Navigation auf uzh.ch
Der Countdown ist abgelaufen, die Umsetzungsphase von Bologna hat begonnen. Aus Grundsätzen, Zielvorgaben, Leitlinien, Konzepten und Plänen wird nun gelebte Realität. Eine Realität, die von vielen Assistierenden, die sich an der Gestaltung der Studienpläne beteiligten, mitgeprägt wurde. Und weiterhin mitgeprägt wird: Assistierende fungieren als Studienberater, sie bewerten Leistungsnachweise von Studierenden und bestreiten in vielen Fächern, speziell der Philosophischen Fakultät, einen grossen Teil des Lehrpensums auf Bachelor-Ebene.
Hört man sich in diesen Wochen im Mittelbau um, dann ist von Aufregung fast nichts zu spüren. Die Assistierenden blicken den Veränderungen grösstenteils gelassen und positiv gestimmt entgegen. Noch vorhandene Bedenken beziehen sich vor allem auf die Arbeitsbelastung im Bereich Lehre; ob und wie stark diese Belastung zunimmt, wird sich jedoch erst im Lauf der kommenden Semester weisen.
Dagegen ist die ehemals verbreitete Befürchtung, die Bologna-Reform führe zu einer Verschulung der Studiengänge, schon heute praktisch gegenstandslos geworden. «Selbst in meinem Fach, in dem solche Ängste traditionell besonders ausgeprägt sind, sieht man diesbezüglich in ‹Bologna› kein Problem mehr», sagt Ulvi Doguoglu, Adjunkt des Seminarleiters am Philosophischen Seminar. Seine Wahrnehmung deckt sich mit jener der Assistierenden anderer Institute: Allenthalben wurde viel Wert darauf gelegt, die neue Studienordnung so offen zu konzipieren, dass die bisherigen Gestaltungsfreiräume in Lehre und Forschung nicht beschnitten werden.
An seinem Seminar ist Ulvi Doguoglu daran beteiligt, das gesamte Lehrangebot auf dem zentralen SAP-Campus- Management-System abzubilden (das auch die Noten und Kreditpunkte der Studierenden verwaltet). Am Theologischen Seminar nimmt Assistentin Franzisca Pilgram diese komplexe Aufgabe wahr. «Nicht alles», sagt sie, «klappte dabei auf Anhieb – doch wir trugen das mit Humor.» Ganz allgemein, stellt sie fest, habe sich durch die Arbeit an Bologna eine sehr gute Zusammenarbeit mit allen Fakultätsmitarbeitern ergeben. Ihr Kollege vom Religionswissenschaftlichen Seminar, René Schurte, bestätigt: «Die Reform-Vorbereitungen haben das Gemeinschaftsgefühl unter den Mitarbeitern gestärkt.»
Je nach Fach wurde der Mittelbau in unterschiedlichem Mass in die Ausgestaltung der Studienreform eingebunden. Viele Institute riefen Bologna-Arbeitsgruppen ins Leben, in denen sich neben Vertretern der Professorenschaft und der Studierenden auch Delegierte des Mittelbaus engagieren. So etwa am Historischen Seminar, wo eine ständeübergreifende Grundstudiumskommission zuhanden der Seminarkonferenz Vorschläge für die neue Studienordnung ausgearbeitet hat.
«Der Rhythmus dieser Reform-Vorbereitungen wurde vom Dekanat vorgegeben, das die Rahmenordnung für unsere Planung erstellte», sagt Luís Calvo Salgado. Er ist Oberassistent am Historischen Seminar und dort für die Reform-Koordination zuständig. «Die Reform», sagt er, «bot die willkommene Gelegenheit, das Grundstudium neu zu überdenken.» Vorteile sieht er insbesondere in einer besseren Gliederung des Studiums: Schritt für Schritt, in Proseminarien und Bachelor-Seminarien, werden die Studierenden mit Techniken und Methoden für die selbstständige Forschungsarbeit vertraut gemacht.
Für Marc-Joachim Wasmer, Mittelbau- Vertreter des ständeübergreifenden Bologna- Gremiums am Kunsthistorischen Institut, ist die Bologna-Reform unter hochschuldidaktischen Gesichtspunkten ebenfalls ein Gewinn. Das kunstgeschichtliche Grundstudium wurde durch Modultypen wie Exkursionen, thematische Tutorate, Übungen und Praktika im Vergleich zu früher erheblich bereichert. «Ich persönlich», sagt Wasmer, «fand es sehr befriedigend, dass ich meine Erfahrungen als Dozent und Assistent in die Neugestaltung der Grundstudiengänge einbringen konnte.»
Auch an der Abteilung für Neuere Deutsche Literatur am Deutschen Seminar wurde das Grundstudium neu konzipiert – und auch hier unter prägender Mitwirkung des Mittelbaus, wie Assistentin Andrea Krauss vermerkt. Was sich für Assistierende, welche in die Lehre eingebunden sind, in erster Linie ändern wird: Sie müssen expliziter als zuvor formulieren, welche Erwartungen sie an die Studierenden richten, da der Aufbau von Lehrveranstaltungen sich stärker als bisher an Leistungsnachweisen orientiert. Das bedingt ein strukturierteres Vorgehen bei der Planung. «Der Organisationsaufwand im Bereich Lehre», folgert Krauss, «wird in Zukunft grösser».
In der Bologna-Kommission der Rechtswissenschaftlichen Fakultät vertrat Susanne Raas die Anliegen des Mittelbaus. Sie setzte sich für ein möglichst breites Formenspektrum an Leistungsnachweisen ein: «Studierende sollen nicht nur Klausuren ablegen müssen, sondern auch Referate halten und Gerichtssimulationen durchführen.» Ferner pochte Raas darauf, dass interessierte Assistierende – vorab solche mit akademischen Ambitionen – mehr Gelegenheiten bekommen, sich in der Lehre zu engagieren.
Erste ganz konkrete Erfahrungen mit dem Bologna-System konnten schon vor Semesterbeginn jene Assistierenden sammeln, die als Studienberater tätig sind – zum Beispiel René Schurte vom Religionswissenschaftlichen und Dominique Kuenzle vom Philosophischen Seminar. «Der Ansturm der Universitäts-Neulinge auf die Studienberatungsstellen bewegte sich im Rahmen früherer Jahre», sagen beide. «Allerdings müssen wir uns mit vielen Feinheiten des neuen Systems selbst erst noch vertraut machen, was mit einigem zusätzlichem Aufwand verbunden ist.» Aus Sicht der Studienberater bringt Bologna viele Vorteile. Vor allem mehr Transparenz:«Die Studierenden werden von Anfang an besser darüber informiert, was sie in den einzelnen Veranstaltungen erwartet und worin die Anforderungen bestehen. Das vereinfacht die Orientierung erheblich.»