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Im vergangenen Jahr feierten sowohl die Universität Zürich als auch die Zürcher Mittelschulen ihr 175-Jahr-Jubiläum. Genauso alt wie die beiden Institutionen ist die Klage, dass die Mittelschulen die Maturandinnen und Maturanden zu wenig gut auf ein Hochschulstudium vorbereiten. In der breit angelegten und im deutschen Sprachraum einzigartigen Studie HSGYM untersuchten Mittel- und Hochschulen gemeinsam die Schnittstelle zwischen Matur und Studium im Kanton Zürich.
25 Kerngruppen aus je zwei Hochschul- und Mittelschul-Dozierenden analysierten in ihren jeweiligen Fächern die Situation und formulierten über 200 Empfehlungen zu Handen der Gymnasien, wie auch der Hochschulen. Die Studie und die Empfehlungen wurden am Dienstag den Medien präsentiert. «Es herrscht kein Notstand bei der Schnittstelle zwischen Matur und Studium», betonten die beiden Projektleiter Christoph Wittmer und Markus Späth-Walter, «aber in einigen Bereichen besteht Handlungsbedarf.»
Die Studie stellt deshalb den allgemeinen Hochschulzugang nicht in Frage. Nach wie vor soll jeder Maturand und jede Maturandin Zugang zu allen Fächern an den Universitäten erhalten. Dies sei von keiner Fachgruppe in Frage gestellt worden, hält die Studie fest. Kritische Rückmeldungen kamen aus dem Bereich Mathematik und Naturwissenschaften. Hier wurde die inhaltliche Vorbereitung der Studienanfängerinnen und Anfänger bemängelt. Auch die Wirtschaftswissenschaften, Publizistik oder Psychologie hielten fest, dass fehlende oder zu wenig fundierte Kenntnisse in Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung für die Studienanfängerinnen und -anfänger zum Problem werden können.
Viele Fachgruppen kritisierten in diesem Zusammenhang die Verkürzung der Mittelschuldauer, ohne dass die Lehrpläne entsprechend angepasst wurden. Die Diskussion um die weitere Verkürzung der Gymnasialzeit müsse deshalb zu Ende sein, forderten die Projektleiter. Da eine Verlängerung aber kurzfristig ebenso unrealistisch sei, müssten die Fächer unter dem Motto «Weniger ist mehr» im Dialog mit den Hochschulen den Stoffplan überdenken, wie Späth-Walter sagte.
Zahlreiche Empfehlungen befassen sich auch mit den überfachlichen Kompetenzen: So sollten die Maturandinnen und Maturanden stärker zu kritischem und forschendem Denken befähigt werden. Mängel ortet die Studie auch bei der Sprachkompetenz, sowohl was das Verstehen wissenschaftlicher Texte angeht, wie auch die Fähigkeit, sich selber sprachlich auszudrücken. Deshalb sollte sich der Unterricht in den letzten Jahren des Gymnasiums verstärkt an die Arbeitsbedingungen im Grundstudium annähern. Etwa durch die vermehrte Lektüre von wissenschaftlichen Sachtexten oder durch Arbeitsformen, die die Schülerinnen und Schüler anregen, den Lernprozes aktiv zu gestalten und zu reflektieren.
Die Bedeutung der überfachlichen Kompetenzen hob auch Andreas Fischer, Rektor der Universität Zürich, hervor: Sie würden wesentlich zur Fähigkeit der Maturandinnen und Maturanden beitragen, ein Studium zu bestreiten. Fischer zeigte sich zudem erfreut darüber, dass die Mittelschulen die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf ein Hochschulstudium als ihre Hauptaufgabe betrachteten.
Die Empfehlungen an die Adresse der Hochschulen beinhalten unter anderem eine bessere Information über die Studienfächer. Seit einigen Jahren bietet die Universität Zürich Studieninformationstage an, an denen sich die Maturandinnen und Maturanden über die verschiedenen Studienmöglichkeiten an der Universität Zürich aus erster Hand informieren können. Zudem sollte die Eingangsstufe des Studiums besser an die Matura angepasst werden. Die Universität will im Zuge der Evaluation der Bologna-Reform die Erkenntnisse aus der HSGYM-Studie in eine Überprüfung der Eingangsstufe einfliessen lassen.