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Nicht mancher Affe kann von sich behaupten, ein Showstar gewesen zu sein. Jacky schon. Er wurde 1958 als wild lebender Schimpanse im Dschungel von Sierra Leone geboren. Schlepper brachten ihn in die USA, wo er seine erste Laufbahn als Testpilot für die NASA begann. Später stiess er zur berühmten Wiener Eisrevue, wo er das Publikum mit Saltos auf Kufen begeisterte. Seinen Lebensabend verbrachte Jacky bei einer Gastfamilie, bei der er als Familienmitglied bekleidet am Esstisch sass.
Heute sieht Jacky aus wie ein ganz normaler Affe. Ein Schimpanse auf allen Vieren. Als Präparat blickt er dem Besucher vom Eingang der Sonderausstellung «Sammelsurium der Tiere – Von der Wunderkammer zur universitären Sammlung» im Zoologischen Museum entgegen. Seine unglaubliche Karriere – vom Wildtier zum Stellvertreter bis hin zur Parodie des Menschen – zeugt beispielhaft vom reichen geschichtlichen Substrat, das allem naturwissenschaftlichen Sammlungsgut eingeschrieben ist.
Eine Gruppe junger Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich hat sich daran gemacht, diese Geschichten schlaglichtartig aufzuarbeiten. Ein ungewöhnlicher Zugriff auf Tierpräparate, die für die Biologie als Artvertreter und nicht als Individuen von Interesse sind. Doch wurden die Museen in den letzten Jahren selber zum Untersuchungsgegenstand. Als Institutionen, die Wissen in einer bestimmten, ideologiehaltigen Weise produzieren, sind sie ein reiches Forschungsfeld für Historiker. Die Studierenden verfolgten die Entwicklung des Museums bis an seine Ursprünge: In der Wasserkirche in Zürich wurden ab 1629 Bücher, Kunstgegenstände und Naturalien nebeneinander aufbewahrt, darunter etwa der einst für das Horn des Einhorns gehaltene Narwalzahn.
Mit der Herausbildung der modernen Systematik änderte sich auch die Szenografie: Skelettparaden bestimmten nun den Lichthof des Kollegiengebäudes II, in dem das Museum seit 1914 untergebracht ist. In den nachfolgenden Jahrzehnten wandelte sich die Schausammlung für Fachleute immer mehr zum Publikumsmuseum. Die Ausstellung veranschaulicht diese Entwicklung mit dem Nachbau eines Kuriositätenkabinetts, in dem sich drei Sammlungsstücke in einem Hörspiel unterhalten. Auch sonst überrascht die Ausstellung mit pfiffigen Vermittlungsideen. So ist vor dem Wisent ein roter Teppich ausgerollt – das gute Stück war ein diplomatisches Geschenk Zar Alexanders II. An interaktiven Stationen kann man frühneuzeitliche Briefwechsel über Murmeltiere transkribieren, und die Biografie einer Dame illustriert den obsessiven Charakter des Sammelns.
Den Studierenden unter Anleitung eines Teams des Historischen Seminars und des Zoologischen Museums (Silke Bellanger, Priska Gisler, Francisca Loetz, Marianne Haffner, Aline Steinbrecher) gelang es nicht nur, eine kurzweilige Ausstellung zu entwickeln. Alle Ergebnisse des zweisemestrigen Seminars finden sich auch in einem lesenswerten Katalog versammelt. Statt einer Geschichte der grossen Männer werden darin viele aufschlussreiche Anekdoten und amüsante Randnotizen zur Sammlungsgeschichte erzählt. Etwa wie die UZH zum ersten von einem Europäer beschriebenen Pandabären kam, oder was es mit dem geheimnisvollen «Babirusa» auf sich hat. Jacky ist ein Star unter Stars.