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Austauschstudierende

Crashkurs über Land und Leute

Jahr für Jahr machen an der Universität Zürich gut 200 ausländische Studierende ein Austauschsemester. An einem Workshop, organisiert von der Abteilung Internationale Beziehungen, erfahren sie mehr über Schweizer Eigenarten. Und lernen sich dabei erst noch besser kennen.
Claudio Zemp

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Zumindest ein kultureller Code scheint für Studierende aller Länder universell zu sein: In einem Hörsaal nicht zu nah beim Referenten zu sitzen. Jedenfalls bleiben die ersten drei Reihen leer, als rund hundert ausländische Austauschstudierende aus mehr als zwanzig Ländern den Hörsaal an der Universität Zürich füllen.

Alles schön der Reihe nach: Gut hundert ausländische Austauschstudierende besuchten das Seminar «Understanding the Swiss».

Die grössten Gruppen kommen aus Deutschland, China und Finnland. Viele weitere europäische Länder sind vertreten, aber auch die USA, Brasilien, Südkorea und Japan. An einem Stehlunch waren die Studierenden zuvor mit Schweizer Köstlichkeiten kulinarisch empfangen worden: Es gab Brot, Käse, Schokolade, Cervelat und Rivella.

«You are the exotic!», klärt Workshop-Leiter Samuel van den Bergh die internationale Klasse über ihren Status auf und prophezeit ihnen, dass sie sich verändern werden. Der Experte für zwischenkulturelle Kommunikation will mit dem Seminar «Understanding the Swiss» die «Teilnehmenden darauf sensibilisieren, sich zu hinterfragen und auf Schwierigkeiten vorbereitet zu sein».

Kulturschock garantiert

«Mini-Unterschiede können Maxi-Missverständnisse verursachen!», sagt van den Bergh. Nach der Honey-Moon-Phase der aufregenden Ankunft sei der Kulturschock garantiert. Nicht nur für Studierende aus fernen asiatischen Kulturen, sondern auch für solche aus Ländern, die uns vermeintlich ganz nah sind.

Zum Beispiel die Distanz: Menschen aus nördlichen Länder haben in der Regel ein größeres Bedürfnis nach räumlicher Entfernung als solche aus südlichen Ländern. Der Kursleiter macht die Probe aufs Exempel mit einer Finnin, die sich dann aber als unüblich furchtlos gegenüber Nähe erwies.

Bitte Abstand halten: Referent Samuel Van den Bergh testet die Distanztoleranz einer Austauschstudentin aus Finnland.

Klischees sind eben keine Wahrheiten. Dies soll eine erste Übung beweisen, in der die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Post-it mit stereotypen Vorstellungen an die Wand klebt. Danach kommentieren alle die Klischees: Die Chinesin bestreitet, dass alle Chinesen alles essen, was sich bewegt. Die Finninnen beteuern, sie könnten sehr gut mit der Dunkelheit umgehen. Und der Sprecher der Italiener klärt alle anderen über ein Missverständnis auf: «Die gute italienische Küche ist kein Klischee, sondern die Wahrheit.»

Im gleichen Boot

Der Workshop dient auch dem gegenseitigen Kennenlernen. Zu wissen, dass man nicht allein ist, hilft im unerbittlichen Moment des Kulturschocks. Dann wenn man sich fragt: «Warum bin ich überhaupt hier?»

Mit Beispielen erklärt Experte van den Bergh die verschiedenen Werte und Umgangsformen, die zu kulturellen Missverständnis führen können. Alles ist immer relativ: Deutsch-Schweizer gelten im Vergleich mit Deutschen zwar als weniger direkt – international sind sie aber offenbar gefürchtet, vor allem wegen ihres schonungslosen Feedbacks.

Nicht alles Käse und Schokolade: Ein Austauschstudent aus Littauen klebt auf Post-Its seine Klischees über die Schweiz an die Wand.

Der grösste Schock für eine chinesische Studentin war aber ein knutschendes Paar im Lichthof der Universität. Und eine Koreanerin sagte auf die Frage, was für sie das Schwierigste gewesen sei: «Eye contact!». In Südkorea gilt es als unhöflich, jemandem in die Augen zu schauen. Kein Wunder gelten Koreanerinnen an der Universität gemeinhin als scheu.

Im Seminar erhielten die Austauschstudierenden auch einen Crash-Kurs in Staatskunde sowie Informationen über geographische Hintergründe, wie den «Rösti ditch». Oder sie erfuhren, was der Untschied ist zwischen einem Stumpen und einer Zigarre.