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Seit Monaten sei man auf die Eröffnung gespannt gewesen, sagte Prof. Ulrich Schnyder als Direktor der Psychiatrischen Poliklinik zur Begrüssung. Das neue Wissenszentrum habe Pioniercharakter und zeuge von einem neuen Umgang mit Wissen. Schnyder konnte dies sogar mit Zahlen belegen: 80% der Bücher der alten Bibliothek seien entsorgt und 80% der abonnierten Zeitschriften abbestellt worden.
Dabei war zuerst nur eine Reorganisation der Bibliothek geplant gewesen, berichtete Ursula Schwager, extern zugezogene Projektleiterin für das Wissenszentrum. Die eingesetzte Arbeitsgruppe habe dann aber eine «Aufräumaktion» vorgeschlagen und die Klinikleitung habe dem zugestimmt. Mit dem neu eröffneten Zentrum bewege man sich in die Richtung einer «lernenden Organisation». Gefragt sei heute nämlich weniger der Besitz als vielmehr das offene Erwerben und Austauschen von Wissen.
Räumlich besteht das neue Wissenszentrum gemäss Schwager aus einer «dreiteiligen Einheit». Das «Forum» mit der Mediothek dient als Treffpunkt und Ort für Veranstaltungen. Angeboten werden dort wie bisher auch Fachliteratur und gewisse gedruckte Zeitschriften. «Die Auswahl wird Ihnen vielleicht erstaunlich klein vorkommen. Sie hat keinen Archivanspruch mehr, sondern soll aktuell und relevant sein», so Schwager.
Im Raum «Silentium» bieten drei Online-Arbeitsplätze Zugang zu den universitären Bibliothekskatalogen der Schweiz, zu Datenbanken und über 7000 elektronischen Zeitschriften. Dieser Raum soll der ruhigen Recherche dienen. Das «Refugium» schliesslich besteht aus dem individuellen Büro. Dabei ist allerdings nicht nur an das Büro der Mitarbeitenden der Psychiatrischen Poliklinik zu denken. Das Wissenszentrum hat gemäss Koordinatorin Dr. Anja Spindler neu nämlich eine zweite Zielgruppe: externe Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie und Therapie. Diese können eine Mitgliedschaft erwerben, welche zur Nutzung der Räumlichkeiten und Angebote berechtigt (einmalige Anmeldegebühr: 100Fr. - jährliche Gebühr 40Fr.).
Gerade mit diesen Fachleuten will man in Zukunft vermehrt den offenen Austausch von Wissen suchen. PD Dr. Stefan Büchi, leitender Arzt an der Poliklinik: «Unsere Institution deckt nur ein kleines Stück in der Behandlungskette ab. Persönliche Kontakte mit anderen Leistungserbringern wie niedergelassenen Psychiatern und Kliniken sind deshalb sehr wichtig». Die auf den Geschichten einzelner Patienten beruhende «narrative based medicine» dürfe nämlich neben der an repräsentativen Studien orientierten «evidence based medicine» nicht vergessen werden.
Damit das Wissenszentrum zu einem Ort der Begegnung und des Austausches werden kann, sei es wichtig, dass man sich in seinen Räumen wohlfühle, betonte Projektleiterin Schwager. Nicht zuletzt ein guter Kaffee trage dazu bei, wurde im Hinblick auf die Kaffeemaschine im «Forum» als Beispiel erwähnt.
Dass solche kulturellen Faktoren im Wissensmanagement nicht vernachlässigt werden dürfen, diese Ansicht vertrat auch Tom Sensky, Professor für psychologische Medizin am Imperial College in London. Er war als befreundeter Forscher der Poliklinik zur Eröffnung eingeladen und hielt einen Vortrag über «Knowledge Management».
Wie eine Organisation mit ihrem Wissen umgehe, könne sie zum Beispiel an folgender Frage testen: Angenommen, Mitarbeiter X fällt aus - ist die Organisation noch funktionsfähig? Oder war sein Wissen an die Person gebunden? Eine grosse Herausforderung im Wissensmanagement bestehe nämlich darin, Erfahrungswissen in explizites und damit auch für andere Personen nutzbares Wissen umzuwandeln.
Dem neuen Wissenszentrum werden die Lernfelder voraussichtlich nicht ausgehen. Koordinatorin Spindler sieht für die nahe Zukunft insbesondere deren zwei: Erfahrungen zu sammeln mit dem Konzept der externen Mitgliedschaft und das Veranstaltungsangebot zu entwickeln.