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Ausbildung von Gymnasiallehrpersonen

Inspiratoren im Klassenzimmer

Die Ausbildung von Gymnasiallehrerinnen und -lehrern hat sich im letzten Jahrzehnt stark verändert. Der Modernisierungsprozess ist aber noch nicht abgeschlossen: Die UZH hat verschiedene Massnahmen in die Wege geleitet, um theoretische und praktische Teile der Ausbildung enger zu verzahnen.
David Werner

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Hohe Ansprüche: Lehrpersonen sind Moderatoren, Animatoren, Kommunikatoren und vieles mehr.

Das alte Klischee vom selbstherrlich dozierenden Schulmeister ist längst passé. Moderne Gymnasiallehrerpersonen sind Türöffner zu Wissenschaft und Kultur, sind didaktisch gewiefte Arrangeure komplexer Lernumgebungen, sind starke, reflektierte Persönlichkeiten, die ihr Fachwissen authentisch vermitteln können. Sie sind
Vorbilder, Inspiratoren, Projekt- und Konfliktmanager, Moderatoren, Mentoren, Kommunikatoren, Animatoren und vieles mehr. Das Berufsbild ist vielfältig, und die Anforderungen steigen. Entsprechend wachsen auch die Erwartungen an die Berufsausbildung.

Hoher Stellenwert, geschärftes Profil

An der UZH hat die Ausbildung von Lehrpersonen einen hohen Stellenwert. Sie wurde letztes Jahr gemäss den Vorgaben der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt und unter dem Titel «Lehrdiplom für Maturitätsschulen» neu strukturiert.

Darüber hinaus leitet die UZH gegenwärtig verschiedene Massnahmen ein, um das Profil der Ausbildung zu schärfen. Vor allem sollen theoretische und unterrichtspraktische Teile enger verzahnt werden. Dazu wird unter anderem die bestehende, praxisbezogene Fachdidaktik um eine wissenschaftlich orientierte Fachdidaktik erweitert, das Weiterbildungsangebot verbessert und die Berufseinstiegsphase erleichtert. Zudem werden am 1. Februar 2012 an der UZH das Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik sowie das Institut für Erziehungswissenschaften zusammengeführt.

All diese Massnahmen zielen auf ein engeres Zusammenspiel der verschiedenen Institutionen, die innerhalb und ausserhalb der Universität an der Gymnasiallehrer-bildung beteiligt sind. Insbesondere zielen sie auf eine engere Kooperation mit den Gymnasien.

«Wir müssen der Ausbildung von Gymnasiallehrpersonen an der Universität grösste Sorge tragen.» Otried Jarren, Prorektor Geistes- und Sozialwissenschaften.

Historischer Umbruch

Bis zum Ende der Neunzigerjahre blieb die Ausbildung der Gymnasiallehrpersonen erstaunlich resistent gegen diese pädagogischen Grundorientierungen, und so war der didaktische Teil der Gymnasiallehrerinnen und -lehrerausbildung an der Universität Zürich lange Zeit mehr handwerklich als wissenschaftlich geprägt. Die Verantwortung für die Ausbildung lag zum grössten Teil bei verdienten Schulleuten, die ihre eigene Berufserfahrung oft eins zu eins an die nächste Generation weitergaben.

Erst 2003 wurde die Ausbildung von Gymnasiallehrpersonen an der UZH auf Betreiben der kantonalen Bildungsdirektion vollständig an die UZH überführt ­– ­und damit auch das erziehungswissenschaftliche Fundament gefestigt.

Diese Neuausrichtung hatte zur Folge, dass die Ausbildung von Gymnasiallehr-personen heute sehr komplex organisiert ist. Beteiligt an der Ausbildung sind das Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik und die einundzwanzig Fachwissenschaften. Dazu kommen noch die Gymnasien, welche die Praxislehrkräfte stellen.

Die Komplexität des Ausbildungsmodells spiegelt die Vielseitigkeit und den Anforderungsreichtum des Lehrberufs. Sie führt aber auch zu einer starken Fragmentierung des Studiengangs, so dass viele Studierende Mühe bekunden, zwischen den einzelnen Teilen der Ausbildung Bezüge herzustellen. Namentlich die Verknüpfung allgemein-pädagogischer Erkenntnisse mit konkreten Unterrichtssituationen bereitet manchen Studierenden Probleme. Vor allem in der Anfangsphase des Studiums klafft für sie zwischen Theorie und Praxis eine Lücke.

«Wir wollen die berufspraktischen und theoretischen Elemente der Lehrerbildung enger verzahnen.» Reinhard Fatke, Leiter des Beirates für Fragen der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen an der UZH.

Verfeinertes Zusammenspiel

Reinhard Fatke, emeritierter Pädagogik-Professor und alt Dekan, wurde von der Universitätsleitung beauftragt, die Optimierung der Aus- und Weiterbildung von Gymnasiallehrpersonen an der UZH zu koordinieren. «Auf einen möglichst einfachen Nenner gebracht, zielen die Optimierungsbestrebungen darauf, die berufspraktischen und theoretisch-reflexiven Elemente der Lehrerbildung enger zu verzahnen» – so erläutert Fatke seinen Auftrag.

Dazu gelte es, das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure, die für die Gymnasiallehrpersonen-Ausbildung zuständig sind, zu verfeinern. Es liegt auf der Hand, dass dies am besten gelingt, indem der Dialog zwischen diesen Akteuren intensiviert und verstetigt wird.

2010 wurde deshalb auf Initiative von Otfried Jarren, Prorektor Geistes- und Sozialwissenschaften der UZH, ein Beirat für Fragen der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen ins Leben gerufen (vgl. Kasten): eine Plattform zum regelmässigen Austausch zwischen Vertretern der Universität, der Schulen und des Kantons. Hier können Ansprüche, Zielsetzungen und Wünsche aller Beteiligten artikuliert und abgeglichen werden.

Eine der Massnahmen ist die Zusammenführung des Instituts für Gymnasial- und Berufspädagogik (IGB), das bisher allein für die Lehrerbildung zuständig war, mit dem Institut für Erziehungswissenschaft (IfE). Sie tritt am 1. Februar in Kraft. Die bisher auf beide Institute verteilten didaktischen und erziehungswissenschaftlichen Kompetenzen der UZH werden auf diese Weise gebündelt und können innerhalb der Gymnasiallehrpersonen-Ausbildung besser zur Geltung gebracht und genutzt werden.

«Wir haben die Chance», sagt Regula Kyburz-Graber, Professorin für Gymnasialpädagogik an der UZH, «aus dem neu entstehenden Institut einen universitären Kristallisationspunkt für einen fachübergreifenden Dialog zur Lehrerbildung zu machen.»

«Wir haben die Chance, aus dem neu entstehenden Institut einen Kristallisationspunkt für einen fachübergreifenden Dialog zur Lehrerbildung zu machen.» Regula Kyburz-Graber, Professorin für Gymnasialpädagogik an der UZH.

Wissenschaftlich orientiert

An einem Grundsatz der Lehrpersonenausbildung wird bei allen Optimierungs-bemühungen nicht gerüttelt: am hohen Stellenwert des fachwissenschaftlichen Studiums. Dieser war schon bisher ein Merkmal der Gymnasiallehrpersonen-Ausbildung der UZH – und er soll es bleiben.

Im Unterschied etwa zum deutschen System, wo angehende Gymnasiallehrerinnen und -lehrer spezielle Masterstudiengänge absolvieren, in die  Fachwissenschaft, Pädagogik und Didaktik integriert sind, oft zulasten der Fachwissenschaft, machen zukünftige Gymnasiallehrpersonen in Zürich einen Master in einem allgemeinen, wissenschaftlich ausgerichteten Fachstudium, das bis zum Ende alle Berufsoptionen offen lässt.

Die eigentliche Lehrpersonenausbildung, das Lehrdiplom für Maturitätsschulen, baut als ein eigenständiger Studiengang darauf auf. Er kann schon vor Abschluss des Fachstudiums begonnen werden. Wer will, kann ihn auch berufsbegleitend absolvieren.

Die UZH und die Gymnasien sind sich einig über die Vorteile dieses Modells. Der wichtigste Vorteil besteht in der Wissenschaftsnähe der zukünftigen Lehrpersonen. Wer selbst im Studium mit universitärer Forschung in Berührung gekommen ist und sich vom Fach in seiner ganzen Breite hat faszinieren lassen, bringt beste Voraussetzungen mit, um die Begeisterung für die Wissenschaft später auch ins Klassenzimmer zu tragen.

Volles Engagement gefordert

Das Zürcher Modells der Gymnasiallehrpersonen-Ausbildung mit seiner starken Stellung der Fachwissenschaft bringt es mit sich, dass Studierende den Entscheid, Gymnasiallehrerin oder -lehrer zu werden, bis zum Abschluss des Fachstudiums aufschieben können.

Das kommt vielen Spätentschlossenen entgegen, hat aber auch die unerwünschte Folge, dass die Option Lehrberuf oft als eine Notlösung, als ein Plan B für den Fall betrachtet wird, dass sich bis zum Lizenziat beziehungsweise Masterabschluss kein anderer Weg ins Berufsleben auftut.

Die Folge: Der Lehrberuf gerät in den Verruf, ein Auffangbecken für wenig fokussierte Studierende zu sein. Dieses Image steht quer zu den Anforderungen, die dieser Beruf in Tat und Wahrheit stellt: Er fordert volles Engagement und überdurchschnittliches fachliches Interesse.

Es gelte daher, sagt Otfried Jarren, Prorektor Geistes- und Sozialwissenschaften, motivierte und begabte Studierende schon während des Fachstudiums dazu zu ermutigen, eine Lehrtätigkeit als Berufsziel ins Auge zu fassen. «Wir brauchen», sagt Jarren, «an der Universität ein positives Leitbild für den Lehrberuf.»

Positives Leitbild

Wünschenswert sei ein solches positives Leitbild nicht nur, um Studierende frühzeitig auf den Lehrberuf aufmerksam zu machen, sondern auch um der Dozierenden willen, die sich an der UZH speziell für die Förderung künftiger Pädagoginnen und Pädagogen einsetzen. Dozierende, welche die für die Gesellschaft so wichtigen Vermittlungsleistungen erbringen, stehen in einem Umfeld, in dem vor allem Spitzenleistungen in der Forschung honoriert werden, immer etwas im Schatten der allgemeinen Aufmerksamkeit.

«Umso mehr», findet Jarren, «sollte man dieses Engagement würdigen.» Denn die Orientierung an wissenschaftlicher Exzellenz sei zwar für die UZH als starke Forschungsuniversität essentiell, zugleich aber gelte es auch einen Bildungsauftrag für den Kanton zu erfüllen.

Die Ausbildung der Gymnasiallehrerinnen und -lehrer trägt entscheidend zur Verankerung der Universität in der Region Zürich und darüber hinaus bei, und speziell für die Geistes- und die Naturwissenschaften ist sie von vitaler Bedeutung. «Wir müssen daher», sagt Jarren, «der Ausbildung von Gymnasiallehrpersonen an der Universität grösste Sorge tragen.»

Weiterführende Informationen

Links

Die ungekürzte Version dieses Artikels erschien im Journal 6/2011.