die Universität ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahr.» Dank der Unterstützung durch die UZH-Foundation steht auch genügend Geld für die Institution bereit.

Noch steckt das Projekt in der Aufbauphase. Anett Hofmann hat zwar  bereits mehrere Kurse im Bereich Geographie etabliert, die gut besucht werden. Wolfgang Pils kann die Werkstatt zur «Magnetischen Kanone» und einen Masterkurs für Gymnasiasten zum Thema Teilchenphysik anbieten. Zudem offeriert das Science-Lab Lehrerfortbildungen und dank der Junior Euler Society besteht auch ein Angebot für die Mathematik. Aber weitere Kurse in den MINT-Fächern werden folgen.

Wie lange dauerts, bis der Zweig brennt? Ein Schüler testet die Wirkung des Brennglases. (Bild: Stefan Stöcklin)

Neugier wecken

Unterdessen hat die Gesamtschule Unterstrass von Anett Hofmann eine neue Aufgabe erhalten und inspiziert Bodenproben. Eine Lupe dient eigenltich der Betrachtung von Bodentieren und Pflanzenwurzeln. Die Sonne brennt. Dass das Brennglas seinen Namen zurecht verdient, testet einer der Schüler unaufgefordert und richtet gebündelte Sonnenstrahlen auf einen dürren Zweig. Nach wenigen Sekunden züngeln kleine Flämmchen hervor. Dieses Experiment steht zwar nicht auf dem Programm, aber die Bodenkundlerin schmunzelt. Der junge Experimentator hat offenbar das Prinzip des Lernlabors begriffen.

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