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Pfizer Forschungspreis 2008

Fairness im Gehirn

Der Pfizer Forschungspreis 2008 geht an neun Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher. Dr. Daria Knoch vom Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der UZH wird ausgezeichnet für ihre Suche nach den neuronalen Grundlagen der menschlichen Impulskontrolle.
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«Wir wollen herausfinden, was im Gehirn passiert, wenn Menschen sich sozial verhalten»: Dr. Daria Knoch.

Heute Donnerstag darf Daria Knoch den Pfizer Forschungspreis für Medizin entgegennehmen. Die 37-jährige Neurowissenschaftlerin ist Oberassistentin am Lehrstuhl für Mikroökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung und eine von zwei Preisträgern im Bereich Neurowissenschaften.

Sie konnte in ihrer Arbeit nachweisen, dass das vordere Stirnhirn eine wichtige Rolle spielt, wenn Menschen ihre Impulse kontrollieren. Knoch hat bei freiwilligen Versuchspersonen die neuronale Aktivität im Stirnhirn verringert, kurz bevor sie sich zwischen wirtschaftlichem Eigeninteresse und Fairness entscheiden mussten. «Wir wollen herausfinden, was im Gehirn passiert, wenn Menschen andere Personen auf eigene Kosten bestrafen, die sich nicht normgerecht verhalten haben», erklärt Knoch. Die Selbstkontrolle spiele dabei eine zentrale Rolle - «ohne sie wäre ein zivilisiertes menschliches Zusammenleben gar nicht möglich», so Knoch.

Die geeignete Forschungsanlage fand sie im so genannten «Ultimatum-Spiel». Dabei müssen sich zwei Personen, ein «Anbieter» und ein «Empfänger», eine bestimmte Geldsumme teilen. Der Empfänger muss entscheiden, ob er seinen materiellen Eigennutz in den Vordergrund stellen oder den Anbieter für unfaire Angebote bestrafen will, indem er das Angebot ablehnt.

Die Kausalität suchen

Aus Studien mit bildgebenden Verfahren ist bekannt, dass ein enger Zusammenhang besteht zwischen der Aktivität im vorderen Stirnlappen und dieser Art der Selbstkontrolle. Doch mit dieser Methode kann die mit einer bestimmten Aufgabe einhergehende Hirnaktivität nur passiv gemessen werden, was keine kausalen Schlüsse bezüglich Veränderungen der Hirnaktivität und kognitiver Tätigkeit erlaubt.

Eine direkte Untersuchung kausaler Hirn-Verhaltens-Beziehungen verlangt eine kontrollierte Manipulation der Hirnaktivität mit direkter Messung von Verhaltensänderungen. Eine solche Manipulation ermöglicht die Technik der transkraniellen Magnetstimulation (TMS), einer magnetischen Stimulation an der Schädeldecke. Wird diese Technik niederfrequent über mehrere Minuten hinweg angewendet, kann die neuronale Erregbarkeit eines stimulierten Areals schmerzfrei und nicht-invasiv vorübergehend reduziert werden.

Knoch nutzte diesen Effekt, um das Verhalten der Versuchspersonen zu untersuchen, wenn diese direkt vor der Entscheidung stehen, das unfaire Verhalten eines Partners in einem Verhandlungsexperiment zu bestrafen, obwohl diese Verhaltensweise zu eigenen materiellen Verlusten führen kann. Probanden, bei denen die neuronale Erregbarkeit des vorderen Stirnlappens gemindert wurde, waren weit weniger in der Lage, ihren materiellen Eigennutz aufzugeben, als Probanden, die nur zum Schein stimuliert wurden.

Fingerabdruck im Gehirn

Mit dieser Versuchsanordnung hat die junge Forscherin die Jury des Pfizer Forschungspreises überzeugt. «Daria Knoch untersucht mit einer genial angelegten neuropsychologischen Versuchsanordnung ein bisher neurowissenschaftlich wenig untersuchtes Feld», würdigt Jury-Mitglied Prof. Christian Hess vom Inselspital Bern die junge Psychologin. Ihre Arbeit sei sowohl klinisch wie auch mit Blick auf das menschliche Zusammenleben wichtig.

Störungen der Selbstkontrolle sind gemäss Knoch ein zentrales Merkmal vieler neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Ihre Forschung zeigt Wege auf, wie solche Störungen in Zukunft behandelt werden können. Interessant sind die Befunde aber auch für die Jugendforschung. So hat der vordere Stirnlappen bei Jugendlichen seinen vollen Funktionsumfang noch nicht erreicht. Dies könnte erklären, warum Jugendliche sich oft impulsiv und eigennützig verhalten.

Nachfolgestudien sollen nun zeigen, inwiefern neben dem vorderen Stirnhirn auch andere Hirnareale an der Selbstkontrolle beteiligt sind und wie sich die durch die TMS verminderte kortikale Aktivität im Stirnhirn auf andere Hirnareale auswirkt.