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Der Ausstellungsdienst. Was bürokratisch tönt, entpuppt sich beim Besuch als Kreativwerkstatt im konstruktiven Chaos: Dort ein Ausstellungmodell mit kleinen Vitrinen und Tischchen, hier Stoffe und Materialien aller Art. Im hinteren Teil der Werkstatt befindet sich eine grosse Plattensäge mit der Hölzer, Aluminium und Plexiglas passgenau zugeschnitten werden. Alles, was hier entsteht, ist auf die Exponate der jeweiligen Museumsausstellungen abgestimmt.
Der Ausstellungsdienst arbeitet für das Anthropologische und Medizinhistorische Museum sowie das Völkerkundemuseum und die Archäologische Sammlung. Und er steht in der universitären Landschaft so ziemlich einmalig da, denn eine vergleichbare Stelle mit hauseigenen Ausstellungsmachern gibt es an anderen Schweizer Universitäten nicht.
Drehbuch für Bambus, Krankenschwestern und Neandertaler
Schon viele Ausstellungen sind von Martin Kämpf, dem Leiter des Ausstellungsdienstes, dem Grafiker Andreas Brodbeck und dem Spezialhandwerker Dominik Steinmann mit insgesamt 200 Stellenprozenten gestaltet worden. Darunter sind Publikumslieblinge wie die Ausstellung über Trommeln und Schamanen im Völkerkundemuseum, über die Krankenschwestern des Theodosianums im Medizinhistorischen Museum oder die Ausstellung über Neandertaler im Anthropologischen Museum.
Martin Kämpf übernahm vor fünfzehn Jahren die Stelle von seinem Vorgänger. Der ausgebildete Werbegrafiker und Dekorationsgestalter hat zuvor im St. Annahof gearbeitet und war dort verantwortlich für die Lehrlingsausbildung.
Ausstellungsmitmacher
«So unterschiedlich die Themen und Konzepte der jeweiligen Ausstellung, so anspruchsvoll ist auch ihre Umsetzung», erzählt Martin Kämpf. Bei der Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die für die Projekte verantwortlich sind, geht Kämpf nach einem bewährten Drehbuch vor. Danach wird er schon früh mit in die Planung einbezogen, und kann rechtzeitig seine Erfahrungen und Gestaltungsvorschläge bezüglich des Raum- und Beleuchtungskonzepts einbringen und sie anschliessend mit den Konservatoren, Studierenden oder Künstlern umsetzen.
Stehe das Grobkonzept für die Ausstellung, baue er ein Modell des Ausstellungsraums im Masstab1:10 oder 1:20 mit allen Details. In den massstabsgetreuen Nachbau setzt er die vorgesehenen Vitrinen im Mini- oder andere Schauobjekte im Kleinformat. Obwohl der Nachbau im Modell sehr aufwendig sei, habe sich diese Arbeit bewährt, erzählt Kämpf. Anhand des Modells sehe man, ob die Besucherführung und das Ausstellungskonzept funktioniere.
Begehrte Sitzgelegenheit
Dabei spielen auch die kleinen Dinge eine grosse Rolle: Zum Beispiel die Sitzgelegenheiten für die Besucherinnen und Besucher. Für die Bambusausstellung im Völkerkundemuseum vor drei Jahren hat Martin Kämpf Hocker mit einer speziellen Sitzfläche entworfen und gebaut. Das habe so gut ausgesehen und sei so bequem gewesen, dass viele Besucher nachgefragt hätten, ob sie die Hocker nach der Ausstellung kaufen könnten. «Im Serienbau hätten wir mit den Hockern ein gutes Geschäft machen können», meint Kämpf schmunzelnd, aber am materiellen Erfolg ist er nicht interessiert. Ihn faszinieren die wissenschaftlichen Themen und deren künstlerische Umsetzung.
Martin Kämpf schlägt auch mal Wege abseits des «mainstream» ein und hat dabei immer den Besucher im Auge. Findet er sich zurecht? Wird er angeregt und motiviert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen? Aufklären wollen und mit künstlerischen Brechungen verzaubern, das ist sein Ziel. Für die Bambusausstellung im Völkerkundemuseum baute er eigens ein Teehaus im japanischen Stil. Im Medizinhistorischen Museum bildete er für die Krankenschwesternausstellung eine Kapelle nach.
Immer wieder ein Faszinosum
«Sobald ich das Thema kenne, lässt es mich nicht mehr los, bis ich eine Idee habe, wie man die Exponate am besten präsentiert.» Bei der Ausstellung zu den Perlenarbeiten Südafrikas im Völkerkundemuseum habe ihn zum Beispiel begeistert, dass in den Farben und Mustern der Perlenobjekte mitunter ganze Lebensgeschichten verschlüsselt seien, erzählt Kämpf. Das erschliesse sich jedoch erst beim genauen Betrachten. Deshalb baute er grosse Tischvitrinen, in denen die Perlenarbeiten wie auf einer Tafel präsentiert wurden und es so den Besuchern ermöglichten, die Exponate von allen Seiten zu betrachten. Auch die Beleuchtung brachte er diskret an, so dass die Perlen bestens zur Geltung kamen. Es entstanden stimmige Objekte, die auch international Beachtung fanden: Die Vitrinen wurden nach der Ausstellung in Zürich von der National Gallery des Iziko Museum of Cape Town in Kapstadt übernommen.