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Rund zwanzig Personen nahmen an der ersten Informationsveranstaltung zum Thema Nord-Süd-Kooperation an der UZH teil: Vertreter der Medizin, Veterinärmedizin, Psychologie, Philosophie, Anthropologie, Geschichte, Soziologie und Ethnologie waren zugegen. Darunter zwei ehemalige Dekane, mehrere emeritierte Professoren, Assistierende, Doktorierende, Studierende sowie ein Vertreter des Swiss Network for International Studies in Genf.
Vorgestellt wurde die Kooperation Nord-Süd von der Ethnologin Gabriela Landolt. Sie hat die neu geschaffene 50%-Koordinationsstelle inne und arbeitet mit der Leiterin der Abteilung Internationale Beziehungen der UZH, Yasmine Inauen, zusammen. Finanziell unterstützt wird das Nord-Süd-Programm von der Jacobs Foundation, die dafür einen Beitrag von 700'000 Franken für die kommenden sieben Jahre gesprochen hat.
Im April 2008 hat die Universität Zürich je ein Memorandum of Understanding mit der Makerere University of Uganda (MAK) und mit der National University of Rwanda (NUR) unterzeichnet. Insgesamt wurden bisher acht Kooperationsprojekte zusammen mit den Partneruniversitäten realisiert.
Am Treffen informierte die Psychologin Dr. Birgit Wagner über ihre Erfahrungen als Dozentin an der NUR; sie hat dort Psychologiestudierende in Psychotherapie und Posttraumatischem Stress unterrichtet. Rwanda erlebte 1994 einen Genozid, der brutaler nicht hätte sein können. Innerhalb von drei Monaten wurde eine Million Menschen getötet. Die Studentinnen und Studenten der NUR waren damals Kinder und damit hilflose Zeugen der systematischen Gemetzel. Gemäss einer Studie von Dyregov et al. (2000) versteckten sich 16 Prozent der befragten Kinder zum Beispiel unter toten Körpern, um selbst nicht umgebracht zu werden. Die Folgen des Genozids sind noch heute, 14 Jahre später, allgegenwärtig. Birgit Wagners Überlegungen zu Posttraumatischem Stress stiessen bei den Anwesenden auf ein enormes Interesse.
Der emeritierte Informatikprofessor Peter Stucki besuchte die NUR ebenfalls und liess sich über die bestehende Informatikinfrastruktur orientieren – die noch sehr dürftig ist. Vor allem die Übertragungsrate von Daten ist so schwach, dass es zwanzig Minuten dauern kann, bis ein ganz normales E-Mail auf dem Computer erscheint. Die fehlende Infrastruktur an Universitäten und bei den Studierenden Zuhause ist ein grosses Handicap, das den dringend nötigen Einsatz von Online-Tools, vor allem in der Lehre, verunmöglicht.
Aufgrund erschwerter Kommunikation, fehlender Ansprechpartner vor Ort und trägem Beamtenapparat an den Partneruniversitäten ertönten an dem Treffen auch kritische Stimmen. Der emeritierte Dermatologieprofessor und frühere Dekan der Medizinischen Fakultät der UZH, Günter Burg, gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass es ohne engagierte und anpackende Kontaktpersonen vor Ort unmöglich sei, einen wirklich gleichgestellten Austausch zu etablieren, von dem beide Parteien profitieren.
Der emeritierte Chirurgieprofessor Viktor Meyer hatte ähnliche Erfahrungen gemacht. Er regte an, als erstes in eine funktionierende Infrastruktur zu investieren, da das Internet gerade in armen Ländern enorme Vorteile biete: Kein anderes Medium erlaube so günstig einen derart breiten Zugang zum Wissen auf der ganzen Welt. Ausserdem könne die Universität Zürich hervorragende Online-Lehrtools beisteuern, gerade in der Medizin.
Mehr Geduld mit der schwierigen Ausgangslage der beiden Universitäten in Rwanda und Uganda hatte der Philosoph und Ethiker Prof. Peter Schaber, der an der MAK in Uganda eine Summer School durchgeführt hat. Auch wenn die Studierenden theoretisch nicht auf dem neusten Stand gewesen seien, zeigten sie sich doch ausgesprochen diskussions- und widerspruchsfreudig. Für das Thema der Summer School, Armut und Menschenrechte, erwies sich der empirische und juristische Ansatz, den die Studierenden der MAK pflegten, als durchaus interessante und legitime Ergänzung zu normativ-moralischen Überlegungen, wie sie im Diskurs des Nordens vorherrschen, sagte Schaber.
Die ersten Erfahrungen mit den beiden Partneruniversitäten NUR und MAK sind durchzogen. Die Kontaktaufnahme und Vorbereitung der Aufenthalte waren aufwendiger als erwartet und haben sich als nervenaufreibend herausgestellt. Birgit Wagner zum Beispiel wurde weder am Flughafen abgeholt, noch wurde ihr ein Hotel vermittelt, und der zuständige Dekan flog bei ihrer Ankunft für drei Wochen nach Deutschland an einen Kongress. Wagner liess sich jedoch nicht beeindrucken und organisierte das Nötige selbst.
Da die Studierenden allesamt sehr interessiert am Gast aus der Schweiz und offen für ihr Wissen und Denken waren, konnte auch Wagner ihren Aufenthalt allen Anlaufschwierigkeiten zum Trotz zur Hauptsache als gelungen bezeichnen.
Noch befindet sich der angestrebte Nord-Süd-Austausch der Universität Zürich am Anfang, betonte die Leiterin der Abteilung Internationale Beziehungen, Yasmine Inauen. Da die Aufbauarbeit für die nächsten sieben Jahre dank der Jacobs Foundation jedoch gesichert ist, kann sich noch vieles zum Besseren wenden. «Die NUR ist nicht die einzige Universität in Afrika, die Zeit braucht, um überhaupt zu funktionieren», gab Informatikprofessor Peter Stucki zu bedenken und plädierte für einen langen Atem.