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Das Internet breitet sich als Kommunikationsmittel in unserem Alltag mehr und mehr aus. Aber auch die damit verbundenen Möglichkeiten der Sammlung, Speicherung und Verwertung von Daten entwickeln sich entsprechend weiter. Die Konferenz «General Online Research 2005» (G.O.R.05), welche am 22. und 23. März an der Universität Zürich stattfindet, widmet sich diesen Entwicklungen mit einer grossen Themenvielfalt. Im Zentrum der diesjährigen G.O.R. stehen so unterschiedliche Bereiche wie interaktive Markt- und Sozialforschung, Online-Gemeinschaften und soziale Netzwerke, Internet und Führung, Data Mining, e-Commerce, e-Learning, Online-Forschung, Evaluation von Websites und e-Demokratie. Im Vorfeld der Konferenz fanden am 21. März Pre-Conference-Workshops statt, bei welchen die Teilnehmer in verschiedene Gebiete der Verwendung des Internet als Forschungs-Tool eingeführt werden.
Einen ersten Einblick in einen interessanten Aspekt gab Andreas Weigend in seinem einführenden Keynote Vortrag am Dienstag zum Thema «People&Data». Weigend, Experimentalphysiker und ehemaliger Chef-Wissenschaftler beim Onlinebuchladen Amazon.com, stellte seine Sicht auf die Internetforschung dar. Dabei wurde deutlich, warum das Internet als interaktives Meduim gilt: Information fliesst nämlich in beiden Richtungen. Nicht nur rufen die Kunden der Internetfirmen Information über die angebotenen Waren auf, die Firmen registrieren auch alle Bewegungen ihrer Kunden auf den Angebots-Websites, bis hin zu jedem einzelnen eingegebenen Suchwort oder Mausklick. So entstehen riesige Datenmengen, die von den Firmen dazu verwendet werden, mehr über die Vorlieben ihrer Kunden zu erfahren, auch wenn diese zunächst gar nichts kaufen.
Weigend nennt das ironisch «Aal», kurz für «Andere arbeiten lassen», und spielt damit auf die Arbeit an, die wir Internet-User uns machen, um die Firmen mit wertvoller Marketing-Information zu versorgen. Weigend gibt zu, dass dieses Vorgehen aus Sicht des Datenschutzes prolematisch sein könne. So seietwa erst kürzlich einer Frau die Einreise in die USA verweigert worden, weil ihre Amazon-Wunschliste Bücher enthielt, die von den amerikanischen Behörden als bedenklich eingestuft waren (man fragt sich nebenbei, wie die US-Behörden zu diesen Informationen kamen). Fest steht für ihn, dass Internetfirmen in Zukunft auf solche Privacy-Aspekte vermehrt achten müssen. Auf die Frage, was die Firmen denn schon heute unternehmen würden, um beispielsweise die Kunden von der möglichen Verwendung ihrer persönlichen Daten zu informieren, meinte Weigend, er könne dazu derzeit nichts sagen, da das vertrauliche firmeninterne Information seien.
Die jährliche G.O.R.-Konferenz findet in diesem Jahr erstmals in Zürich statt. Sie wird seit 1997 durch die Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung (D.G.O.F.) organisiert. «Zwar hat die G.O.R. in Deutschland als Pionierprojekt begonnen, wir haben aber schon damals die Internationalisierung gefördert», sagt Privatdozent Dr. Ulf-Dietrich Reips, Oberassistent in der Sozial- und Wirtschaftspsychologie am Psychologischen Institut der Universität Zürich und Mitorganisator der G.O.R.05. Als Gründungsmitglied der D.G.O.F. war er von Anfang an dabei. «Wir hatten noch nie so viele Anmeldungen wie heuer», freut sich Reips. «An der diesjährigen G.O.R. wird es mehr als 150 Präsentationen in Form von Vorträgen und Postern geben, und die Beitragseinreichungen kommen mittlerweile aus 26 Ländern.»
Etwa je die Hälfte der G.O.R.-Teilnehmer sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die andere Hälfte kommt aus der Wirtschaft, und da vor allem aus der Marktforschung. Aber nicht nur der wirtschaftliche Aspekt der Internetforschung wird an der G.O.R.05 Beachtung finden. Auch für die Durchführung wissenschaftlicher Experimente wird das Internet immer wichtiger. Ulf-Dietrich Reips‘ Forschungsgebiet sind psychologische Experimente, die Vesuchspersonen über das Internet absolvieren können. Reips arbeitet seit 1995 an solchen Web-Versuchen und hat sich mit dieser Arbeit letztes Jahr habilitiert. Er leitet heute das Web-Labor für Psychologie am Psychologischen Institut der Universität Zürich.