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«Wir haben viel zu tun gehabt und viel entschieden», sagte Otfried Jarren, Rektor ad interim, an der Medienkoferenz der Universität heute Vormittag. Zusammen mit Andrea Schenker-Wicki, Prorektorin Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, orientierte er die Öffentlichkeit über wichtige Entscheidungen der Universitätsleitung zur Kündigung von Iris Ritzmann und zur Neuausrichtung des Medizinhistorischen Instituts und Museums.
Thema war ausserdem der Umgang mit Sponsoringpartnern sowie eine geplante Datenschutz-Policy. Anwesend an der Medienkonferenz waren auch Daniel Wyler, Prorektor Medizin und Naturwissenschaften, Stefan Schnyder, Direktor Finanzen, Personal und Infrastruktur der UZH, sowie Heinrich Koller, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Justiz.
Heinrich Koller war Anfang November 2013 damit beauftragt worden, die Umstände der Kündigung von Titularprofessorin Iris Ritzmann zu überprüfen. Er stellte an der Medienkonferenz sein Gutachten vor. Eine detaillierte, zehnseitige Zusammenfassung des Berichts ist auf der Mediadesk der UZH aufgeschaltet.
Koller schickte seinen Ausführungen die Bemerkung voraus, er sei als Gutachter in der Rolle des Beratenden und habe keinerlei Entscheidungsbefugnis. Er machte darauf aufmerksam, dass er den Fall Ritzmann ausschliesslich aus rechtlicher Perspektive beleuchtet habe. Die Ermessensspielräume dabei seien gross.
In seinem Gutachten kommt Koller zum Schluss, dass die Kündigung von Iris Ritzmann rechtlich vertretbar und faktisch begründet ist. Frau Ritzmann tauschte im Hinblick auf einen bevorstehenden Artikel mit einem Journalisten des Tagesanzeigers vertrauliche Informationen aus, wies auf weitere gesprächswillige Quellen hin und nahm Korrekturen am Artikel vor. Sie informierte ihre Vorgesetzten über die Kontakte nicht, wie es ihre Pflicht gewesen wäre. Um dem Journalisten die Möglichkeit zu geben, selbst Abklärungen vorzunehmen, gab sie diesem ihren Benutzernamen und ihr Passwort mit Hinweisen zum Gebrauch bekannt.
«Das Verhalten von Frau Ritzmann steht im Widerspruch zu den gesetzlich verankerten Dienst- und Treuepflichten gegenüber der Arbeitgeberin und verletzt die Schweigepflicht der Bediensteten in schwerwiegender Weise», sagte Koller. Ritzmann habe durch ihr Verhalten nicht nur der Universität, sondern auch Privatpersonen Schaden zugefügt.
Als «unverhältnismässig» bezeichnete Koller dagegen den inzwischen revidierten Entscheid der UZH, den seit der Amtseinstellung ausbezahlten Lohn von Iris Ritzmann zurückzufordern. Die Lohnfortzahlung bis zum Kündigungstermin ist in den Augen Kollers auf jeden Fall angebracht.
Als «eher unangemessen» beurteilte Koller die Einstellung im Amt während der ganzen Dauer des Verfahrens. Ebenso hätte der ursprünglich angekündigte Entzug der Lehrbefugnis eine «unverhältnismässige berufliche Beeinträchtigung» zur Folge gehabt. Es sei im Kündigungsverfahren nicht immer angemessen zwischen der personalrechtlichen Anstellung und der akademischen Position unterschieden worden. Koller sprach die Empfehlung aus, von der Überprüfung der Lehrbefähigung und dem Entzug des Titularprofessorinnen-Titels abzusehen.
Otfried Jarren sagte, die Universitätsleitung habe das Gutachten ausgewertet und akzeptiere die Empfehlungen. Die Universitätsleitung habe aufgrund des Gutachtens folgende Entscheidungen getroffen:
Die UZH hält an der Kündigung von Iris Ritzmann fest, bezahlt ihr aber den Lohn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist – also bis Ende April 2014 – weiter. Wie bereits am 6. November 2013 angekündigt, verzichtet die Universität auf eine Lohnrückforderung und eine Überprüfung der Lehrbefähigung von Iris Ritzmann; sie hat also das Recht, auch weiterhin den Titel einer Titularprofessorin zu tragen.
Jarren erklärte, die UZH prüfe nun, ob die Personalverordnung und das Organisationsreglement der Universitätsleitung verbessert werden müssten – insbesondere hinsichtlich der Kompetenzen bei Anstellungen und Entlassungen. Die UZH folge dabei einer Empfehlung des Gutachters Heinrich Koller.
Zweites grosses Thema der Medienkonferenz war die Zukunft des Medizinhistorischen Instituts und Museums. Jarren gab den Beschluss der Universitätsleitung bekannt, das Medizinhistorische Institut und Museum neu zu positionieren. Felix Althaus, Dekan der Vetsuisse-Fakultät, werde als Delegierter der Universitätsleitung bis Ende 2014 ein Entwicklungskonzept für alle Museen der UZH erarbeiten, gab Jarren bekannt. Geprüft werde unter anderem, ob das Medizinhistorische Museum inhaltlich neu ausgerichtet oder in ein neu zu bildendes Wissenschaftsmuseum integriert werden könne.
Es soll auch abgeklärt werden, ob das Medizinhistorische Institut und Museum der Medizinischen Fakultät zugeordnet bleibt oder ob etwa eine Doppelzugehörigkeit zur Medizinischen und Philosophischen Fakultät sinnvoll wäre. In zweiten Fall, so Jarren, «würde das interdisziplinäre Potenzial der Medizingeschichte besser zum Tragen kommen».
Bereits angelaufen ist die Sanierung der Objektsammlung des Instituts. Hier seien erhebliche Massnahmen nötig. Die Universitätsleitung hat dafür einen Kredit von rund einer Million Franken gesprochen. Die Sammlung, so Jarren, sei von europäischer Bedeutung. Sie solle nach zeitgemässen Standards aufgearbeitet und betreut werden. «Mit der Sanierung wird eine Forschungsinfrastruktur aufgebaut, die künftig vor allem auch in Forschung und Lehre eingesetzt werden kann», erklärte Jarren.
Die Universitätsleitung habe beschlossen, das Museum ab jetzt für die Dauer der Sanierung der Sammlung vorübergehend zu schliessen, weil die Sammlung und das Museum eng zusammenhängen. Dem Aufsichtspersonal des Museums, vier Teilzeit-Mitarbeitenden, wird innerhalb der Universität eine adäquate andere Beschäftigung ermöglicht.
Jarren dankte ausdrücklich Johann Steurer, derzeit Leiter ad interim des Medizinhistorischen Museums, und Flurin Condrau für ihr Engagement zugunsten des Instituts, des Museums, der Sammlung wie des Archivs. Ab 1. Februar 2014, so gab Jarren bekannt, wird Prof. Condrau nebst seiner Lehr- und Forschungstätigkeit wieder die Leitung des Medizinhistorischen Instituts übernehmen.
Otfried Jarren äusserte an der Medienkonferenz auch einige Gedanken zum Umgang mit Drittmitteln und Sponsoring. Die Grundleistungen der UZH seien durch eine solide und grosszügige Finanzierung durch die öffentliche Hand in ausreichendem Mass gewährleistet, sagte er. Um hervorragende wissenschaftliche Leistungen erbringen zu können und um international für Forschende attraktiv zu sein, seien aber zusätzliche Mittel nötig. Die UZH werde weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um sie einzuwerben. Jarren dankte allen öffentlichen Einrichtungen, Stiftungen, Unternehmen und Einzelpersönlicheiten für ihre Unterschtützung bei der Weiterentwicklung der Forschung.
Bei Sponsoringverträgen, so Jarren, sei besondere Achtsamkeit geboten. Zumal dann, wenn damit strukturbildende Effekte verbunden sind, bedürfe es besonderer Regeln. «Diese», räumte Jarren ein, «wurden im Falle der Vereinbarung mit der UBS Foundation von Seiten der UZH nicht hinreichend beachtet. Hier, aber auch generell gilt: allein schon den Anschein von Beeinflussung gilt es grundsätzlich zu vermeiden.»
Jarren kündigte an, dass die UZH eine Policy zu den Grundlagen von Sponsoringverträgen und zum Umgang mit Sponsoring erarbeiten werde. Die Universitätsleitung lasse derzeit bereits Vorschläge für sogenannte Standardverträge prüfen. «Eine Regel wird sein, dass wir als öffentliche Institution Verträge zu Einsicht bereitstellen.» Bezüglich des Sponsoring-Vertrages mit der UBS-Foundation sei nun das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuwarten. Vom Urteil erwartet sich Jarren wegweisende Hinweise für die Formulierung der Policy.
«Dank der Mittel Dritter konnten wir uns stets verbessern», sagte Jarren. «Aber die Freiheit von Lehre und Forschung ist ein hohes Gut, und alle Angehörigen der Universität sind verpflichtet, diese zu verteidigen – gegen staatliche wie gegen private Anmassungen gleichermassen.»
Andrea Schenker-Wicki, Prorektorin Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, informierte über eine geplante Datenschutz-Policy. Die UZH habe die Hintergründe der Weitergabe von E-Mail-Daten von UZH-Angehörigen an die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Fall Mörgeli aufgearbeitet. Dabei habe sich gezeigt, dass die UZH Daten nur und ausschliesslich auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft weitergegeben habe. Es seien Inhalte von rund einem Dutzend E-Mails weitergegeben worden. Studierende, so Schenker-Wicki, waren nicht betroffen.
Die UZH, sagte Schenker-Wicki, nehme die Fragen rund um den Datenschutz sehr ernst. «Wir wollen, dass sich die Mitarbeiter und Studierenden sich an der UZH wohl und sicher fühlen können», sagte sie. Deshalb habe die Universitätsleitung die Erarbeitung einer Datenschutz-Policy in Auftrag gegeben. Darauf aufbauend werden, falls notwendig, die bestehenden Rechtsgrundlagen ergänzt und ihre Bekanntmachung sichergestellt.
Die Erarbeitung der Datenschutz-Policy wird durch eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Andreas Donatsch, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der UZH, unterstützt. Die Arbeitsgruppe werde selbstverständlich die Vertretenden aller Stände sowie des technischen und administrativen Personals anhören. Ergebnisse seien Ende des ersten Quartals 2014 zu erwarten. Die Universitätsleitung, so die Prorektorin, suche den Dialog mit kritischen Universitätsangehörigen. Erste Gespräche seien schon Anfang November geführt worden.
Otfried Jarren plädierte abschliessend für den konstruktiven Streit innerhalb der Universität: Streit gehöre zur Akademie, er habe aber vor allem innerhalb der Akademie stattzufinden. «Alle sind dazu eingeladen, die interne Debatte zu führen», sagte er, und fuhr fort: «Wir sind in der Lage, Unterschiedlichkeit auszuhalten.» Forschungsdiversität sei ein grosses Anliegen der UZH. «Die Universität», so schloss er, «war, ist und bleibt ein offenes Haus. In diesem Haus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unterschiedlichen Positionen Platz.»