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Beschwingt und stilsicher begann das Dave Ruosch Trio in der Aula die Abschlusszeremonie zum diesjährigen «Tag der Lehre». Mit dem Jazzklassiker «It happened in Monterey» entführten die Musiker das Publikum schlagartig aus dem Alltag und schärften die Aufmerksamkeit für die nachfolgende Veranstaltung, in der die gute Lehre und ihre Früchte – in Form hervorragender Semesterarbeiten – im Zentrum standen. Prorektor Otfried Jarren nahm das Motto des Tages «Ausserordentlich!» etwas näher unter die Lupe. Schlage man im Duden nach, finde man 97 verschiedene Bedeutungen, von «ungewöhnlich» bis «überdurchschnittlich». Besonders gefallen haben Jarren die Umschreibungen «märchenhaft» und «apart». Sie stehen sinnbildlich für eine attraktive Lehre, welche die Studierenden zu begeistern und zu motivieren vermag.
Einblicke in den Strassburger Menschenrechtsgerichtshof
Was das heissen kann, erläuterte die Jus-Studentin und Primarschullehrerin Martina Wiher. Sie schilderte in ihrer Ansprache ihre Erfahrungen im Unterricht von Helen Keller, Professorin für öffentliches Recht an der UZH und Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Im Seminar zum Thema «Besonders verletzliche Personen» hatte die Dozentin die Studierenden kurzerhand zu einem Besuch an den Sitz des EGMR eingeladen. Die Studierenden hatten Gelegenheit, eine Verhandlung zu besuchen, in der eine Klage gegen Rumänien wegen Unterlassung der Fürsorgepflicht für einen Bürger zu beurteilen war. Ein eindrückliches Erlebnis, wie Martina Wiher ausführte. Nicht nur wegen der traditionell gekleideten Richterinnen und Richtern in langen Roben, dem imposanten Gebäude oder den zigtausenden von Beschwerden, die das Richtergremium auf Trab halten. Sondern wegen des Praxisbezugs, der den Lehrstoff greifbar gemacht habe.
Das Seminar habe ihr für die Masterarbeit entscheidende Impulse gegeben, sagte Martina Wiher. Sie konnte für diese Arbeit im weiteren Verlauf der Veranstaltung einen Semesterpreis entgegennehmen.
Studierende
Dank einer originellen Idee gelingt es auch Frank Kauffmann, seinen Sprachenunterricht in einem realen Kontext unterhaltend zu gestalten. Der Dozent für Deutsch als Fremdsprache am Sprachenzentrum der UZH geht mit den fremdsprachigen Studierenden kurzerhand in Alterszentren. Dort treffen die Studierenden aus allen Weltgegenden mit betagten Menschen zusammen, die dankbar sind, dass sie Fertigkeiten weitergeben können. Spielerisch bringen sie den Studentinnen und Studenten die deutsche Sprache bei und erhalten dafür Berichte aus erster Hand aus anderen Kulturkreisen.
Aus dieser Konstellation ergeben sich zuweilen Freundschaften, die über den Kurs andauern. «Besonders erfolgreich sind die gemeinsamen Projektarbeiten», sagte Kauffmann. Zum Beispiel ein Kochbuch, eine Ausstellung mit Audioguide oder Filmarbeiten. Mit einem Ausschnitt aus dem Film «So rot wie Blut», in dem Studierende zusammen mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Alterszentrums Wildbach (ZH) auftreten, gab der Dozent Einblick in seine aparte Lehrmethode. Die «freche Märchenverfilmung» zeigte berührende und witzige Sequenzen, in denen sich die Protagonisten sprachlich auf die Sprünge helfen.
Vorlesungen im Hauptbahnhof
Einen besonderen Ort zur Lehre hat sich der dritte Referent, Heiko Hausendorf, Professor für Deutsche Sprachwissenschaft und Lehrpreisträger 2014, ausgesucht: Bahnhofshallen. Das habe ihm zwar den zweifelhaften Ruf des Bahnhofvorlesers eingetragen, meinte Hausendorf ironisch, aber für die Lehre und Forschung seien die dicht begangenen Bahnhöfe hochinteressant. Mit Mikrofon und Kopfhörer dirigiert Hausendorf die Studierenden jeweils durch die Hallen und kommentiert die Gesprächsfetzen der Passanten und überraschende Geschehnisse. Das bedinge eine minuitöse und aufwendige Vorbereitung, sagte der Lehrpreisträger, aber mache ihm und den Studierenden Spass.
Gleichzeitig sind die öffentlichen Orte auch ein neues Feld für die Sprachforschung. «Ausserordentliche Lehre lebt von Forschung, in meinem Fall der Feldforschung», sagte Hausendorf. Das sei nicht originell, aber wahr. Seine Untersuchungen im Bahnhof vertieft der Lehrpreisträger zurzeit im Rahmen des Universitäten Forschungsschwerpunkts «Sprache und Raum».
Gute Lehre macht neugierig
Vor der Würdigung der einzelnen Preisträgerinnen und Preisträger betonte Rektor Michael Hengartner die überragende Bedeutung einer guten Lehre. Sie solle neugierig machen und den Lernenden neue Perspektiven eröffnen, denn davon lebe die Forschung.
Als Molekuarbiologe erläuterte der Rektor danach exemplarisch die Arbeit des Studenten Miro Räber, um allen Studierenden zu gratulieren. Räber arbeitet an einer neuen Immuntherapie, um metastasierende Krebszellen mit körpereigenen Abwehrzellen zu eliminieren. Dank einer innovativen Idee ist es ihm gelungen, den Abwehrprozess auf die Krebszellen zu beschränken, was die Nebenwirkungen reduziert. Das renommierte britische Fachblatt «Nature» hat die bemerkenswerte Arbeit publiziert. «Das ist ungewöhnlich für eine Masterarbeit und eine Auszeichnung», sagte Hengartner.
Beschwingt und ausgelassen
Als Beitrag zu einer guten Lehre lobte der Rektor schliesslich das Teaching Skills Programm, das Doktorierenden und Assistierenden zeigt, wie man gute Vorlesungen hält oder Seminare leitet. Das Ausbildungsprogramm zur Lehrtätigkeit an der UZH existiert seit zehn Jahren, am Tag der Lehre wurden die Absolventinnen und Absolventen erstmals feierlich gewürdigt.
Dann ging es Schlag auf Schlag: 26 Studierende des Herbstsemesters 2013 und 28 Studierende des Frühjahrsemesters 2014 erhielten aus der Hand von Michael Hengartner und Otfried Jarren den mit 600 Franken dotierten Semesterpreis. Das Teaching Skills Zertifikat 2014 konnten 18 Absolventen und Absolventinnen entgegennehmen.
Der Saal klatschte, die Stimmung blieb ausgelassen. Beschwingt beendete das Dave Ruosch Trio die Zeremonie. Die Improvisationen setzten einen würdigen Schlusspunkt – vor dem Apéro im Lichthof.