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Urologie

Wenn der Mann in die Wechseljahre kommt

Je älter der Mann, um so weniger Testosteron produziert sein Körper. Ein zu niedriger Testosteronspiegel kann sich negativ auf die psychische und körperliche Gesundheit auswirken. An einer Informationsveranstaltung des Instituts für Urologie erfuhren die Zuhörer mehr darüber, was passiert, wenn der Mann in die Wechseljahre kommt. 
Marita Fuchs
Wenn der Testosteronspiegel stimmt, kann Mann auch im Alter fit sein.

Ohne Testosteron ist der Mann kein Mann. Das Hormon ist ein Tausendsassa: Es unterstützt Konzentration und Gedächtnis, steigert die Lust auf Sex, stimuliert den Haarwuchs und die Produktion der roten Blutkörperchen, erhöht die Muskel- und verringert die Fettmasse und ist verantwortlich für die Entwicklung der Sexualorgane und den Stimmbruch in der Pubertät.

An einer Veranstaltung der Klinik für Urologie, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, referierten am Mittwoch unter dem Titel «Was Man(n) wissen sollte und Frau interessiert» Mediziner über die Wechseljahre des Mannes. Das Interesse am Thema war riesig: Männer mittleren Alters und einige Frauen füllten den altehrwürdigen Hörsaal der medizinischen Fakultät im Universitätsspital.

Das Hormon Testosteron (Testis = Hoden) kommt sowohl bei Frauen als auch bei Männern vor, allerdings in anderer Konzentration und Wirkungsweise. Beim Mann wird 95 Prozent des Testosterons im Hoden produziert, fünf Prozent in der Nebenniere. Testosteron basiert auf Cholesterin und wird über die Hypophyse und den Hypothalamus quasi vom Gehirn aus gesteuert: Zielgewebe ist unter anderem das Gehirn, die Muskulatur, die Kochen, die Sexualorgane, das Fettgewebe und die Haut.

Nur etwa zwei Prozent des zirkulierenden Testosterons im Blut ist frei und somit nicht an Eiweissproteine gebunden, sprich: es kann somit in den Zellen biologisch aktiv werden. Vom freien Testosteron unterschieden wird das Gesamt-Testosteron. Beide zusammen bestimmen den Hormonspiegel. Er ist beim jüngeren Mann physiologisch in den Morgenstunden 20 bis 40 Prozent höher ist als am Abend.

Im Laufe des Lebens nimmt der Testosteronspiegel ab

Alexander Müller, Oberarzt am Universitätsspital und Privatdozent an der Universität Zürich, beschrieb was passiert, wenn das Testosteron beim Mann abnimmt. Im Laufe des Lebens wird immer weniger Testosteron produziert, führte Müller aus. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 78 Jahren ticke die biologische Uhr: Das Gesamttestosteron nimmt ab dem 40 Lebensjahr etwa um 1 Prozent pro Jahr ab, das freie Testosteron sogar noch schneller, bereits ab dem 25 Lebensjahr. Gleichzeitig werden vermehrt Testosteronbindungshormone produziert.

Männer mit viel und Männer mit weniger Testosteron

Hinzu kommt, dass nicht jeder Mann mit demselben Testosteronspiegel ins Erwachsenenleben startet. Einige haben nach der Pubertät einen relativ niedrigen Spiegel, andere einen deutlich höheren. Gerade für diejenigen Männer, dessen Werte eher im unteren Bereich liegen, kann die Abnahme des Testosterons im Alter zu einem Mangel führen und damit zu einem Problem werden.

«Ein zu niedriger Testosteronspiegel kann sich auf das psychische, körperliche und sexuelle Wohlbefinden auswirken», Alexander Müller, Oberarzt und Privatdozent an der Universität Zürich.

Auch chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes, Nieren- und Lungenerkrankungen oder übermässiger Alkoholkonsum kann sich negativ auf den Testosteronhaushalt auswirken. Ein absoluter Mangel besteht bei einem Grenzwert von weniger als 8 Nanomol/L  für das Gesamt-Testosteron und einem Grenzwert weniger als 220 Pikomol/L für das freie Testosteron.

Hitzewallungen beim Mann

Ein zu niedriger Testosteronspiegel kann sich auf das psychische, körperliche und sexuelle Wohlbefinden auswirken: Reizbarkeit bis zur depressiven Verstimmung, Muskelbeschwerden, Schlaflosigkeit, Hitzewallungen oder Osteoporose sind die Folge. Hinzu kommt, dass das sexuelle Interesse nachlässt und die Potenz leidet. 

«Doch auch bei völlig normalem Testosteron können diese Symptome auftreten und müssen daher nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Testosteronmangel stehen», sagte Müller. Bei entsprechenden Beschwerden empfiehlt er jedoch, den Testosteronspiegel abklären zu lassen, um auszuschliessen, dass zu wenig Testosteron die Beschwerden verursacht.

Lebenslange Einnahme

«Männer brauchen Testosteron ein Leben lang: Um Mann zu werden, Mann zu bleiben, und gegebenenfalls auch unter Zufuhr von Testosteron, um als Mann gesund alt zu werden», bilanzierte Müller. Falls es im Alter zu einem Testosteronmangel mit entsprechenden klinischen Zeichen eines Mangels komme, könne der Testosteronersatz – als Tablette, über die Haut oder per Injektion, zu einer Verbesserung der Symptome führen. Das allgemeine Wohlbefinden verbessert sich rasch, ebenso die Sexualfunktionen und die Libido, der Antrieb und die Knochenstabilität, sowie die Konzentrationsfähigkeit und die geistige Leistungsfähigkeit. Doch was sich so positiv anhört, sollte wohl überlegt sein: Von Aussen zugeführtes Testosteron bewirkt,  dass die Eigenproduktion des Hormons vom Körper eingestellt wird und der Mann auf die Fortführung der Testosteronzufuhr für den Rest des Lebens angewiesen ist. 

Vor einer Testosteronersatztherapie muss das Krankheitsbild, die Indikation, gegeben und geprüft sein. Aber auch die Kontraindikationen müssen abgeklärt werden: Testosteronersatz darf nicht angewandt werden bei einem unbehandelten Prostatakarzinom, Brustkrebs des Mannes, erhöhten roten Blutkörperchen oder Unfruchtbarkeit. Falls sich Mann einer Testosteronersatztherapie unterzieht, benötigt er regelmässige ärztliche Kontrollen zur Überprüfung der Wirksamkeit und Verbesserung der klinischen  Symptome sowie der möglichen Nebenwirkungen.