Navigation auf uzh.ch

Suche

UZH News

Bewerbungsgespräch

Training für den Ernstfall

Seit neuestem bieten die «Career Services» der Universität Zürich sogenannte Mock-Interviews an. Bei diesen simulierten Bewerbungsgesprächen lernen Studierende, sich im rechten Licht zu präsentieren. Die Dienstleistung ist kostenlos.
Alice Werner

Kategorien

Jonas Fellmann findet schnell einen Draht zu Menschen. Er sei aufgeschlossen und rede gern, sagt der Medizinstudent im sechsten Semester, «manchmal müsste ich mich aber mehr zurück nehmen.» Heute, an diesem ersten schönen Frühlingstag im Jahr, kann Jonas prüfen, ob er mit seiner Selbsteinschätzung richtig liegt: Übers Internet hat er sich zu einem Mock-Interview der Career Services angemeldet.

Angebot der Career Services: Im Rahmen eines simulierten Job-Interviews eine typische Bewerbungssituation durchspielen.

Eine halbe Stunde lang wird er sich typischen Bewerbungsfragen zu Werdegang und Person stellen. Vom Rollenspiel und dem anschliessenden Feedback erhofft sich der Student Aufschluss über Stärken und Schwächen seiner Selbstdarstellung. Wie gut kann er Werbung für sich machen? Wie kommt seine Einstellung beim Gesprächspartner an? Hat er genügend Motivation gezeigt?  

Nur nicht aus der Fassung geraten

Um 13 Uhr ist es so weit, Jonas sitzt im Büro von Natalie Breitenstein, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Career Services, und erzählt gut gelaunt aus seinem Leben: Wie er im Vorpraktikum gelernt habe, geduldig mit Patienten umzugehen und dass er im Studium erstmals hart um Anerkennung kämpfen müsse.

Natalie Breitenstein unterbricht seinen Redefluss, möchte genauer wissen, wie Jonas mit Misserfolgen und Problemen umgeht. Eine typische Stressfrage, die Bewerber unter Druck setzen und aus der Reserve locken soll. Reagiert Jonas spontan, hat er sich vorbereitet und eine Antwort auswendig gelernt oder verliert er die Contenance? Nichts von alledem, der Student lässt sich nicht provozieren, bleibt ruhig und souverän und gibt eine gute Antwort: «Schlechte Prüfungsergebnisse ziehen mich nicht runter. Im Gegenteil: Ich sehe sie als Motivation, mich in Zukunft mehr anzustrengen.»

So geht er weiter durch seinen Lebenslauf, eloquent und konzentriert. Natalie Breitenstein wird später seinen sympathischen Auftritt loben. Jonas gehört zu jenen zielstrebigen Studierenden, die sich rechtzeitig vor ihrem Berufsstart Gedanken machen um die eigene «Employability», also die individuelle Arbeitsmarktfähigkeit.

Das Angebot der Career Services, im Rahmen eines simulierten Job-Interviews eine typische Bewerbungssituation durchzuspielen, nimmt der Student gerne an. Unternehmen überlegen sich sehr sorgfältig, wen sie warum einstellen. Mit Fachwissen und Zusatzqualifikationen kann man zwar punkten, doch Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt hat heute auch viel mit Identität und Selbstbewusstsein zu tun – ein Kandidat muss fachlich wie menschlich zum Stellenprofil passen.

Spontan und ehrlich

Dass Personalchefs im Bewerbungsgespräch vor allem die Soft Skills eines Kandidaten herauskitzeln wollen, weiss auch Natalie Breitenstein: «Wir stellen in unseren Mock-Interviews daher keine branchenspezifischen Fragen, sondern klopfen eher die Sozial- und Persönlichkeitskompetenz der Studierenden ab.»

Fragen wie: «Arbeiten Sie lieber allein oder im Team?», «Wie würde ein guter Bekannter Sie beschreiben?», «Welche negativen Eigenschaften haben Sie?», «Was unternehmen Sie in Ihrer Freizeit?», sollen die Studierenden zu Selbstreflexion motivieren. Wer nicht weiss, wer er ist und wohin er will, kann sich kaum überzeugend präsentieren.

Lächeln!

Den besten Tipp, den sie Studierenden mit auf den Weg geben könne, sei dann auch denkbar einfach: «Authentisch sein! Und lächeln!» Sympathische Menschen hält man nachweislich für kompetent. Diesen Rat hat Jonas wohl intuitiv befolgt. Natalie Breitenstein, in der Rolle der Personalverantwortlichen, ist mit dem angehenden Mediziner jedenfalls sehr zufrieden. Und wie hat der Student das Interview erlebt? «Es war sehr aufschlussreich, sich selber in so einer Stresssituation zu erleben. Und das positive, konstruktive Feedback gibt mir Sicherheit für den Ernstfall.»

Dennoch wäre Jonas wohl gern härter rangenommen worden. Doch die Zuckerbrot-und-Peitsche-Strategie überlässt Natalie Breitenstein lieber den realen Personalchefs: «Wir möchten den Studierenden die Angst vor dem Bewerbungsgespräch nehmen und ihnen durch eine Analyse ihrer Stärken und Schwächen zu einem selbstsicheren Auftritt verhelfen.»

Weiterführende Informationen