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Von der Decke ertönt Lachen, Weinen, Schreien. Eine Projektionsfläche am Boden erleuchtet die dunkle Halle und zeigt Menschen mit Gesichtsausdrücken, die zu den Geräuschen aus den Lautsprechern an der Decke passen. Wir befinden uns im Bereich der «Gefühle». Benachbarte Projektionen widmen sich der Anatomie des Gehirns oder seinen Leistungen im Bereich Wahrnehmung, Bewegung und Kognition. Gezeigt werden soll, «was man heute über das Gehirn weiss und was noch nicht», wie BrainFair-Leiter Dr. Wolfgang Knecht vom Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (ZNZ) an der Vernissage am 12. Mai erklärte.
Noch nicht restlos geklärt sei zum Beispiel, wie optische Täuschungen unser Gehirn immer wieder irreführen können. An der Ausstellung sind dazu Objekte aus der Sammlung des Technorama zu sehen. Eine «Mischung aus Fakten und Spielereien» soll die Ausstellung sein, so Wolfgang Knecht. Vieles davon ist interaktiv gestaltet. Die Besuchenden können IQ-Tests mitmachen, in einer leeren Box den «Lärm der Stille» erleben oder bei der präsentierten Gehirnstrommessung der Frage nachgehen, ob Gedankenlesen möglich ist.
«Power of the Brain» ist eine Verbindung von Kunst und Wissenschaft. Das ZNZ und die Stiftung «Science et Cité» als Trägerinnen der BrainFair haben die Ausstellung gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Theater Zürich (HMT) und der F+F Schule für Kunst und Mediendesign Zürichkonzipiert.
Die Projektionen über Gefühle und täglich aufgeführte Theaterstücke sind der Beitrag von Studierenden der HMT. Die F+F Schule ist mit Installationen, Objekten und Videos vertreten. So zeigen Studierende Videos von ihren Besuchen bei Forschenden in den Labors des Neurologischen Instituts an der Universität Irchel oder präsentieren mit //Web-Site_Mental eine multimediale, interaktive Internet-Plattform.
Ihre Gedanken und Einsichten zum Thema Gehirn werden im Rahmen der Ausstellung auch die jüngeren Besucherinnen und Besucher äussern beziehungsweise zu Papier bringen können. Bereits jetzt haben sich 25 Schulklassen für den Zeichenwettbewerb «Ich und mein Gehirn» angemeldet. Im ewz-Unterwerk Selnau werden in den kommenden Wochen zudem Lesungen stattfinden. Der Psychiater Mario Gmür hat Texte von Schizophrenie-Kranken gesammelt, die von Schauspielern mit Musikbegleitung vortragen werden.
Umrahmt von Aufführungen der Studierenden der HMT ging Wolfgang Knecht an der Vernissage der Frage nach, warum die Hirnforschung seit einiger Zeit einen Boom erlebe. Er führt dies darauf zurück, dass in den letzten Jahrzehnten neue Methoden in der Hirnforschung zur Anwendung gekommen seien, die Kernspinmagnetresonanz etwa oder Methoden aus der Molekularbiologie und der modernen Genetik. Dadurch konnten alte Dogmen über Bord geworfen werden, «zum Beispiel die Vorstellung, dass ein Wachstum von neuen Nervenzellen nicht möglich ist».
Das grosse Interesse an der Hirnforschung basiere aber auch darauf, dass viele Krankheiten des Nervensystems weit verbreitet und nach wie vor unheilbar seien. Zürich könne sich rühmen, in den Neurowissenschaften international zur Spitze zu zählen. Das sei nicht unbedeutend angesichts der Tatsache, dass «das Gehirn neben dem Universum vielleicht das komplexeste System ist, das wir kennen».
unipublic wird am 18. Mai eine Vorschau auf die weiteren Veranstaltungen der BrainFair 2005 publizieren.