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Désirée Anja Jäger: Der Ökonom und Pionier der modernen Managementlehre, Peter Drucker, hat den Begriff des Social Entrepreneurs bereits in den 1910er-Jahren angedacht. Er betonte, dass ein Unternehmen nicht nur die Existenz seines Gründers sichern, sondern im Sinne einer «Ökonomie des Menschen» auch einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten sollte. Das ist aktueller denn je, denn die Herausforderungen sind mit Klimawandel, Bankenkrise, Armut und Jugendarbeitslosigkeit enorm.
Worin unterscheidet sich Social Entrepreneurship von «nachhaltigem Wirtschaften»?
Social Entrepreneurship legt den Fokus auf Innovationen, die durch neue Geschäftsideen und Unternehmensgründungen entstehen. Es ist zwar nötig und sinnvoll, dass Unternehmen ihre bestehenden Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger gestalten und herstellen. Aber das reicht nicht.
Wir brauchen auch neue, innovative Ideen, die gezielt zur Lösung der anstehenden Probleme beitragen. Ein gutes Beispiel ist das Projekt SODIS am Wasserforschungsinstitut Eawag. Das Projekt propagiert die einfache, aber überzeugende Idee, Pet-Flaschen zu nutzen, um in Entwicklungsländern Wasser zu entkeimen.
Die nötigen kreativen Ideen entstehen oft nicht in den bestehenden grossen und bisweilen behäbigen Unternehmen, sondern in den Köpfen kreativer Menschen, die ein eigenes Startup gründen. Mit dem «HUB Zürich» hat sich 2011 auch in Zürich ein Netzwerk von Social Entrepreneurs gebildet. Sie tüfteln etwa an klimafreundlichen Ernährungsweisen und den elektrischen Leichtfahrzeugen von morgen.
Ist Social Entrepreneurs mehr als ein Hype?
Davon bin ich überzeugt. Social Entrepreneurship boomt, entspricht aber auch einem längerfristigen Trend. Immer mehr Menschen wollen ihre Arbeit mit einem Wert und einer positiven Wirkung verbinden. Wirtschaft und Politik haben bisher zu wenig überzeugende Lösungen für die anstehenden Probleme hervorgebracht.
Engagierte Menschen setzen deshalb vermehrt darauf, eigene kreative Ideen zu verwirklichen. Mit dem Social Entrepreneurship Day wollen wir solchen Initiativen mehr Sichtbarkeit verschaffen und sie mit der Plattform «Startup@UZH» auch unterstützen.
Welche Unterstützung benötigen Social Entrepreneurs?
Der wichtigste und zugleich schwierigste Teil bei der Gründung eines Unternehmens ist es, ein Ideenkonzept zu entwickeln, das letztendlich zu einer Innovation führt. Ein solches Konzept muss unter anderem die Fragen beantworten: Welches Problem will ich bearbeiten? Welche Lösung bietet sich an?
Das klingt banal, aber viele scheitern bereits an diesen Fragen. Businessplan-Wettbewerbe versuchen den Prozess der Konzeptentwicklung oft in zwei, drei Wochen zu erledigen. Aber das kann nicht funktionieren, es braucht mehr Zeit. Innovationsprozesse müssen erlernt werden – der Weg vom tollen Einfall unter der Dusche bis zur Umsetzung ist lang.
Nötig wären spezifische Kurse, die bei der Konzeptentwicklung helfen?
Ja, das ist wichtiger als Buchhaltungs- und Marketingkurse. Solche sind für eine Unternehmensführung auch nötig und existieren in grosser Zahl. Aber die Mehrheit aller Startups verschwindet nach kurzer Zeit vom Markt, weil das Ideenkonzept nicht ausgereift war.
Entrepreneurs sollten sich möglichst auf den Aspekt der Innovation konzentrieren können. Das bedeutet auch, dass sie sich etwa von buchhalterischen Aufgaben entlasten und diese extern einkaufen. All dies gilt sowohl für Entrepreneurs allgemein wie auch für Social Entrepreneurs.
Welche Rolle kommt den Hochschulen bei der Förderung von Entrepreneurship zu?
Heute werden Aspekte wie Nachhaltigkeit oder Responsibility zwar in einzelnen Veranstaltungen und Forschungsprojekten vor allem der Wirtschaftswissenschaften thematisiert. Was aber fehlt, ist ein Gesamtkonzept, wie Entrepreneurship gelehrt werden kann.
Meine Vision wäre, aus der Plattform «Startup@UZH» eine Arbeitsstelle für Entrepreneurship zu kreieren. Diese würde gesamtuniversitär und auf die einzelnen Fakultäten zugeschnitten Beratung und Ausbildung zum Thema Entrepreneuship anbieten, aber auch Forschung zum Thema initiieren und koordinieren. Die Tätigkeit wäre vergleichbar mit derjenigen der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik, die sich für die gesamte Universität mit Aspekten der Lehre beschäftigt.
Der gesamtuniversitäre Blick ist wichtig, denn Entrepreneurship ist nicht nur ein Thema für Studierende der Wirtschaftswissenschaften. Ich bin überzeugt, dass gerade für Studierende der Geisteswissenschaften Entrepreneurship und Social Entrepreneurship das Betätigungsfeld von morgen sein wird. Die Arbeitswelt ist im Wandel – immer mehr Beschäftigte werden sich ihre Stelle in Zukunft selber schaffen. Und die Welt braucht ihre innovativen Ideen.