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Ingeborg-Bachmann-Preis

Charmant und leicht von schweren Themen erzählen

Jens Petersen, Jahrgang 1976, ist Arzt am Universitätsspital Zürich und Schriftsteller. Der schon mehrfach für seine Literatur ausgezeichnete Neurologe wurde vor allem durch seinen Roman «Die Haushälterin» bekannt. An diesem Wochenende nimmt er – als einer von vierzehn Bewerbern – am Klagenfurter Wettlesen teil. UZH News sprach mit dem Preisanwärter.
Marita Fuchs

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Jens Petersen: Bewerber um den begehrten Ingeborg-Bachmann-Preis.

UZH News: Jens Petersen, literarisch traten Sie bisher mit Erzählungen in verschiedenen Anthologien hervor. Für Ihr Romanprojekt «Die Haushälterin» erhielten Sie 2003 ein Literaturstipendium der Stadt München. In der Presse werden Ihre Arbeiten gelobt. So schrieb die Hannoversche Allgemeine Zeitung: «Der Roman überzeugt, weil er so charmant und leicht von schweren Themen erzählt.»

Wie vereinbaren Sie Ihre Arbeit am Universitätsspital mit Ihrer schriftstellerischen Tätigkeit?

Jens Petersen: Ich versuche, den Arzt und den Autor voneinander zu trennen. Wenn ich abends heimkomme, jogge ich eine Runde oder springe in den See. Danach geht’s ans Schreiben. Ich kann auch im Zug schreiben oder im Hotel. Man braucht eine gewisse Ausdauer und die Fähigkeit, sich hin und wieder kräftig in den Hintern zu zwicken. Und man muss in der Lage sein, Kreativität verfügbar zu machen, wenn es passt. Lange spazieren gehen und auf Gottes Eingebung warten, das geht bei mir leider nicht.

Jeder Kandidat liest in Klagenfurt einen noch nicht publizierten Text. Nach welchen Kriterien haben Sie Ihren Text ausgewählt?

Es ist das letzte Kapitel meines neuen Romans. Er hat ein novellistisches Element, ist äusserst verdichtet und weist – was man von Romankapiteln nicht immer behaupten kann – einen Anfang, ein Ende und einen Schluss auf. Platt gesagt: er ist «rund», nicht bloss fragmentarisch. Und er erzählt von einer gesellschaftspolitisch relevanten Erfahrung. In den letzten Jahren gab es in Klagenfurt zu viele Texte, die nur ums Ego des Autors gekreist sind.

Fliessen Ihre Erfahrungen als Arzt am Universitätsspital mit in Ihre Literatur ein?

Nicht als Abbild, aber das Kondensat meiner Stimmungen durchsetzt natürlich Prosatexte, die im Gegensatz zu wissenschaftlichen und journalistischen Texten nicht objektiv sein wollen / müssen, sondern immer auch Lust und Klage des Autors zum Ausdruck bringen.

Die Lesungen werden live im Fernsehen und im Internet übertragen. Bekommt das Lesen damit nicht auch einen Showcharakter, der dem Anlass nicht angemessen ist?

Überlegen Sie mal, wie viele Leute bei «Wetten, dass» zuschauen. Wie viele Millionen Menschen an den Wochenenden sehen, was da auf der Couch für ein Blödsinn geredet wird. Klagenfurt sollte nicht auf 3Sat zwischen 10 und 15 Uhr, sondern im Öffentlich-Rechtlichen zur besten Sendezeit laufen, am besten mit Go-go-Girls und einem Nachwuchs-Casting. Wer Literatur mit Ruhe verbindet, kann ja ein Buch lesen.