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Mephisto betritt die Bühne – zwei Hörner ragen aus der Stirn – und richtet sich an die Zuschauer. Er ist Professor an der Höllenuniversität. Sein Fach: die Verführung. Heutiges Vorlesungsthema: Wie bringt man einen Studenten dazu, seine Seele zu verkaufen? Mit boshafter Stimme und listig blitzenden Augen lehnt sich Mephisto über sein Pult und beginnt mit seiner satanischen Lektion. Die Testobjekte stehen stramm in einer Reihe und müssen nacheinander ihr Fach aufsagen. «Das ist prüfungsrelevant», schnaubt Mephisto das Publikum an. Der Ton ist gegeben.
Die Entstehungsgeschichte von «Habe ach! studiert» mutet recht ungewöhnlich an. Wie Regisseur Robert Salzer berichtet, war für die Theatergruppe des Studententheaters Zürich keineswegs von Anfang an klar, dass ein auf Goethes «Faust» basierendes Stück entstehen sollte. Sie wussten nur, dass es darin um die Verbindung von Schicksal und Studium gehen sollte. Zufälligerweise seien sie dann beim Durchstöbern der Bibliothek über «Faust» gestolpert. Eine ideale Grundlage, ist die Person des Faust doch im studentischen Milieu zuhause.
Der Teufel ist ein geschickter Taktiker. Immer wieder dringt Mephisto ins Bewusstsein eines Studenten, flösst ihm sein Gift ein, sät Unzufriedenheit, verbreitet Missmut und springt nach getanem Unheil zum nächsten Opfer. Er weckt alle möglichen Befürchtungen, versucht ihre Motivation zu ersticken, um sie empfänglich zu machen für seinen Teufelspakt. Werden die gequälten Studenten der Versuchung erliegen, die eigene Seele gegen Kreditpunkte zu tauschen?
Der Teufel lauert überall. Einmal in Gestalt der diabolischen Studienberaterin, einmal als heimtückischer Forscher, dann wieder in der Haut des unerbittlichen Arbeitsgebers. Mephisto treibt die orientierungslosen Studenten mit seinem Spiel zur Verzweiflung. War das Studium die falsche Wahl? Ernüchterung macht sich breit. Auf einmal überlegt sich der angehende Mathematiker ernsthaft, ob er nicht doch lieber Investmentbanker werden sollte, und der Medizinstudent beklagt, er habe noch immer keinen echten Fötus gesehen. «Zum Teufel mit dem Studium», entfährt es einem Dritten.
Die Dialoge sind witzig, zumal sie aus dem realen Leben gegriffen sind. Das kommt daher, dass alle Texte auf dem Wege der Improvisation entstanden sind. In den wöchentlichen Proben hätten die Teilnehmer viel diskutiert, jeder habe seine eigenen Impulse oder auch nur einen spontanen Einfall einbringen können, so Salzer. Dieserart sei nach einer Auswahl der besten Idee das Drehbuch entstanden.
Improvisation scheint auch beim Dekor die Losung zu sein: Das Stück kommt mit einem minimalen Bühnenbild aus. Fünf schlichte Bücherregale lassen aus Auerbachs Keller ein Studentencafé werden oder dienen dazu, die ursprüngliche Szene mit der Gretchenfrage in eine Episode mit Dating-Plattform zu verwandeln.
«Habe ach! studiert» entlarvt die Tücken des universitären Systems – Themen, mit denen jeder Student konfrontiert ist. Leistungsdruck, endlose Theorie, Kreditpunktesammeln, ewiges Lernen. Das Stück stellt auch grundsätzliche Fragen über Zukunft, Arbeitsperspektiven, das Streben nach Glück. Fragen, die zugleich den Zuschauer zum Nachdenken bringen.
Ums Lachen kommt man trotzdem nicht herum. Zum einen weil man unweigerlich daran denken muss, dass die Darsteller eigentlich ein bisschen sich selbst spielen, wenn jeder so auf seine ganz persönliche Art nach dem Sinn des Studierens fragt. Und nicht zuletzt auch, weil einem all diese Probleme nur allzu bekannt vorkommen. Goethes Drama auf diese Art umzukrempeln und an das aktuelle Uni-Leben anzupassen war riskant. Die Aufgabe ist der Theatertruppe gelungen und die Vorstellung war ein höllischer Spass.