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unipublic: Sie sind seit 1989 beim Kanton tätig und wechseln jetzt zum CCRS, einem assoziierten Universitätsinstitut. Sind Sie nach all den Jahren in der Verwaltung überhaupt qualifiziert, ein Institut zu leiten, das zusätzlich noch Forschung betreibt?
Hans-Peter Burkhard: Ich bringe sicher nicht eine Kernkompetenz in akademischer Forschung mit. Für die Leitung des Instituts braucht es jedoch in erster Linie Forschungsmanagement-Kompetenzen und Fähigkeiten, den Austausch zwischen Wirtschaft und Hochschule zu fördern. Das bringe ich mit.
Sie haben letztes Jahr ihre Stelle im Departement von Rita Fuhrer gekündet. Gleichzeitig waren sie damals Präsident des Stiftungsrats des CCRS. Wussten Sie bereits, dass Sie die neue Stelle übernehmen?
Als der erste Direktor, Peter Buomberger, im letzten Jahr zurückgetreten ist, dachte ich zuerst, dass ich als Stiftungspräsident mithelfen werde, die Nachfolge zu finden. Ich habe erst relativ spät entschieden, dass mich das selber auch interessiert – und bin dann im Stiftungsrat in den Ausstand getreten. Der Weggang beim Kanton hat aber auch mit den veränderten Rahmenbedingungen bei der Arbeit unter der neuen Departementsvorsteherin zu tun.
Das CCRS beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit. Wie geht man dort dieses breite Thema an?
Nachhaltigkeit umfasst die Dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Auf der Umweltseite ist man am weitesten bei der Entwicklung. Die Wissenschaft hat eine Vorstellung, was beispielsweise eine Kohlendioxid-Konzentration in der Luft ist, die langfristig verträglich ist. Auch bei rein betriebswirtschaftlichen Aspekten ist man weit: Man weiss, wann eine Unternehmung rentiert. Wo eigentlich eine Lücke besteht, dass ist die langfristige Dimension der Unternehmungsführung. Dazu kommt auch die ganze gesellschaftliche Dimension. Also, wann ist das Wirtschaften gesellschaftsverträglich und wann nicht.
Sie sagen, dass im Bereich Umwelt schon viel bekannt sei. Entscheidend ist doch aber die Umsetzung dieses Wissens. Für ein Unternehmen bleibt es trotz diesem Wissen rentabler, kurzfristig zu denken.
Das ist eben die Frage. Wir sehen jetzt verschiedene Beispiele, die zeigen, dass das kurzfristige Denken absolut nicht langfristig verträglich ist. Etwa wenn sie das Asbestproblem der ABB in den USA anschauen. Es kann ja unter Umständen sogar soweit kommen, dass der Weiterbestand einer Unternehmung gefährdet ist, weil man der Kurzfristigkeit mehr Gewicht gegeben hat als der Langfristigkeit. Das CCRS fokussiert auf den Aspekt Wirtschaft und hier im Moment auf die Rolle der Finanzmärkte und Finanzdienstleistungen. Dahinter steckt der Gedanke, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsprinzipien nicht weiter vorankommt, wenn Nachhaltigkeit ein Thema der Umweltschutzkreise alleine bleibt.
Die Idee dahinter wäre dann, dass durch eine langfristige Ertragssicherung auch Gesellschaft und Umwelt profitieren werden. Ist das zwangsläufig so?
Ich denke, es ist nicht von vornherein klar. Es gibt aber gute Beispiele, die zeigen, dass Unternehmungen dann langfristig erfolgreich sind, wenn sie Nachhaltigkeitsprinzipien beachten. Genau darum geht es ja beim CCRS: aufzuzeigen, dass dieser Zusammenhang besteht. Die Leute sollen nicht mit einem ideologischen Hintergrund überzeugt werden. Knochenharte Forschung soll zeigen, dass es tatsächlich auch so ist. Deshalb ist es wichtig, dass das CCRS an einer Hochschule angesiedelt ist, um eine gewisse Unabhängigkeit und Härte der Auseinandersetzung zu gewährleisten.
Nachhaltigkeit war am Weltwirtschaftsforum in Davos und bei den WEF-Gegnern ein Thema: Welche Position haben sie in diesem Konflikt – sind sie eher ein Kritiker oder Befürworter?
Im Spannungsfeld der Nachhaltigkeit brauchen wir heute Dialogplattformen. Das WEF ist eine wichtige solche Plattform, und es ist zu begrüssen, dass sich Vertreter der Wirtschaft zu diesen Themen treffen. Die Anti-WEF-Aktivitäten zeigen aber auch wunderbar die nötige Auseinandersetzung zwischen dem wirtschaftlichen Optimieren und den ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten. Erfreulich ist, dass es offenbar langsam gelingt, Gefässe zu finden, wo diese Auseinandersetzung produktiv stattfinden kann.