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Bei den Fragestellungen seines Forschungsgebietes verstehen auch gebildete Menschen bald einmal nur noch Bahnhof. Denn der Astrophysiker Lawrence M. Krauss befasst sich damit, wie das Universum aussieht, welche Ausdehnung es hat, was «dunkle Materie» ist und wie man sie messen kann. Krauss gilt als einer der führenden Forscher in diesen Themen, hat sich aber nicht nur in Fachkreisen einen Namen gemacht, sondern auch beim Laienpublikum.
Schon früh publizierte er populärwissenschaftliche Bücher zu physikalischen Phänomenen und kannte dabei auch keine Berührungsängste zur Populärkultur. «Die Physik von Star Trek», hiess etwa einer seiner Bestseller. «Science Fiction wie Star Trek ist nicht nur Unterhaltung, sondern erfüllt auch einen ernsten Zweck», schreibt Physiker-Kollege Stephen Hakwing dort im Vorwort. «Sie erweitert die menschliche Vorstellungskraft. Wir sind noch nicht imstande, dorthin zu gehen, wo noch kein Mensch gewesen ist, aber wenigstens sind unserer Phantasie keine Grenzen gesetzt».
Wohin die wissenschaftliche Phantasie die Physiker im vergangenen Jahrhundert geführt hat, breitete Krauss in seinem Vortrag «Our Miserable Future: Life, the Universe, and Nothing» aus. Beginnend bei Albert Einsteins Formel über die Äquivalenz von Energie und Masse, über die ersten Beobachtungen von Galaxien mit Teleskopen zu Fragen der Form des Universums und dessen Ausdehnung war alles enthalten, was das Herz eines Physikers bewegt. Dabei bewies Krauss nicht nur sein grosses theoretisches Wissen, sondern offenbarte auch Entertainer-Fähigkeiten.
Bleibt die Frage, was unsere Zukunft denn so erbärmlich machen wird. Lawrence Krauss vertritt die These, dass die Beobachtung von dunkler Materie die Lebenszeit des Universums verkürzen wird. Diese Annahme, die Krauss und sein Kollege James Dent erstmals 2007 im «New Scientist» äusserten, entfesselte natürlich Kontroversen. Sie begründen ihre These jedoch damit, dass der Mensch als Beobachter das Vakuum beeinflussen könne und somit das ganze Universum.
Die Erkenntnis, dass Forscher durch Messungen das zu untersuchende System verändern können, ist nicht neu, sondern stammt aus der Quantenmechanik. Das Resultat einer Messung, spiegelt demnach nicht den Zustand wieder, der vor einer Messung bestand.
Stellt sich eine weitere Frage: Was werden Forscher in der Zukunft noch sehen, wenn sich alles durch Beobachtung verändert? Beruhigenderweise geht das Forscherduo Krauss und Dent davon aus, dass das All für die nächsten Generationen im gewohnten Zustand bleibt.
Weiter befasste sich Lawrence Krauss in seinem Vortrag mit der dunklen Materie. Einfach erklärt handelt es sich dabei um all jenes «Nichts», dass mit Teleskopen nicht erkennbar ist, da es kein Licht emittiert. Dieses «Nichts» umfasst jedoch siebzig Prozent der gesamten vorhandenen Energie, wie man heute weiss. Welche Konsequenzen dies für die Erforschung des Weltalls hat, führte Krauss an anschaulichen Beispielen aus. So stellen sich die Fragen, wie die Architektur des Universums mit dieser Erkenntnis aussehen mag und auf welche Weise sich diese dunkle Materie messen lässt.
Dass Kraus eine adäquate Vermittlung des Faches am Herzen liegt, wird deutlich, wenn man sein politisches Engagement in den USA betrachtet. So setzt er sich in Radio, Fernsehen und mit der Organisation von Meetings für die Integration von Wissenschaft in der Politik und den Schulen ein.
Lawrence M. Krauss zweimonatiges Sabbatical an der Universität Zürich wird in Kürze zu Ende sein. Er bleibt aber weiter in mehreren Projekten des Instituts für theoretische Physik involviert.