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Walter Faber, Protagonist in Max Frischs Roman «Homo Faber», ist ein Ingenieur mit streng rationaler, technisch orientierter Weltanschauung. Er verkörpert damit den «Homo oeconomicus», unter dem man in der Wirtschaftswissenschaft einen Akteur versteht, der streng zweckorientiert, berechnend und rational handelt.
Seine Entscheidungen zielen darauf ab, Kosten zu minimieren und Nutzen zu maximieren. Walter Faber jedoch, wird eines Besseren belehrt: Das Leben wirbelt seine Grundhaltung gründlich durcheinander.
Auch die Wirtschaftswissenschaften mussten sich jüngst vom einseitigen Menschenbild des «Homo oeconomicus» verabschieden, nachdem das Modell jahrzehntelang wirtschaftswissenschaftliches Denken geprägt hat.
«Doch er ist noch nicht ganz tot, vor allem in der Makroökonomie lebt er weiter», sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Margit Osterloh und warnt: «Der Homo oeconomicus ist ein Homunculus, eine Kunstfigur, die zu Verzerrungen in den Wirtschaftswissenschaften führt.»
Längst weiss man, dass der Mensch nicht rein rational und egoistisch handelt, sondern von vielen verschiedenen extrinsischen und intrinsischen Motivationen getrieben ist. Er ist nicht nur auf Geld aus, sondern sucht auch Spass oder geht ganz in seiner Tätigkeit auf; er handelt auch sozial, ohne sich vorher auszurechnen, welche Vorteile ihm das bringt.
Erst in den 1990-er Jahren begannen Wirtschaftswissenschaftler umzudenken: Empiriker und die Vorreiter der psychologischen Ökonomie zeigten in Labor- und Feldexperimenten, dass die Versuchspersonen aus unterschiedlichen Gründen handeln und dabei nicht nur ihren Vorteil im Sinn haben.
Der Psychologe Daniel Kahnemann erhielt sogar den Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften für die Erkenntnis, dass häufig auftretende kognitive Verzerrungen das Verhalten beeinflussen. Seiner Ansicht nach sind Menschen stärker durch Verluste als durch Gewinne motiviert und investierten sogar mehr Energie in die Vermeidung von Verlusten als in die Erzielung von Gewinnen.
Der Homo oeconomicus ist übrigens ein Mann. «Frauen», sagt Osterloh, «sind weniger risikofreudig, nicht so wettbewerbsorientiert und überschätzen sich weniger als Männer.» Deshalb plädiert die Wirtschaftswissenschaftlerin auch für Frauen-Quoten in Wirtschaftsunternehmen. Ihr Referat mit dem Titel «Homo faber – Homo oeconomicus» wird am 25. April stattfinden.
Inwiefern sind unterschiedliche Verhaltensweisen von Männern und Frauen biologisch bedingt oder aber kulturell geformt? Dieser Frage wird der UZH-Neuropsychologe Lutz Jäncke am 7. März in seinem Referat «Der Mann im Gehirn» nachgehen. Er wird einige hartnäckige Vorurteile demontieren und zeigen, dass sich scheinbar biologische Unterschiede oft kulturell erklären lassen.
Männer sind aggressiver als Frauen? Frauen haben ein schlechteres räumliches Vorstellungvermögen als Männer? Mag sein, ist aber kulturell erklärbar. Frauen haben gelernt, dass rohe Gewalt gesellschaftlich unerwünscht ist und nutzen deshalb öfter subtilere Formen, zum Beispiel verbale Gewalt.
Auch mit dem Vorurteil, Frauen hätten ein kleines Gehirn als Männer, wird Jäncke aufräumen. Nicht das Geschlecht ist hauptsächlich für den Unterschied verantwortlich – was sonst, sei hier noch nicht verraten.
Genetisch geprägt sind gemäss Jäncke fast nur Verhaltensunterschiede bei der Partnerwahl und der Fortpflanzung. Das menschliche Gehirn sei in erster Linie ein Lerngehirn, so Jäncke.
Weil aber das Überleben der biologischen Art so wichtig ist, sind Verhaltensweisen rund um die Fortpflanzung genetisch gesichert. Vielleicht weil dem so ist, sind wir Menschen im Bereich der Partnerwahl und Sexualität auch weniger lernfähig und machen immer wieder dieselben Fehler.