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Den einen mag sie als Generalsektretärin der Schweizerischen Volkspartei Mitte der 1990er Jahre in Erinnerung geblieben sein, Angehörige der Universität haben Myrtha Welti vielleicht schon erlebt in ihrer Funktion als Vizepräsidentin der Stiftung «Science et Cité», welche den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fördern will.
Vielfältig und breit sind die beruflichen Erfahrungen, über die Myrtha Welti in der Veranstaltungsreihe «Mein Studium – optimale Vorbereitung auf die Berufslaufbahn?» berichtete. Möglichst breit wünscht sie sich auch den Bildungshorizont der heutigen Studierenden. Die Bologna-Reform sieht sie als Chance für die Zukunft der Hochschulen und eine klare Strukturierung der Studiengänge sei auch für die Studierenden hilfreich.
«Gleichzeitig bin ich aber nach den bisherigen Erfahrungen mit Bologna kritischer eingestellt als vor drei Jahren», so Welti. Die Reform zeige die Gefahr einer Verschulung, die es kaum mehr erlaube, auch einmal mit Musse Vorlesungen anderer Fächer zu besuchen und vom breiten Angebot der Universität zu profitieren. Eine Art des Studierens, die sie ihren beiden heute studierenden Kindern auch gönnen würde. Zur Zeit ihres eigenen Studiums in den 1960er Jahren war dies nämlich möglich, erinnerte sich Welti: «Das Studium war ein Lebensabschnitt für sich.»
Die Universität bot der damals 20-Jährigen ungeahnte Möglichkeiten, als sie aus Chur - «der Provinz» - nach Zürich kam, um sich zur Sekundarlehrerin ausbilden zu lassen. Es war eine bewegte Zeit, in der auch Welti einige Nächte im Studentenhaus mit politischen Diskussionen verbrachte.
«Vielleicht sehe ich die Vergangenheit durch die rosa Brille, aber es war auf jeden Fall eine Lebensphase, die ich nie missen möchte». Auch wenn sie sich nicht in einer politischen Gruppierung engagierte, so weckte die Zeit doch anhaltend ihr Interesse an der Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und der Politik.
Nach der Ausbildung zur Sekundarlehrerein zog es sie in den 1970er Jahren ein zweites Mal an die Universität Zürich, für das Studium der Rechtswissenschaft. Mit Kleinkind und als Werkstudentin befand sie sich diesmal in einer anderen Situation und ihr Studieren war entsprechend zielstrebig auf das Lizentiat ausgerichtet.
Wissenschaftliches Arbeiten, analytisches Denken und Wissen auch vermitteln können, das sind für Welti einige der zentralen Fähigkeiten, die sie im Laufe ihrer zwei Studien erlernte. Mit diesem «Handwerkzeug» zog sie nach einer Assistenz am Rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich 1981 mit der jungen Familie nach Bern und platzierte ein Inserat in der lokalen Tageszeitung: «Juristin sucht Teilzeitstelle».
Auf das Inserat meldete sich nur gerade ein Anrufer, Max Friedli, damals Generalsekretär der SVP und auf der Suche nach einer juristischen Mitarbeiterin. «Ich bin also ganz prosaisch zur Politik gekommen», so Welti. Der Welt der Politik und Kommunikation blieb sie aber auch treu, nachdem sie 1993-1996 selber das Generalsekretariat der Partei geleitet hatte.
Als Generalsekretärin der Bergier-Kommission erlebte sie später hautnah, wie wichtig es ist, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neben allem Fachwissen auch lernen, mit den politischen Prozessen der Gesellschaft umzugehen. «Die Wissenschaft sollte sich um die Anliegen der Gesellschaft kümmern, die Gesellschaft sich aber auch um ihr Bildungssystem», ist Welti überzeugt.
Die gute Einbetteung der Universität Zürich in die Gesellschaft, gelte es zu erhalten, auch wenn es das erklärte und sinnvolle Ziel sei, eine Spitzenuniversität zu sein. Dazu gehöre der ständige Dialog mit der Gesellschaft, worunter mehr als nur Wissenschaftskommunikation zu verstehen sei.
«Angehörige des Mittelbaus sagen mir oft, dass sie den Dialog mit der Gesellschaft gerne vermehrt führen würden. Sie fänden aber neben Forschung und Publizieren keine Zeit dazu. Zudem hat dieser Dialog auch keinen Stellenwert im Curriculum», so Welti.
Zu überdenken sei auch der Stellenwert der Lehre in wissenschaftlichen Curricula, so Welti: «Eine Spitzenuniversität sollte neben exzellenter Forschung auch eine hervorragende Lehre anbieten und dies bei Berufungen entsprechend berücksichtigen.» In diesem Zusammenhang könnte es, gemäss Welti, hilfreich sein, zu prüfen, ob es sinnvoll wäre, Lehrstühle mit einem Schwerpunkt in der Lehre einzurichten.
Myrtha Welti wird sich weiterin dafür einsetzen, die Brücke zu schlagen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft - sei es als Universitätsrätin der Universität Zürich oder im Rahmen von «Science et Cité». Die Themen Kommunikation und Politik begleiten sie auch privat weiter in ihrer Tätigkeit als freiberufliche Beraterin.