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Wir hatten zwar erwartet, dass die chinesischen Organisatoren der Winteruniversiade 2009 alle Räder in Bewegung setzen würden, um einen reibungslosen Ablauf des Anlasses zu garantieren. Trotzdem waren wir etwas überrascht, als unsere vierköpfige Reisegruppe in Peking gleich von vier Offiziellen empfangen und zum Anschlussflug nach Harbin begleitet wurde.
Am Eingang zum streng bewachten «olympischen» Dorf in Maoershan wurden wir von der chinesischen Armee einem schärferen Sicherheits-Check unterzogen als an jedem Flughafen. Erst jetzt realisierte ich, welche Bedeutung dieser Universiade in China offenbar zugemessen wird.
Wie ich später erfahren sollte, war das Autobahnteilstück, auf welchem wir zum Wettkampfort chauffiert wurden, extra für die Universiade erbaut worden. Dasselbe gilt für das Resort, wo die Snowboardwettkämpfe stattfanden, samt Hotel an der Talstation.
Man darf sich unter dem Resort «Maoershan Mountain» nicht ein Wintersportgebiet vorstellen, wie wir es von den Alpen kennen. Es gibt weder Berge noch eine Siedlung und auch fast keinen natürlichen Schnee. Lediglich zwei Sessellifte führen auf einen etwa 200 Meter hohen Hügel. Entgegen dieser auf den ersten Blick eher ungünstigen Bedingungen zeigte sich bald, dass es hier gute Snowboard-Contests geben würde.
Auch wenn Frau Holle die weisse Pracht geizig ausschüttete, waren die Pistenverhältnisse nahezu perfekt. Das kalte, trockene Kontinentalklima ist nämlich ideal für die Produktion von hochwertigem Kunstschnee, womit hier nicht gespart wurde. So erwarteten uns ein genialer Boardercross mit vielen grossen Hindernissen, eine perfekt geformte Halfpipe, eine gute Slalompiste und ein lehrbuchmässiger Big-Air.
Eine sehr spezielle Erfahrung war die Eröffnungszeremonie der Universiade, die bezüglich Grösse und Pomp der Eröffnung einer Olympiade in nichts nachstand. Die Zeremonie fand in Harbin statt, dem Hauptort des Anlasses. Die Zeremonie begann - wie an einer richtigen Olympiade - mit dem Einlaufen der verschiedenen Delegationen.
Es war ein besonderer Moment, einer jubelnden Menge von 10'000 Zuschauern zuwinken zu können. Die darauf folgende Show war eine pompöse Inszenierung mit einigen hundert Mitwirkenden, die überwältigende Darbietungen der verschiedensten Art zum Besten gaben.
Nach der Eröffnungsfeier stand endlich der erste offizielle Trainingstag im Boardercross auf dem Programm. Ich hatte mir für dieses Rennen eine Medaille zum Ziel gesetzt. Der Boardercross-Course beinhaltete unter anderem zahlreiche grosse Sprünge, genau nach meinem Geschmack.
Ich fühlte mich von Beginn an wohl darin und war nach den ersten Trainings zuversichtlich, mein Ziel zu erreichen. Die Qualifikation beendete ich dann auch auf dem dritten Platz, eine gute Voraussetzung für die Finals der besten 32. Die Finals werden im Boardercross im Cupsystem ausgetragen, wobei jeweils zu viert gestartet wird und jeweils die zwei schnelleren Fahrer in die nächste Runde gelangen.
Am Finaltag herrschten kalte minus 15 Grad, leichter Schneefall und diffuses Licht - nicht gerade einfache Bedingungen, insbesondere was die Wachsauswahl zur Gewährleistung eines schnellen Boards betrifft. Von unserem erfahrenen Team mit Olympiasiegerin Daniela Meuli als Snowboard-Disziplinenchefin des Schweizerischen Hochschul-Sportverbandes, David Sonderegger als Coach und Brigitte Petruzzi als Physiotherapeutin wurden wir jedoch perfekt betreut und konnten uns voll auf den Wettkampf konzentrieren.
Dies zahlte sich aus: ich überstand die ersten beiden Runden ungefährdet. Im Halbfinale jedoch musste ich etwas Glück beanspruchen. Ein Fahrer vor mir stürzte, ich konnte ihn überholen und zog somit ins Finale ein. Dort ging es dann etwas hektisch zu und her, in einem Gerangel stürzte erneut ein Fahrer. Ich konnte zwar ausweichen, verpasste aber ein Tor. Da der gestürzte Gegner ebenfalls ein Tor verpasste und ich in der Qualifikation schneller war, gewann ich die Bronzemedaille und habe somit mein Ziel erreicht!