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Otfried Jarren: Unsere Weiterbildungsangebote sollen einen wesentlichen Beitrag leisten zum lebenslangen Lernen, das in der heutigen Berufswelt immer wichtiger wird. Unser primäres Zielpublikum sind Akademikerinnen und Akademiker, die sich mit unseren Angeboten kontinuierlich weiterqualifizieren können. Gleichzeitig unterstützen wir mit unseren Weiterbildungs-Angeboten den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, wovon auch die Universität profitiert.
Alexandra Müller: Wichtig ist zudem die Aussage, dass wir qualitativ anspruchsvolle Weiterbildungen anbieten zu Themen, die an der UZH auch in Forschung und Lehre vertreten sind. Unser Angebot ist nicht beliebig, sondern richtet sich an der wissenschaftlichen Kompetenz der UZH aus. Diese Ziele haben wir in der Praxis schon bisher verfolgt, jetzt sind sie auch in der Strategie explizit formuliert.
Was ist die wichtigste Neuerung?
Alexandra Müller: Die primäre Verantwortung für die Weiterbildungen liegt seit jeher bei den einzelnen Fakultäten. Diese müssen bis Ende 2014 nun eigene strategische Ziele für ihre Weiterbildungen formulieren.
Otfried Jarren: Ich möchte den Aspekt der Qualitätssicherung betonen. Schon bisher haben die einzelnen Studiengänge grosse Anstrengungen in dieser Hinsicht unternommen, etwa mittels Befragungen der Studierenden. Die Strategischen Ziele 2013 – 2020 definieren neu auch Massnahmen zur Qualitätssicherung auf gesamtuniversitärer Ebene.
Wodurch zeichnen sich qualitativ hochstehende Weiterbildungen aus?
Alexandra Müller: Wir haben drei Kriterien definiert. Erstens wollen wir sicherstellen, dass ein hoher Anteil der Dozierenden promoviert und an einer Universität tätig ist – idealerweise an der UZH selber. Zweitens soll das Leitungsgremium eines Studiengangs mindestens zur Hälfte aus Angehörigen der UZH bestehen. So können wir gewährleisten, dass sich unsere Weiterbildung an der wissenschaftlichen Kompetenz der Universität Zürich ausrichtet.
Drittens darf in den Weiterbildungen der Anteil an Studierenden ohne Hochschulabschluss nicht zu hoch sein – um Unterricht auf universitärem Niveau gewährleisten zu können. Die Zulassung bedingt in der Regel einen Hochschulabschluss auf Masterstufe sowie Berufserfahrung. In Ausnahmefällen können auch weiterhin Personen mit einem Bachelor oder einer gleichwertigen Qualifikation zugelassen werden – so genannt «sur dossier».
Otfried Jarren: Wir wollen zu diesen drei Aspekten keine Quoten festlegen, aber das Gesamtbild muss stimmen. Parallel zur Diskussion um die neuen strategischen Ziele hat die Fachstelle für Weiterbildung diese Kennzahlen in den vergangenen Jahren bereits zu erheben begonnen und 2011 einen entsprechenden Bericht vorgelegt. Ein solcher Bericht soll nun alle zwei Jahre erscheinen.
Was war das Resultat des ersten Berichts?
Alexandra Müller: Die Auswertung hat gezeigt, dass die Universität Zürich gut aufgestellt ist. Im Durchschnitt haben etwa drei Viertel der Studierenden in einem «Master of Advanced Studies»-Programm einen Masterabschluss als Vorbildung. Weniger als zehn Prozent haben keinen Hochschulabschluss. Was die Dozierenden anbelangt, so haben drei Viertel einen Doktortitel, rund 60 Prozent unterrichten an einer Universität. Es gibt Programme, bei denen nicht alle Kennzahlen ideal sind. Da sind wir im Gespräch betreffend Verbesserungen.
Diesen Sommer musste Nationalrätin Doris Fiala ihren Titel «Master of Advanced Studies» wieder abgeben, den sie an der ETH Zürich erworben hat. Sie hatte grosse Teile ihrer Masterarbeit abgeschrieben und die Quellen nicht korrekt angegeben. Wäre ein solcher Plagiatsfall auch an der UZH möglich?
Otfried Jarren: Gänzlich ausschliessen kann man so etwas leider nie. Aber die Studiengänge tun schon jetzt viel, um es zu verhindern. Sie geben Richtlinien ab und verweisen auf das Verbot des Plagiierens. Viele verlangen eine schriftliche Erklärung, dass die Arbeit selber verfasst wurde. In Zukunft werden wir zudem verlangen, dass Schlussarbeiten immer auch in elektronischer Form abgegeben werden, damit die Möglichkeit besteht, Plagiatssoftware anzuwenden.
Alexandra Müller: Ein möglicher Betrug ist auch dadurch erschwert, dass Abschlussarbeiten häufig aus Falldokumentationen oder Projektarbeiten bestehen, die nur schwer plagiiert werden können. Bei einigen Studiengängen muss die Arbeit zudem in einem Abschlussgespräch vorgestellt werden. Damit wird ein mögliches «Ghostwriting» erschwert.
Bisweilen ist die Kritik zu hören, das Weiterbildungsangebot der Hochschulen und Fachhochschulen sei zu umfangreich und beliebig.
Alexandra Müller: Diese Kritik trifft auf die Universität Zürich überhaupt nicht zu. Das Angebot an der UZH umfasst rund 20 «Master of Advanced Studies»-Programme und etwas mehr als 30 Diplom- und Zertifikats-Studiengänge. Jährlich vergeben wir insgesamt rund 500 Abschlüsse. Das Angebot ist damit im Vergleich zu anderen Anbietern sehr überschaubar. Meistens sind nicht mehr als 30 Studierende im Jahrgang einer Weiterbildung. Damit ist eine gute Betreuung gewährleistet.
Otfried Jarren: Zum Umfang des Angebotes möchte ich sagen: Die Universitäten sind verpflichtet, Weiterbildung anzubieten. Für Fächer wie Medizin oder Recht ist das Studium nur an einer Universität möglich. Entsprechend kann auch die Weiterbildung nur an einer Universität angesiedelt sein.
Von einer Beliebigkeit im Angebot kann zudem keine Rede sein. Die meisten unserer Weiterbildungs-Studiengänge sind spezifisch auf einzelne Berufsgruppen ausgerichtet, insbesondere in den Bereichen Medizin, Psychologie, Recht und Theologie. Daneben existieren Kurse im Umfang von wenigen Tagen, die sich zumeist an ein breiteres Publikum richten.
Das Weiterbildungsangebot der UZH richtet sich primär an akademische Berufsgruppen. Welchen anderen Grundsätzen folgt die UZH in der Weiterbildung?
Otfried Jarren: Als Grundsatz gilt gemäss den strategischen Zielen, dass wir Weiterbildungen anbieten in Fachbereichen, zu denen an der UZH auch geforscht wird. Zudem gilt es aber auch, den Weiterbildungsmarkt im Auge zu behalten. Die UZH bietet einerseits Weiterbildungen an, die in der Schweiz nur an unserer Hochschule existieren und der UZH entsprechend ein spezifisches Profil geben – etwa «Arts Administration» oder «Applied History». Andererseits ist die Nachfrage nach gewissen Weiterbildungen so gross, dass es Sinn macht, dass mehrere Universitäten in der Schweiz über ähnliche Angebote verfügen, etwa im Bereich Management oder Psychologie. Hier herrscht – und das ist gut – Konkurrenz.
Wie wird sich das Weiterbildungsangebot weiterentwickeln?
Alexandra Müller: Der Weiterbildungsmarkt ist an sich dynamisch – neue Angebote entstehen, bestehende fallen wieder weg. An der UZH sind in den letzten Jahren einige sehr berufsspezifische Angebote hinzugekommen, besonders im wachsenden Bereich Medizin und Gesundheit. Umgekehrt kommt es auch vor, dass Inhalte von Weiterbildungen für das Berufsleben so wichtig werden, dass sie nicht mehr als Weiterbildung angeboten, sondern in die Grundausbildung integriert werden.
Insgesamt gehen wir für die UZH von einem massvollen Ausbau des Angebotes aus. Ich rechne damit, dass die UZH bis 2020 im Bereich Weiterbildung nicht mehr als 70 Studiengänge anbieten wird. Die Strategischen Ziele 2013 – 2020 sehen vor, dass die Fakultäten ihre je eigenen strategischen Ziele für die Weiterbildung erarbeiten und gemeinsam mit der Universitätsleitung überprüfen, ob das bestehende Weiterbildungsangebot diesen entspricht und wo allenfalls Anpassungen nötig sind.
Otfried Jarren: Langfristig sollte meines Erachtens die strikte Aufteilung in Grundausbildung und Weiterbildung aufgegeben werden. Es wäre wünschenswert, dass Berufstätige auch aus dem Studienangebot der Bachelor- und Masterlehrgänge bestimmte Module auswählen und deren Besuch zertifizieren lassen können. Dazu bedarf es allerdings entsprechender politischer Weichenstellungen.
Auf politischer Ebene ist derzeit ein Bundesgesetz über die Weiterbildung in der Vernehmlassung. Welche Auswirkungen hätte es für die UZH?
Alexandra Müller: Es hätte gravierende negative Auswirkungen für alle Universitäten, weil die aktuelle Version, die der Bundesrat ans Parlament weitergeleitet hat, vorsieht, dass Weiterbildungen staatlicher Anbieter nur in jenen Bereichen zulässig sind, in denen es keine privaten Anbieter gibt.
Otfried Jarren: Das darf nicht sein, denn ein solcher Entscheid würde alle Universitäten massiv beschränken. Die Universitäten sind klar der Ansicht, dass sie nicht unter das Weiterbildungsgesetz, sondern unter das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz fallen und deshalb von dieser Bestimmung nicht betroffen sein dürfen. Wir benötigen Autonomie, um unseren Auftrag im Bereich Weiterbildung zu erfüllen.