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UZH News: Herzliche Gratulation zum Lehrpreis. Ihre Lernmaterialien haben bei den Studierenden grossen Anklang gefunden. Was machen Sie anders als andere Dozierende?
Christian Utzinger: Die Studierenden lobten offenbar besonders die Vielfalt meiner Lernmaterialien. Diese reicht von der Lerngrammatik über das Skript zur Römischen Geschichte bis zum Vokabeltraining mittels E-Learning. Gefallen hat den Studierenden vor allem meine Latein-Lerngrammatik.
Was ist speziell daran?
Die Studierenden schätzen die klare Strukturierung. Sich um Klarheit zu bemühen, ist das Wichtigste, wenn es darum geht, Lernmaterialien zu erstellen. Mir selber muss klar sein, was ich vermitteln will, und die Studierenden müssen mit wenigen Blicken erfassen können, was mir wichtig ist. Klarheit also von der Aufgabenstellung über die Gliederung bis zur Darstellung.
Wie lässt sich das erreichen?
Wenn immer möglich verwende ich Grafiken und stelle Zusammenhänge etwa mit Pfeilen dar. Um Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, verwende ich verschiedene Schriftgrössen, Markierungen, Absätze und dergleichen. Das mag unspektakulär klingen. Trotzdem scheint es keine Selbstverständlichkeit zu sein. Ich investiere viel Zeit in meine Lernmaterialien. Daher freut mich der Lehrpreis sehr.
Wie stark verändern sich Ihre Lernmaterialien?
Wir leben zum Glück nicht mehr im Zeitalter der Schreibmaschine. Der Computer macht es möglich, dass meine Unterlagen jährlich anders aussehen. Es ist ein permanenter Prozess der Verbesserung.
Regelmässige Evaluationen durch die Studierenden und die Prüfungsergebnisse zeigen mir, wo ich einen Sachverhalt noch klarer vermitteln muss. Lernmaterialien müssen sich aber auch veränderten Lernweisen anpassen. So sind etwa Übungen, um das Wissen konkret anzuwenden, heute viel wichtiger als in früheren Lehrmitteln.
Wie entstand die erwähnte Lerngrammatik, welche besonderes Lob erhielt?
Bis vor einigen Jahren gebrauchte ich am Sprachenzentrum ein Standardlehrmittel für Latein, fand aber den Begleitband zur Grammatik nicht ansprechend, lückenhaft und zum Teil sogar inhaltlich falsch. Deshalb entwickelte ich Zusatzblätter und fasste sie vor drei Jahren zu einer kompakten Lerngrammatik zusammen. Für Latein-Studierende an der Universität will ich bis 2012 ebenfalls ein entsprechendes Lehrmittel zusammenstellen.
Gibt es nicht genügend attraktive Lehrmittel auf dem Markt?
Doch, aber sie sind oft veraltet, etwa im Sprachstil und der Aufmachung. Der Markt für ein kleines Fach wie Latein ist auf universitärem Niveau nicht gross. Die Verlage produzieren nicht regelmässig Neuauflagen. Deshalb müssen wir Lehrenden selber innovativ sein und entsprechende Lehrmittel entwickeln.
Macht es Sinn, dass jeder Dozent eigene Lehrmittel entwickelt?
Es besteht einerseits durchaus ein Austausch von Ideen und Lehrmitteln zwischen Dozierenden. Andererseits hat jeder Lehrende auch seine Vorlieben, was die verwendete Literatur anbelangt. Ausserdem definiert jede Hochschule die Anforderungen an ihre Studierenden individuell, was sich auch in den Lernmaterialien widerspiegelt.
Sind Lernmaterialien heute wichtiger als früher?
Ja, denn heute wird mehr Wert auf das eigenständige Lernen gelegt. Als ich zu Beginn der 1990er Jahren studierte, haben die Dozierenden kaum Unterlagen abgegeben. Entsprechend haben die Studierenden in gewissen Fächern selber begonnen, Skripte zu erstellen. Sie wurden damit zu eigentlichen Pionieren bezüglich Lernmaterialien. Die heutige Generation von Dozierenden nimmt die Aufgabe ernster, hilfreiche Lernmaterialien zur Verfügung zu stellen.
Warum?
Gute Lernmaterialien erleichtern das Lernen erheblich. Sie entlasten den Präsenzunterricht von unnötigem Abschreiben, geben vertieftes Wissen mit, fassen zusammen und erlauben es, Wissen einzuüben und sich auf Prüfungen vorzubereiten. Wobei diese Funktionen durch verschiedene Formen von Lernmaterialien abgedeckt werden.
Welche Bedeutung kommt dabei dem E-Learning zu?
Der anfängliche Glaube, man könne mit E-Learning den Präsenzunterricht überflüssig machen, ist verflogen. «Blended Learning» ist sinnvoll, also eine Mischung aus Präsenzunterricht und E-Learning. Welche Anteile am besten wodurch abgedeckt werden, wird nach wie vor diskutiert und erforscht.