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Die Chiropraktik kommt an die Universität

Angehende Chiropraktoren mussten bisher ihre Ausbildung im Ausland absolvieren. Mit der neuen Assistenzprofessur für Chiropraktik an der Universität Zürich soll dies ab Herbst 2008 auch in der Schweiz möglich sein. Der Universitätsrat hat am Montag grünes Licht gegeben.
Adrian Ritter

In der Chiropraktik werden mit minimalem Kraftaufwand Gelenke bewegt, die in ihrer Funktion gestört sind. Ab 2008 wird die Chiropraktik an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich akademisch verankert sein. 

Vom Hexenschuss über das Zähneknirschen bis zur Diskushernie. Chiropraktorinnen und Chiropraktoren behandeln eine grosse Bandbreite von Beschwerden, die meist mit dem Muskel- und Skelettsystem des menschlichen Körpers zu tun haben. Ihre wichtigste Behandlungsmethode ist die Manipulation der Wirbelsäule: Mit minimalem Kraftaufwand werden Gelenke bewegt, die in ihrer Funktion gestört sind.

«Die Chiropraktik basiert dabei wie die übrige Humanmedizin auf wissenschaftlichen und empirischen Kriterien», sagt Professor Peter Groscurth, Studiendekan der Medizinischen Fakultät an der Universität Zürich. Studien attestierten der chiropraktischen Behandlung eine hohe Erfolgsquote.

Wer den Beruf erlernen will, musste bisher nach dem medizinischen Grundstudium in die USA oder nach Kanada reisen und das teure Studium dort privat finanzieren. Nur acht Personen aus der Schweiz nahmen den beschwerlichen Weg jährlich auf sich. Um die zukünftige Nachfrage nach Chiropraktik in der Schweiz abdecken zu können, müssten aber jährlich mindestens 20 Personen die Ausbildung absolvieren, schätzt die Schweizerische Chiropraktoren Gesellschaft (SCG).

Akademisch verankern

Ab Herbst 2008 soll sich der Überseeflug erübrigen. Dann nimmt an der Medizinischen Fakultät der UZH die Stiftungsprofessur für Chiropraktik ihre Tätigkeit auf. Es wird der erste derartige Lehrstuhl im deutschsprachigen Raum sein. Zwar bestehen in Grossbritannien und Dänemark bereits entsprechende Fakultäten, die dortigen Ausbildungen sind allerdings in der Schweiz nicht anerkannt.

Der Zürcher Lehrstuhl wird möglich durch die Aufnahme der Chiropraktik in das Medizinalberufegesetz (MedBG), welche im September 2007 in Kraft treten wird. Während der Beruf des Chiropraktors bereits eidgenössisch anerkannt ist, legt das Gesetz jetzt die Grundlage, um auch die Ausbildung in der Schweiz akademisch zu verankern.

«Dadurch wird in der Schweiz in Zukunft eine qualitativ hochwertige Ausbildung auf einheitlichem Niveau garantiert sein», freut sich Dr. Franz Schmid, Präsident der SCG. Er hofft, die neue Ausbildungsmöglichkeit werde mehr junge Leute für den Beruf begeistern.

Für die Universität Zürich bietet sich gleichzeitig die Chance, «ein zukunftsträchtiges neues medizinisches Lehr- und Forschungsfeld aufzubauen», ist Professor Walter Bär, Dekan der Medizinischen Fakultät, überzeugt. Weil beispielsweise Rückenbeschwerden in der Bevölkerung immer häufiger auftreten, werde die Chiropraktik noch an Bedeutung zunehmen, so Studiendekan Groscurth.

Interdisziplinäre Ausbildung

Chiropraktik wird an der Universität Zürich als Vertiefungsrichtung im Medizinstudium wählbar sein. Neben der Ausbildung soll der Lehrstuhl auch Forschung betreiben. Diese werde sinnvollerweise interdisziplinär geschehen, ist Groscurth überzeugt. «Die Chiropraktik kann Fachrichtungen wie Orthopädie, Rheumatologie und Bewegungswissenschaft dabei unterstützen, offene Fragen rund um Muskelphysiologie und Skelettsystem zu beantworten.»

So sei beispielsweise nicht abschliessend geklärt, wie es überhaupt zu Blockierungen in der Wirbelsäule kommt oder wie die Schmerzausbreitung funktioniert. Für Daniel Mühlemann, Delegierter der SCG für Ausbildung, soll der Lehrstuhl auch untersuchen, bei welchen Beschwerden die Chiropraktik vorteilhaft ist gegenüber konventionellen Methoden – sei es beispielsweise bezüglich der Wirksamkeit, Nebenwirkungen und nicht zuletzt der Kosteneffizienz.

Auf das Honorar verzichtet

Die Assistenzprofessur ist vorerst auf sechs Jahre befristet, nach drei Jahren wird eine erste Evaluation erfolgen. Finanziert wird der Lehrstuhl über die neu gegründete «Stiftung für die Ausbildung von Chiropraktoren». Einen Teil der Kosten soll der Lehrstuhl mit wissenschaftlicher und chiropraktischer Tätigkeit selbst decken, zudem beteiligt sich auch der Bund an der Finanzierung. Wie ernst es den Chiropraktoren selber mit der Ausbildungsmöglichkeit in der Schweiz ist, bewiesen sie im November 2005, als sie einen Tag lang zugunsten des Lehrstuhls auf ihr Honorar verzichteten.