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Herr Weiss, was hat Sie dazu bewogen, der Universität Zürich dieses grosszügige Geschenk zu machen?
Branco Weiss: Ich lebe nun seit sechzig Jahren in Zürich. Schon seit einiger Zeit habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich mit einem Geschenk dem Gefühl der Dankbarkeit, das ich meiner Adoptiv-Heimat gegenüber hege, zum Ausdruck bringen könnte. Ich bin kein Freund des Giesskannen-Prinzips. Ich möchte deshalb, anstatt den Kanton oder die Stadt zu bedenken, lieber gezielt besonders interessante, zukunftsträchtige Projekte fördern – und dazu gehört Ernst Fehrs Projekt eines Functional Brain Imaging Laboratory an der Universität Zürich.
Sie haben selbst an der ETH Zürich Chemie studiert, später haben Sie dort auch Lehraufträge wahrgenommen. Haben Sie auch Verbindungen zur Universität Zürich?
Branco Weiss: Zur ETH als meiner Alma Mater unterhalte ich eine enge Beziehung, ich pflege aber seit langem auch vielerlei Kontakte zur Universität Zürich; nicht zu allen Fakultäten zwar – aber das lässt sich ja in Zukunft vielleicht noch ändern...
Wie sind Sie auf Ernst Fehr gekommen? Beziehungsweise er auf Sie?
Branco Weiss: Wir kennen uns seit einigen Jahren, wir haben uns erstmals an einer Tagung über Behavioral Economics getroffen. Die Entwicklung in diesem Gebiet verfolge ich mit einiger Neugier. Den Natur- und Ingenieurwissenschaften stehe ich durch meine Ausbildung und meinen Beruf zwar näher. Aber ich bin so frei, daneben auch noch andere Interessen zu pflegen. Letzten Herbst jedenfalls rief mich Ernst Fehr an, ich lud ihn ein und er unterbreitete mir sein Projekt. Ich hörte ihm genau zu. Und es war mir sehr schnell klar, dass ich ihn unterstützen würde.
Was machte Sie so sicher in Ihrem Entscheid?
Branco Weiss: Nun, es ist doch eine edle Sache, einen Forscher vom Kaliber eines Ernst Fehr zu unterstützen. Ernst Fehr steht international mit seiner Forschung an der Spitze, er ist ein Aushängeschild der Universität Zürich. Zudem konnte er mir umstandslos und rasch plausibel machen, dass die Anschaffung eines 3 Tesla Scanners für die erfolgreiche Fortführung seiner Arbeit unabdingbar ist. Ich scheue ja sonst vor Risiken weissgott nicht zurück. Diesmal aber bin ich für einmal nicht den Hauch eines Risikos eingegangen. Ich bin mir vollkommen sicher, dass meine Mittel gut eingesetzt sind.
Sie sind Mäzen mehrerer Schweizer Hochschulen. Seit Jahren engagieren Sie sich für Bildung und Forschung. Warum?
Branco Weiss: Ich habe schon vieles gesehen und erlebt, aber ich bin noch immer neugierig und verfolge das Wirken anderer neugieriger Menschen gern mit. Es ist der gesellschaftliche und technische Wandel, der mich schon immer fasziniert hat. Was beschleunigt diesen Wandel? Was hemmt ihn? Letztlich sind es doch immer die Neugierde und der Forscherdrang, die am Anfang jeder Entwicklung stehen. Und wo finden Neugierde und Forscherdrang den besten Nährboden? Noch immer an den Universitäten.
Sie sind Unternehmer und Investor, Sie haben mehrere Firmen gegründet und zum Erfolg geführt, haben in Start-ups investiert und Jungunternehmer gefördert. Ausserdem engagieren Sie sich seit vielen Jahren für den Technologietransfer. Liegt Ihnen die angewandte Forschung da nicht näher als die Grundlagenforschung?
Branco Weiss: Beruflich hat mich tatsächlich immer die praktische Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse beschäftigt. Als Mäzen hingegen habe ich die Grundlagenforschung im Auge. Gewiss, Grundlagenforschung kostet viel Geld. Doch ohne Grundlagenforschung, die frei experimentieren kann und unbeeinträchtigt von Zwecksetzungen ihren eigenen Gesetzen folgt, sind nun einmal die fruchtbaren und originellen Erkenntnisse nicht zu haben.
Sie haben sich verschiedentlich als «sozialer Experimentator» bezeichnet. Was meinen Sie damit?
Branco Weiss: Sehen Sie, seit Jahrzehnten bin ich ständig mit der Frage konfrontiert, wie sich wissenschaftliche Innovationen in die Praxis umsetzen lassen. Eines habe ich dabei immer und immer wieder erfahren: Die Probleme, die der Umsetzung und Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Wege stehen, sind oft technischer, in noch viel höherem Masse aber sozialer Natur. Die sozialen Widerstände gegen Innovationen lassen sich auf allen Stufen der Gesellschaft beobachten – in Arbeitsgruppen, in Firmen, in der Öffentlichkeit. Wem es einigermassen gut geht, der hat wenig Interesse an Veränderungen. Diese Tatsache wird immer unterschätzt. Dabei ist es doch so: Eine Erfindung setzt sich nur durch, wenn das soziale Umfeld offen und beweglich genug ist, sie aufzugreifen. Es liegt mir deshalb viel an einer offenen und beweglichen Gesellschaft.