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Urologe Professor Tullio Sulser von der Universität Zürich zog am Montag mit seinem Vortrag über Prostatakrebs viele Zuhörer an. Der Hörsaal im Careum war gefüllt; im Publikum vor allem Männer mittleren und fortgeschrittenen Alters. Das Thema ist brisant: In der Schweiz stirbt jeder zweite Mann an einer Krebserkrankung. Der Prostatakrebs ist mit rund 6000 Neuerkrankungen pro Jahr die häufigste Krebserkrankung des Mannes und macht rund einen Drittel aller Krebserkrankungen bei Männern aus. Beim Mann ist der Prostatakrebs nach dem Lungenkrebs die zweithäufigste Krebs-Todesursache.
Mit zunehmendem Alter treten die Krankheitsfälle gehäuft auf. Da sich bis ins Jahr 2025 die Zahl der über 65-Jährigen im Vergleich zu 2005 verdoppeln wird, ist von einer deutlichen Zunahme der Prostatakrebserkrankungen auszugehen. Bei der Abklärung und Behandlung ist die Lebenserwartung des Patienten eine wichtige Grösse und sollte mindestens zehn Jahre betragen.
Die Krankheit ist tückisch, da Frühsymptome fehlen. Bemerkt der Patient Symptome wie Beschwerden beim Wasserlösen, schmerzhafte Ejakulationen oder Knochenschmerzen, ist der Tumor oft weit fortgeschritten oder hat schon Metastasen gestreut. Zu Beginn bilden sich bösartige Zellen, die zunächst lokal begrenzt sind. Diese Phase kann sich lange hinziehen, bis der Tumor weiter wächst. Betroffene können viele Jahre beschwerdefrei leben, obwohl sie erkrankt sind.
Ursachen des Prostatakrebses seien zum einen eine genetische Disposition. «Wenn Vater und/oder Bruder erkrankt sind, sollten sich die männlichen Verwandten regelmässig untersuchen lassen», rät Sulser. Aber auch die Zugehörigkeit zu einer Ethnie spiele eine Rolle. So erkrankt in den USA bei der weissen Bevölkerung einer von 6 und bei der afroamerikanischen Bevölkerung einer von 5 Männern, in Europa einer von 10, in Asien jedoch ist lediglich einer von 100 betroffen.
Wie bei anderen Krebsarten spielen Ernährung und Lebensstil eine wichtige Rolle. In China nimmt die Zahl des Prostatakrebses mit zunehmendem Wohlstand drastisch zu. «Der Verzehr von tierischem Eiweiss in Form von Fleisch und Milchprodukten sowie tierischem Fett ist sicherlich mit verantwortlich», sagte Sulser.
Im Unterschied zur gutartigen Prostatavergrösserung siedelt sich der Prostatakrebs in etwa achtzig Prozent der Fälle am Aussenrand der Drüse an und lässt sich so bei einer Rektaluntersuchung mit dem Finger in etwa zwanzig Prozent der Fälle ertasten, während die harmlose Prostatavergrösserung im Inneren der Drüse entsteht. Zur Klärung wird ein sogenannter PSA-Test eingesetzt. Dabei wird die Konzentration des prostataspezifischen Antigens im Blut bestimmt. Ist der Wert erhöht, deutet das auf Krebs hin – dann folgt eine Biopsie, um den Verdacht zu bestätigen oder zu entkräftigen.
Bei Prostatakrebs wird entweder operiert, bestrahlt oder eine Hormontherapie durchgeführt. Zusätzlich gibt es unter anderem noch das «Aktive Beobachten» bei weniger aggressiven Tumoren. Das bedeutet: Man zögert die Therapie hinaus, bis der Krebs eine Behandlung dringend nötig macht oder der Patient eine Behandlung fordert. Das kann jedoch für manche Patienten psychisch sehr belastend sein.
Ein Bluttest, der die Konzentration des in der Vorsteherdrüse gebildeten Prostata-spezifischen Antigens (PSA) misst, kann frühzeitig auf den Tumor hindeuten. Die Schlüsselfrage ist dabei jedoch nicht, ob der PSA-Test effektiv ist, sondern ob er mehr nützt als schadet.
Die Frage nach einer Reihenuntersuchung aller Männer werde immer wieder diskutiert, sagte Sulser. Dabei hätten neue Studien gezeigt, dass man etwa 300 Patienten untersuchen und 12 behandeln muss, um ein Leben zu retten. «Dieses Verhältnis ist in etwa so wie beim Brustkrebs», sagte Sulser. «Beim Brustkrebs werden Screenings durchgeführt und bezahlt, doch bei der Prostatauntersuchung zögern die Gesundheitspolitiker. Nicht zuletzt auch wegen der Kosten», meint Sulser. Gemäss Sulser sollten sich Männer im Alter von vierzig Jahren einer Basisuntersuchung unterziehen, in der man die familiäre Situation und den PSA-Wert festhalte. Danach könne man entscheiden, wie es weitergehe.