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Wer sowohl in der Klinik als auch in der Forschung tätig ist, tanzt auf zwei Hochzeiten», sagt Roger Lauener. «Das kann manchmal anstrengend sein, ist aber auch spannend.» Als Leitender Arzt für Allergologie am Kinderspital der UZH ist er mit Kinderleiden konfrontiert – und mit den Sorgen der Eltern, die bei ihm konkrete Ratschläge suchen. Gleichzeitig leitet er eine Forschungsgruppe, die der Entstehung von Allergien bei Kindern nachgeht und nach neuen Wegen zur Behandlung und Vorbeugung von Allergien sucht.
«Abwechselnd den Standpunkt des Forschers und den des Arztes einzunehmen, verhilft mir zu neuen Einsichten», sagt Lauener. «Wenn ich in meiner klinischen Tätigkeit ein Kind mit einer schweren Neurodermitis oder einer lebensbedrohlichen Nahrungsmittelallergie sehe, weiss ich wieder, was das Ziel unserer Forschung ist und verliere mich nicht in Nebenfragen. Demgegenüber zwingt die Wissenschaft zum genauen Hinsehen und zur Reflektion, welches die Grundlagen unseres Handelns im klinischen Alltag sind und wie gesichert die Evidenz für Empfehlungen ist, die wir abgeben.»
In seiner Forschung geht Lauener der Frage nach, wie Umweltfaktoren das Immunsystem des Kindes beeinflussen und inwiefern sie sich auf die Entstehung von Allergien auswirken. Auf diesem Gebiet hat sich in letzter Zeit viel getan: Vor fünfzehn Jahren empfahl man Eltern, für eine möglichst saubere Umgebung zu sorgen, um bei ihren Kindern Allergien vorzubeugen. Heute sieht man vieles differenzierter: Man hat herausgefunden, dass Kinder, die etwa auf einem Bauernhof aufwachsen, weniger Allergien aufweisen als andere; es gibt in der Umwelt offensichtlich nicht nur schädliche, sondern auch schützende Faktoren.
Lauener versteht sich als Mittler zwischen Grundlagenforschung und Klinik. Wer so wie er in beiden Welten gut verankert sein will, muss harte Arbeit und einen langen Werdegang in Kauf nehmen: Lauener studierte erst Medizin und betrieb anschliessend in Boston Grundlagenforschung zur Immunologie. Zurück in der Schweiz folgte die klinische Ausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, gefolgt von der Ausbildung zum Facharzt für Allergien und klinische Immunologie. Gleichzeitig baute er eine Forschungsgruppe auf. Das ging nur dank Förderung durch die Universitäts-Kinderklinik, den Nationalfonds, Projekte der EU und, seit zwei Jahren, der gemeinnützigen Kühne-Stiftung.
Trotz Förderbeiträgen ist eine Forschungslaufbahn für Mediziner meist mit einer deutlichen Einkommenseinbusse verbunden. Da braucht es schon eine genuine Faszination für die Forschung – und zugleich Interesse für die Patienten. «Damit man als Arzt wissenschaftlich arbeiten kann», so Lauener, «ist eine langfristige Stelle nötig, welche einerseits ein feste Verankerung in der Realität des Klinikalltages sicherstellt, andererseits aber auch genügend Freiraum für wissenschaftliches Arbeiten lässt. Zudem muss die klinische Institution ein Interesse an der Forschungsarbeit haben und diese unterstützen, denn als isolierter Feierabendforscher hat man heute keine Chance mehr.»
Enorm wichtig sei auch, über ein Team zu verfügen, in welchem klinische sowie wissenschaftliche Kompetenz vorhanden sei. «Nicht jeder muss alles können. Aber man muss miteinander kommunizieren können.» Und dazu braucht es Brückenbauer. Solche wie Roger Lauener.