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Jährlich erleiden in der Schweiz rund 16 000 Menschen einen Hirnschlag oder eine Hirnblutung. Zwar können auch junge Menschen betroffen sein, doch mit zunehmendem Alter steigt das Risiko: So haben 75-jährige eine drei Mal höhere Wahrscheinlichkeit, einen Hirnschlag zu erleiden, als 65-jährige.
Am Informationsforum der Brain-Fair 2012 stellten drei Wissenschaftler ihre Forschung und Erfahrung mit der Rehabilitation von Hirnschlagpatienten vor. Obwohl alle drei auf sehr unterschiedlichen Gebieten arbeiten, waren sie sich in zwei Punkten einig: Die Hilfe in den ersten Stunden nach einem Hirnschlag ist die wirkungsvollste. Und Hirnschlagpatienten können durch intensives Training auch lange nach einem Hirnschlag ihren Allgemeinzustand verbessern. Für die Wissenschaftler ist deshalb klar: Das Gesundheitswesen solle Rehabilitationsprogramme für Schlaganfallpatienten länger bezahlen.
Ein Hirnschlag ist für Betroffene ein grosser Lebenseinschnitt. Je nachdem, welche Gehirnregion verletzt wurde, sind bestimmte Hirnfunktionen beeinträchtigt oder gehen ganz verloren. Mögliche Folgen sind Lähmungen, krampfhafte Verspannungen, Verlangsamung der Bewegungen oder eingeschränkte Mimik. Häufig treten auch Einschränkungen beim Reden, Lesen oder Schreiben auf. Bei manchen Patienten ist das Denken verlangsamt und das Reaktionsvermögen verzögert.
Professor Andreas Luft, leitender Arzt an der Neurologischen Klinik am Universitätsspital Zürich, führt bei Patienten, die gerade einen Hirnschlag erlitten haben, unter anderem eine Thrombolyse durch. Die dabei eingesetzten Medikamente bauen Blutgerinnsel ab und aktivieren ein körpereigenes Abbauenzym, das die Blutbahnen wieder freimacht. Im besten Fall kann das Gehirn sich wieder regenerieren.
Doch bei vielen Patienten bleiben Symptome zurück, in 20 Prozent der Fälle ist es eine halbseitige Lähmung. Der Verlauf ist schwierig vorauszusagen und hängt vom jeweiligen Patienten ab. Statistisch gesehen erholen und regenerieren sich die Patienten in den ersten sechs Monaten nach einer Behandlung, danach bleibt der Gesundheitszustand konstant. «Das liegt aber nicht am Gehirn, sondern am Gesundheitswesen», sagte Luft.
Nach einem halben Jahr kommen die Krankenkassen in der Regel nicht mehr für Rehabilitationsmassnahmen auf. Dabei, so Lufts Erfahrung, zeitigten langfristige sportliche Leistungen die besten Resultate. Gut bewährt habe sich insbesondere das Training auf dem Laufband.
Friedhelm Hummel, Neurologe an der Universitätsklinik Hamburg Eppendorf, teilt Lufts Meinung. Er behandelte Patienten zum Teil Jahre nach dem Schlaganfall mit der transkraniellen Magnetstimulation und erhielt dabei gute Resulate. Bei der Methode werden mit Hilfe starker Magnetfelder Bereiche des Gehirns sowohl stimuliert als auch gehemmt. Eine andere Methode ist die transkranielle Gleichstromstimulation bei der über Elektroden, die an der Kopfhaut angebracht werden, ein kontinuierlicher Gleichstrom verabreicht wird.
Ziel sei es, so Hummel, das Gehirn dazu anzuregen, sich umzuorganisieren. Hummels Studie zeigte erste Erfolge: Im Vergleich zu den Studienteilnehmern, die eine Placebo-Stimulation erhielten, verbesserte sich bei den behandelten Patienten die Grundsituation. So zum Beispiel bei einem 83jährigen Schlaganfallpatienten mit einer Aphasie, einer Sprachstörung. Jahre nach seinem Schlaganfall erhielt er neben logopädischem Training wöchentlich eine Stunde lang eine Gleichstrombehandlung. Nach einiger Zeit stellte sich eine deutliche Besserung ein. Doch müsse man vorsichtig sein, relativierte Hummel, die Therapie müsse erst noch auf ihre langfristige Wirkung hin erforscht werden.
Einen anderen Weg zur Rehabilitation von Hirnschlag-Patienten sucht Roger Gassert vom Institut für Robotik und Intelligente Systeme der ETHZ. Er entwickelt unter anderem Robotersysteme zur Rehabilitation der Handfunktion nach einem Schlaganfall. So kann sein Roboter beim Training einer gelähmten Hand helfen, sie wieder zu öffnen und zu schliessen. Wie sich gezeigt hat, bessert sich durch das pure Training der Hand auch die Beweglichkeit der Finger, Ellbogen und Schultern.
Gassert hat die Roboter mit Druck- und Bewegungssensoren ausgestattet, so dass beim Training gemessen werden kann, wie die Gesundung voranschreitet. Es sei wichtig, dass Patienten auch zu Hause trainieren können. Mit Hilfe von Robotern könnte das auch ohne Arzt oder Physiotherapeut möglich sein.