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Vielstimmiges Ja zu Schengen und Dublin

Vor zahlreichem Publikum erläuterte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey am 28. April in der Aula der Universität Zürich die Gründe, warum die Schweizer Bevölkerung am 5. Juni Ja sagen sollte zum Abkommen von Schengen und Dublin. Unterstützt wurde die Aussenministerin von Votanten aus der Schweizer Wirtschaft und einer Vertreterin des Europäischen Parlamentes.
Adrian Ritter

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Engagiertes Plädoyer im Hinblick auf die Abstimmung vom 5. Juni über Schengen/Dublin. Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in der Aula der Universität Zürich.

Die «Informationsveranstaltung zu den Bilateralen II» war vom Europa Institut der Universität Zürich und den Young European Swiss (YES), der Jugendorganisation der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz, organisiert worden. Im Zentrum der gut besuchten und per Video in zusätzliche Hörsäle übertragenen Veranstaltung stand die bevorstehende Abstimmung zum Abkommen von Schengen und Dublin.

«Die EU wollte zuerst gar nicht mit uns über Schengen diskutieren, es war die Schweiz, die beitreten wollte und wir haben lange dafür kämpfen müssen, um überhaupt ins Gespräch zu kommen mit der EU», betonte Calmy-Rey an ihrem Vortrag.

Einladungsflyer zur Informationsveranstaltung: Bundesrätin Calmy-Rey streut den Samen für ein Ja zu Schengen/Dublin. «Der Saatvorgang allein führt nicht automatisch zu einer guten Ernte», meinte die Bundesrätin an ihrem Referat. Es brauche noch Unterstützung von vielen Kräften.

Wirksamere Fahndung

Ausgeweitet werden soll mit dem Abkommen von Schengen/Dublin die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU bei den Themen innere Sicherheit und Asyl. Schengen bedeute mehr Sicherheit, denn die internationale Kriminalität könne nur mit internationaler Zusammenarbeit bekämpft werden, so Calmy-Rey. Erleichtert werde diese Zusammenarbeit mit der Fahndungsdatenbank SIS, zu der die Schweiz bisher keinen Zugang hat. SIS erlaube es, «Verbrecher rascher und europaweit zur Verhaftung auszuschreiben». Bedenken bezüglich des Datenschutzes seien dabei unnötig, denn das Abkommen beinhalte eine strenge Datenschutzregelung.

Bei den Kontrollen an der Schweizer Grenze werde sich kaum etwas ändern, da die Schweiz nicht Mitglied der Zollunion mit der EU sei. Die Zollkontrollen würden nicht seltener als heute stattfinden, dafür aber dank dem Fahndungssystem SIS wirksamer sein. Bei einem Nicht-Beitrittbestehe die Gefahr, dass die Nachbarländer systematische Grenzkontrollen zur Schweiz als Schengen-Aussengrenze durchführen - so geschehen im März 2004, als sich an der Grenze zu Deutschland kilometerlange Staus bildeten.

Die «Informationsveranstaltung zu den Bilateralen II» des Europa Institutes und der Young European Swiss stiess auf reges Interesse.

Druck weg von der Asylpolitik

Eine Teilnahme am Abkommen von Dublin erlaube es, die europaweit festzustellende «Verschärfungsspirale» in der Asylpolitik zu vermeiden. «Ohne Dublin bleibt die Schweiz die einzige Ausweichadresse für Asylsuchende in Europa. Dies erhöht den Druck auf die schweizerische Asylpolitik.» Dublin garantiere jedem Asylsuchenden ein faires Verfahren und entlaste unser Asylwesen durch eine «gleichmässige Verteilung der Asylanträge».

Schengen und Dublin seien zwar keine Wundermittel zur Lösung aller Probleme der grenzüberschreitenden Kriminalität oder des Asylbereichs. Das Abkommen biete aber «zusätzliche Instrumente, auf die wir nicht verzichten sollten».

Insgesamt haben sich gemäss Calmy-Rey die Bilateralen I bewährt und mit den Bilateralen II habe ein weiteres Verhandlungsresultat erzielt werden können, das den Schweizer Interessen «voll und ganz dient». Eine Stärke des bilateralen Weges sei es auch, dass dieser sowohl von Gegnern wie Befürwortern eines EU-Beitritts unterstützt werden könne.

Diana Wallis, Präsidentin der Delegation des Europäischen Parlamentes für die Beziehungen zur Schweiz, Island und Norwegen: «Für die Schweiz ist es ein Nachteil, wenn die Nachbarländer ihre Grenzkontrollen verstärken.»

Wichtig für die Schweiz, nicht für die EU

Diana Wallis, Präsidentin der Delegation des Europäischen Parlamentes für die Beziehungen zur Schweiz, Island und Norwegen, bestätigte die Erfahrung von Bundesrätin Calmy-Rey, dass es für die EU nicht entscheidend sei, ob die Schweiz Mitglied von Schengen sei. «Aber für die Schweiz ist es ein Nachteil, wenn die Nachbarländer ihre Grenzkontrollen verstärken.»

Banken stehen hinter den Bilateralen

Überzeugt von Schengen/Dublin und den Bilateralen II zeigten sich auch zwei Vertreter der Schweizer Wirtschaft. Jean-Marc Felix, Mitglied der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) erläuterte, dass für die Banken insbesondere die Dossiers Zinsbesteuerung, Betrugsbekämpfung und Schengen/Dublin von Bedeutung seien. Von besonderer Bedeutung für die Banken ist die völkerrechtliche Verankerung des Bankgeheimnisses.

«Eintracht mit den Nachbarn ist ein Vermögen wert», meinte Felix mit einem chinesischen Zitat und betonte, dass die Banken alle Vorlagen der Bilateralen II wie auch die im September zur Abstimmung gelangende Erweiterung der Personenfreizügigkeit befürworten.

Zollfrei für das Fertigfondue

Für Franz Urs Schmid, Co-Geschäftsführer der Föderation Schweizerischer Nahrungsmittel-Industrien (fial) ist insbesondere das Abkommen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse von Bedeutung. Es werde für seine Branche klare Wettbewerbsvorteile bringen, indem Produkte künftig zollfrei werden exportiert werden können. Nicht unbedeutend, wenn man bedenke, dass «jedes zweite Fertigfondue ins Ausland reist».

Viel Überzeugungsarbeit hatten die Referentinnen und Referenten im Hinblick auf den 5. Juni allerdings kaum leisten müssen. Die anschliessende Gelegenheit für kritische Fragen wurde kaum genutzt.