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Podiumsveranstaltung zu Transplantationsmedizin

Organe gesucht

Die Transplantation von Organen gehört zu den medizinischen Erfolgsgeschichten. Doch nach wie vor sind wichtige Probleme nicht gelöst, wie eine Podiumsveranstaltung der Medizinischen Fakultät aufzeigte.
Adrian Ritter

Organe ersetzen - Herausforderung und Erfolgsgeschichte der Medizin.

Wie gut haben es doch die Reptilien. Verliert eine Eidechse ein Stück ihres Schwanzes, wächst dieser einfach nach. Da dem Menschen diese Fähigkeit zur Selbstreparatur fehlt, versucht die Medizin nachzuhelfen. Organe zu verpflanzen sei eine alte und faszinierende Idee, meinte der Wissenschaftsjournalist und Moderator Beat Glogger zur Begrüssung des Podiums am Dienstag am Universitätsspital Zürich (USZ). Die sechs Podiumsteilnehmer, Professoren an den Universitäten Zürich und Basel, gaben dabei einen Überblick über den Stand und die Zukunftsaussichten des Organersatzes.

Erfolgreicher Eingriff

Die Transplantation sei einer der erfolgreichsten Eingriffe in der Geschichte der Medizin, sagte Prof. Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am USZ. Dabei wurden in rund einem Jahrhundert rasante Fortschritte erzielt, wie Prof. Walter Weder, Direktor der Klinik für Thoraxchirurgie am USZ, in einem einleitenden Überblick zeigte: Von den ersten Versuchen der Nierentransplantation bei Hunden bis zur kürzlich vorgenommenen ersten Gesichtstransplantation beim Menschen.

Podiumsteilnehmer (von links): Alexander Kiss, Pietro Giovanoli, Pierre-Alain Clavien, Moderator Beat Glogger, Walter Weder, Simon Hoerstrup, Alois Grathwohl.

Steuern senken für Spender?

Glogger erinnerte an die negativen Schlagzeilen, die diese Entwicklung begleiteten: Immunsuppression – also die Unterdrückung von Immunreaktionen des Organempfängers, damit das neue Organ nicht abgestossen wird – oder Mangel an Spenderorganen lauteten oft gehörte Stichworte.

Eine Möglichkeit, dem Organmangel zu begegnen, sind finanzielle Anreize für Spenderinnen und Spender. In den USA profitieren beispielsweise Organspenderinnen und -spender von Steuerermässigungen. Das Podium zeigte sich skeptisch gegenüber diesen Ideen, könnte sich aber andere Anreize vorstellen. Für Walter Weder wäre prüfenswert, Spendewilligen Vorrang einzuräumen, falls sie selber ein Organ benötigen.

Ob Informationskampagnen die Spenderate erhöhen können, darüber waren sich die Fachleute uneinig. Prof. Alexander Kiss beschäftigt sich am Universitätsspital Basel mit den psychosozialen Aspekten der Organtransplantation. Er betonte, die Organspende bedinge die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit. Dazu könnten Informationskampagnen wenig beitragen. Pierre-Alain Clavien gab sich hingegen überzeugt, dass Aufklärung durchaus die Spenderate erhöhen könne, wie erfolgreiche Beispiele im Tessin zeigten.

«Tissue Engineering» als Alternative? Ganze Organe im Labor herzustellen, sei von der Realisation noch weit entfernt, wurde am Podiumsgespräch erklärt.

Suche nach Alternativen

Um die Abhängigkeit von Spenderorganen zu verringern, ist die Forschung auch laufend auf der Suche nach Alternativen zu herkömmlichen Organtransplantationen. Prof. Simon Hoerstrup beispielsweise beschäftigt sich am USZ mit «Tissue Engineering». Dabei wird aus körpereigenem Material im Labor Gewebe hergestellt. So werden derzeit am USZ mit Stammzellen gewonnene Herzklappen im Tiermodell getestet.

Lassen sich in Zukunft also ganze Organe wie Herz oder Lunge im Labor herstellen? Es werde zwar viel Forschung in diese Richtung betrieben, von der Realisation sei man aber noch weit entfernt, so der Tenor auf dem Podium.

Leberspende mit Risiko

«Es wäre schon revolutionär, wenn wir bei Lebertransplantationen einen kleineren Teil der Leber des Spenders benötigen würden», so Clavien. Bei einer Leberspende durch eine lebende Person, verbleiben dem Spender heute nur noch 40 Prozent seines Organs, was für ihn ein Risiko darstelle. Entsprechend sucht die Forschung nach Wegen, dem Spender in Zukunft einen kleineren Teil der Leber entnehmen zu müssen. Dass allerdings in Zukunft die Transplantation von einzelnen Zellen genügen könnte, das sei noch weitgehend «Science Fiction» und bisher nur bei ganz wenigen Erkrankungen möglich, so Clavien.

Stammzellen – Allerheilmittel?

Sind Stammzellen die Lösung der Zukunft? Mit dem «Tissue Engineering» und beispielsweise der Transplantation von Blutstammzellen bei Leukämiepatienten sind zwar durchaus Anwendungsmöglichkeiten gegeben. Prof. Alois Gratwohl, Hämatologe am Universitätsspital Basel warnte allerdings davor, Stammzellen als Allerheilmittel zu sehen: «Es macht ebensowenig Sinn, wie eine bestimmte Diät, ein einzelnes Vitamin oder die Gentherapie als Allerheilmittel darzustellen. Stammzellen werden für den Ersatz einzelner Organe sicher in Zukunft wichtig sein, aber sie werden uns nicht ewige Jugend bringen.»

Die Zukunft des Organersatzes werde in einer Kombination von verschiedenen Methoden liegen, betonte Prof. Pietro Giovanoli, Direktor der Klinik für Wiederherstellungschirurgie am USZ. Dazu gehöre auch, die Immunsuppression weiter zu verbessern. Auch Pierre-Alain Clavien rechnet damit, dass dabei weitere Fortschritte möglich sind: «Vor zehn Jahren existierte ein einziges Medikament zur Immunsuppression, heute stehen rund ein Dutzend Medikamente zur Verfügung.»