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Auf Plakatwänden sind zwei Ansichten desselben Gletschers zu sehen: von 1900 und von 2000. Die Gegenüberstellung des Fotos von heute und der liebevoll kolorierten Postkartenansicht von vor hundert Jahren zeigt, dass der Feegletscher im Wallis massiv zurückgegangen ist – und nicht nur der. Die heile Bergwelt ist nur noch ein Mythos, den die Realität Stück für Stück entzaubert.
«Gletscher im Treibhaus» heisst die Ausstellung, die am Freitag im Lichthof der Universität Zürich Irchel eröffnet wurde. Organisiert vom Geografischen Institut der Universität Zürich und Greenpeace dokumentiert sie, wie sich die alpinen Gletscher im Laufe der letzten 150 Jahre verändert haben. Dabei arbeitet die Ausstellung zum Teil mit historischen Fotografien aus der Sammlung der Ökologen Sylvia Hamberger und Wolfgang Zängl.
Die beiden Wissenschaftler der Gesellschaft für ökologische Forschung haben eine Sammlung von 5000 historischen Gletscherfotografien angelegt, wobei die meisten Dokumente Postkarten sind. Denn in Zeit des Aufkommens der touristischen Begeisterung für die Alpen Mitte des 19. Jahrhunderts fällt die so genannte Kleine Eiszeit, die fotografisch festgehalten wurde. Somit sind die ersten Fotografien der Bergwelt, die damals als Postkarten gedruckt wurden, heute nicht nur historische, sondern auch wissenschaftliche Dokumente einer Zeit, in der die Gletscher eine grosse Ausdehnung hatten. Ein Teil dieser Aufnahmen ist jetzt in der Ausstellung zu sehen, sie werden jeweils mit Bildern aus der heutigen Zeit konfrontiert. Die Gletschervergleiche verweisen auf die Folgen der Klimaveränderung und zeigen gleichzeitig die Schönheit und Fragilität der Eiswunder.
«Es war uns wichtig, mit der Ausstellung auch Grundwissen der Gletscherkunde zu vermitteln», sagt Professor Max Maisch vom Geografischen Institut der Universität Zürich und Organisator der Ausstellung. Die Besucher können zum Beispiel am Computer eine anschauliche Präsentation der alpinen Gletscherwelt erleben. Auf einer Grossleinwand werden zusätzlich die Entstehung und die Bewegung eines Gletschers erklärt. Poster dokumentieren, dass es in den Schweizer Alpen heute zwar noch 2000 Gletscher gibt, diese jedoch in den letzten 150 Jahren rund 750 km2 an Fläche verloren haben. Das sind mehr als 40 Prozent und entspricht der Grösse des Kantons Uri. Der Gletscherschwund ist ein klares Anzeichen für den Trend zur Erwärmung der Erdatmosphäre. Aus den beobachteten Schmelzraten können die Forscher ausrechnen, wie stark sich der jeweilige Treibhauseffekt auswirkt.
Aus den Massen- und Formveränderungen der Gletscher können die Gletscherforscher Informationen über frühere Klimaperioden gewinnen. «Bei keinem anderen Naturphänomen ist die Wirkung einer langfristigen Klimaänderung besser sichtbar als bei Gletschern», sagt Maisch und betont, «die Geschwindigkeit, mit der sich weltweit das Klima ändert, ist beängstigend.» In der Schweiz werde sich der durch die Gletscherschmelze entstehende Wandel auf die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft auswirken und nicht zuletzt den Tourismusregionen Probleme bringen. Die europäischen Ökosysteme werden sich verändern, dass heisst auch die Landnutzung und damit das Landschaftsbild.
Auch die Gründe werden genannt: Die Ausstellung weist darauf hin, dass der weltweite CO2-Ausstoss, der eng an den Weltenergieverbrauch gekoppelt ist, eine wichtige Ursache der Klimaveränderung darstellt.