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Menschenrechte und Wirtschaft

Umstrittene Vorreiterrolle für die Schweiz

Sollen Schweizer Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte im Ausland verpflichtet werden? Dieser Frage widmete sich ein Podiumsgespräch an der UZH. Organisiert wurde es von «sneep», einem studentischen Netzwerk für Wirtschaftsethik an der UZH.
Adrian Ritter

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Engagierte Diskussion über die Verantwortung von Unternehmen (von links): Peter Niggli («Recht ohne Grenzen»), Alice Sachova (Schweizerische Management Gesellschaft), Rechtsprofessor Hans-Ueli Vogt (UZH), Ethikprofessor Markus Huppenbauer (UZH) und Nationalrat Cédric Wermuth (SP). 

Basis der Podiumsdiskussion «Manager in Haft(ung) nehmen?» vom vergangenen Dienstag bildete die Kampagne «Recht ohne Grenzen» – lanciert von einer Koalition von rund 50 schweizerischen Nichtregierungsorganisationen. Die Forderung der Kampagne ist eigentlich paradox: Sie will ein globales Problem auf nationaler Ebene lösen.

Die im Juni 2012 mit 135'000 Unterschriften eingereichte Petition verlangt von Bundesrat und Parlament, verbindliche Regeln aufzustellen, damit Unternehmen mit Sitz in der Schweiz weltweit die Menschenrechte einhalten und die Umwelt respektieren. Für die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat international tätiger Unternehmen soll eine rechtsverbindliche Sorgfaltspflicht gelten. Opfer von Menschenrechtsverletzungen sollen zudem in der Schweiz klagen können.

Freiwillig reicht nicht

Müssten globale Probleme nicht auf globaler Ebene gelöst werden? Dies war eine der Hauptfragen des Podiumsgesprächs. Organisiert wurde es von «sneep», einem studentischen Netzwerk für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der UZH. Die Veranstaltung erwies sich als Publikumsmagnet. Kurzfristig wurde der Anlass wegen des grossen Andrangs von einem kleineren Hörsaal in die Aula der UZH verlegt.

Die Besucherinnen und Besucher wurden nicht enttäuscht. Das kompetent und prominent besetzte Podium mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bot eine engagierte Debatte.

Der Weg über eine globale Lösung sei schon versucht worden, aber an politischem Widerstand gescheitert, berichtete Peter Niggli als Vertreter der Kampagne «Recht ohne Grenzen». Entsprechend bestünden heute auf internationaler Ebene nur freiwillige Initiativen wie der Global Compact der Vereinten Nationen. Dies reiche aber nicht aus, um Menschenrechte und Umwelt wirksam zu schützen.

Die Forderungen der Kampagne stiessen bei den anderen Podiumsteilnehmern auf einige Sympathien – etwa bei SP-Nationalrat Cédric Wehrmut. Langfristig sollten Opfer von Menschenrechtsverletzungen aber im Sinne einer globalen Lösung auch an den internationalen Gerichtshof in Den Haag gelangen können, so Wermuth.

Vorreiterrolle für die Schweiz

Bis die Zeit reif ist für globale Lösungen, kann sich Alice Sachova, Präsidentin der Schweizerischen Management Gesellschaft, eine Vorreiterrolle der Schweiz vorstellen. Mit den zahlreichen Hauptsitzen internationaler Unternehmen biete sich dies geradezu an.

Skeptischer zeigte sich Markus Huppenbauer, UZH-Professor für Ethik. Er sehe Umsetzungsprobleme, etwa bei der Klagemöglichkeit aus dem Ausland. Das Potenzial freiwilliger Initiativen sei nicht ausgereizt. Sollten rechtliche Schritte doch nötig werden, sei das humanitäre Völkerrecht nationalen Lösungen vorzuziehen.

Grundlegende Opposition gegen die Anliegen von «Recht ohne Grenzen» kam von Hans-Ueli Vogt, UZH-Rechtsprofessor und Zürcher SVP-Kantonsrat. Unternehmen seien die falsche Adresse, um die Wahrung der Menschenrechte einzufordern. Für diese politische Aufgabe seien staatliche Akteure zuständig – die Schweiz könne sich international für solche Standards einsetzen. Unternehmen hätten nicht die Legitimation, sich im Ausland in die dortige Politik einzumischen.

Würden die Unternehmensleitung und deren Mitglieder haftbar gemacht, schrecke dies zudem Investoren ab. All dies schliesst gemäss Vogt nicht aus, dass es im Interesse eines Unternehmens liegen könne, die Menschenrechte zu wahren – etwa des guten Rufes wegen. Dass allerdings bei Menschenrechtsverletzungen nicht nur der Ruf einzelner Unternehmen, sondern der Schweiz insgesamt auf dem Spiel steht, wurde in der Debatte mehrfach betont.