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Frau Zellweger, welche Einstellung zur Arbeit sollte man mitbringen?
Regula Zellweger: Die beste Grundeinstellung zur Arbeit erfolgt aus einer inneren Berufung heraus, weil die Tätigkeit Befriedigung und Lebenssinn geben sollte. Arbeitszufriedenheit stellt sich dann ein, wenn die Arbeit adäquate, motivierende Herausforderungen und Wertschätzung beinhaltet. Sein und Tun sind dann in guter Resonanz – denn die Arbeit ist schicksalsbildend und steht in einer direkten Wechselbeziehung mit allen anderen Lebensbereichen.
Spielt auch das Körpergefühl eine Rolle bei der Arbeitszufriedenheit?
Ja. Man soll die Sprache des Körpers deuten lernen und seine Botschaften ernst nehmen. Sich viel bewegen, auch in der Natur, ist sehr gut. Im Büro oder im Seminarraum eher leichte Kost zu sich nehmen. Auf Ihrem Pult steht eine Wasserflasche, mindestens einen Liter Wasser soll man tagsüber trinken. Auch der persönliche Rhythmus ist wichtig: Nutzen Sie die Phasen von Leistungshochs für anspruchsvolle, herausfordernde Aufgaben und pausieren Sie oder machen Sie einfache, redundante Arbeiten in den Leistungstiefs.
Was tut man gegen das Gefühl des Ausgeliefertseins?
Das Wort «Schuld» streicht man besser aus dem Sprachrepertoire und spricht von «Anteilen». Wer bei Konflikten die eigenen Anteile erkennen kann und die Verantwortung dafür übernimmt, fällt nicht in eine Opferrolle.
Manchmal ist es sinnvoll, schwierige Phasen auszuhalten, ohne gleich von Burnout zu sprechen. Das Leben ist komplex, nicht alles ist machbar. Der Psychoanalytiker Sigmund Freud sagte: «Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus». Wir sollten akzeptieren, dass wir das Leben vierhändig spielen: Mein Schicksal und ich.
Zu seiner Verletzlichkeit und dünnen Haut darf man ruhig stehen, wohl wissend, dass man manchmal auch Schrammen abbekommt. Lieber dünnhäutig und sensitiv, als ein seelisches Trampeltier!
Wie geht man am besten mit Kollegen um?
Empathisch und hilfsbereit zu sein, sich aber nicht ausnutzen zu lassen, finde ich wesentlich. Sich abgrenzen und mit viel Charme, aber trotzdem klar «Nein» sagen zu können, ist eine wichtige Fähigkeit. Es gilt, die eigenen Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig zu versuchen, die Bedürfnisse anderer möglichst so zu integrieren, dass es allen wohl ist. Man soll Kompromisse eingehen können, ohne gleich das Gefühl zu haben, zu kurz zu kommen.
Konfliktfähigkeit ist eine wichtige Kompetenz. Das bedeutet einerseits, sich wenn nötig selbstbewusst einer Auseinandersetzung zu stellen, anderseits aber auch darauf verzichten zu können – mit der Begründung: «Diesem Menschen gebe ich nicht die Ehre, mit mir zu streiten.» Niemals darf bei einer Auseinandersetzung jemand das Gesicht verlieren. Es geht nicht darum, Recht zu haben, sondern darum, eine gute, gemeinsame Lösung zu finden.