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Die Referentin Anna Katharina Schmid kennt sowohl die Welt der Universität wie auch die Anforderungen der Berufswelt aus langjähriger Erfahrung. Die 41-jährige studierte Psychologin war dreizehn Jahre im internationalen Personalwesen bei Grossbanken tätig. Sie stellt fest: «Der heutige Arbeitsmarkt ist eher von Stellenabbau geprägt, gleichzeitig sind sehr viele gut qualifizierte Personen auf Stellensuche. Es macht die Stellensuche für Studienabgängerinnen und Studienabgänger schwieriger, wenn Firmen und Organisationen auf dem Markt viele Arbeitnehmer finden, die bereits über Berufserfahrung verfügen.»
Welche Stärken und Schwächen sind bei Absolvierenden auf dem Arbeitsmarkt festzustellen? Die Erfahrung zeigt gemäss Schmid: Uni-Absolvierende schicken gute, aussagekräftige Bewerbungen, erscheinen gut vorbereitet zum Interview und treten dabei seriös auf. Sie verfügen allerdings beispielsweise eher über wenig Praxiserfahrung, ein geringes Durchsetzungsvermögen und mangelnde Kreativität.
Dass Fachkompetenz allein nicht genügt, betont auch die Bologna-Reform. Das Studium solle zu einer «Nachhaltigen Arbeitsmarktfähigkeit» führen. Diese umfasst Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz. Mit anderen Worten: Das fachliche Wissen soll zielgerichtet für die Lösung von beruflichen Aufgaben eingesetzt werden können, wobei die Absolvierenden gleichzeitig die eigene Person in die Tätigkeit einbringen und mit sozialen Beziehungen bewusst umgehen können.
Kompetent in allen Fragen und Situationen also sollen sie sein - wird hier vielleicht der Übermensch gesucht? Ist die Universität in der Lage, all diese Fähigkeiten zu vermitteln? Ist es überhaupt ihre Aufgabe? Schmid stellt auf jeden Fall fest: «Die von Arbeitgebern und Universität angestrebten Kompetenzen stimmen überein. Es geht vor allem darum, das erlernte Wissen auch angemessen anwenden zu können.» Dabei sei klar, dass dies nur in der Praxis geübt werden kann: «Die Arbeitsmarktbefähigung kann nur über den Dialog zwischen Universität und Berufswelt gefördert werden.»
Die Möglichkeiten für diesen Dialog seien zahlreich und der Aufwand dazu oft geringer als angenommen: Berufsleute und Personalchefs an die Uni einladen, gezielt Firmen Literatur- oder Forschungsarbeiten anbieten oder gemeinsame Fachtagungen organisieren. Viele Unternehmen und Organisationen bieten Praktika und Teilzeitstellen für Studierende an, führen zum Teil Ausbildungsanlässe durch, nehmen an Absolventenkongressen teil oder ermöglichen Studierenden Besichtigungen - «Nachfragen lohnt sich, wenn ein solches Angebot nicht von sich aus publik gemacht wird».
Eine wichtige Ressource sind gemäss Schmid im Kontakt zwischen Universität und Beruf auch die Studierenden selber. Diese könnten im Rahmen von universitären Veranstaltungen über ihre ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt berichten - auch ehemalige Studierende können zum selben Zweck eingeladen werden. Vor allem aber sei es wichtig, dass an den Universitäten die Berufswelt überhaupt zum Thema gemacht werde. Für Dozierende und Studierende lohne sich auch der Besuch von Homepages potenzieller Arbeitgeber: «Dort werden die Firmen, Berufsfelder und gesuchten Kompetenzen oft detailliert beschrieben und teilweise sogar psychometrische Tests für die eigenen Interessen und Stärken/Schwächen angeboten.»
Herausgefordert bei der Entwicklung der gefragten Kompetenzen istauch die Hochschuldidaktik. Dr. Peter Tremp, Leiter der Hochschuldidaktik an der Universität Zürich, erklärt auf Anfrage: «Nicht zuletzt die Bologna-Reform und die Entstehung der Fachhochschulen haben dazu geführt, dass die Universitäten ihr Selbstverständnis erneut definieren müssen.» Der Unterricht werde durch Bologna in Zukunft vermehrt auf Lernziele ausgerichtet sein. Das Studium werde deutlicher «komponiert» sein bezüglich der Frage, welches die jeweils geeigneten Lehrformen sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen.
Problemorientierte Lernumgebungen beispielsweise bieten dabei auch die Gelegenheit, Probleme von ausserhalb der Universität zu bearbeiten. Aber auch mit der klassischen Vorlesung können gemäss Tremp viele Lernziele erreicht und Kompetenzen gefördert werden. Aufgabe der Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik sei es, den Dozierenden bei der Gestaltung des Unterrichts Unterstützung anzubieten.
Gemäss Tremp werden auch die Übergänge zwischen Universität und Berufswelt in Zukunft vielfältiger werden, etwa durch die Aufteilung in Bachelor und Master. Ein Beispiel für einen noch eher ungewohnten Wechsel zwischen Hochschule und Berufswelt ist auch die Referentin Anna Katharina Schmid. Sie hat sich nach ihrer Tätigkeit im Personalwesen entschieden, an der Abteilung für Sozialpsychologie der Universität Zürich und dem Institut für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH als Projektleiterin eines Nationalfonds-Projektes eine Dissertation zu schreiben.