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Plattenstrasse 22, Swiss Banking Institute der Universität Zürich: Keine glatten Spiegelfassaden empfangen einen, sondern ein etwas windschiefes Jugendstilhaus mit knarrenden Dielen. Das passt nicht ganz ins Bild, das man sich von der Geschäftswelt macht. «Umdenken!», sagt Xinhua Wittmann. Die Ökonomin ist eine Spezialistin, was die Revision von Fremdbildern und Vorurteilen anbelangt. Wittmann ist Oberassistentin am in und zugleich Leiterin des von ihr entwickelten Weiterbildungsstudiengangs «International Managment and Corporate Culture». In dieser Funktion coacht sie Managerinnen und Manager aus Weltfirmen wie der UBS oder der ABB. Das Zertifikatsprogramm beschäftigt sich mit globalen Entwicklungstendenzen im Management, dem Finanzwesen oder auch dem IT-Bereich, legt zugleich aber besonderes Gewicht auf kommunikative Fertigkeiten im interkulturellen Geschäftsverkehr. Dazu gehört die Vermittlung von politischem, gesellschaftlichem und historischem Hintergrundwissen zu verschiedensten Weltregionen. «Mit zunehmender internationaler Verflechtung», so Wittmann, «sehen sich die Manager immer häufiger vor die Forderung gestellt, sich systematisch Kompetenzen im Umgang mit Partnern aus anderen Ländern zu erwerben, und zwar aus ganz pragmatischen Gründen: Vielmehr Abkommen und Kooperationen als man denkt scheitern wegen Missverständnissen und aus mangelnder Sensibilität für kulturelle Unterschiede.»
«Die Kursteilnehmenden reisen aus Japan und Russland an» Wittmans Zertifikatsprogramm fokussiert auf sieben Weltregionen mit wachsendem weltwirtschaftlichem Gewicht: Osteuropa (mit Russland), der Nahe Osten, Indien, Japan und China, Lateinamerika und die USA. Die Kursteilnehmenden erfahren dabei beispielsweise, weshalb Chinesinnen und Chinesen auf westliche Vertragsangebote oft kühl reagierten. «In China», so Wittmann, «gründen geschäftliche Übereinkommen auf Vertrauen, was damit zusammenhängt, dass Familienbande und persönliche Netzwerke eine grössere Rolle spielen als bei uns.» Die westliche Gepflogenheit, Klauseln für den Fall eines Nichtzustandekommens eines Vertrags schriftlich festzuhalten, löse bei Chinesen Misstrauen aus. Sie bekämen dadurch das Gefühl, ihre Partner hätten sich innerlich bereits verabschiedet und würden mit einem Scheitern der Kooperation rechnen. Ganz gleich, ob das Augenmerk gerade auf dem grosszügigen südamerikanischen Zeitbegriff, der kreativen Individualität in Indien oder den Empfindlichkeiten im Nahen Osten liege – immer bleibe der reflektierte Umgang mit der eigenen Kultur die Voraussetzung für den respektvollen Umgang mit dem Fremden.» Wittmann selbst – eine Europäerin mit chinesischen Wurzeln – erzieht ihre Tochter selbstverständlich im Bewusstsein der chinesischen Kulturzugehörigkeit, lehrt sie aber zugleich, die Regeln und Gepflogenheiten der hiesigen Gesellschaft zu respektieren. Als Wissenschaftlerin schätzt Wittmann den engen Bezug zur Praxis, den ihr der Weiterbildungskurs garantiert. Die Teilnehmenden – allesamt Geschäftsleute, die teilweise eigens für den Kurs aus Russland oder Japan anreisen – würden oft ungewohnte, neuartige Fragen aufwerfen. «Die Forschung», sagt Wittmann, braucht solche Anstösse von aussen.»