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Man sei heute in der glücklichen Lage, dass kaum mehr jemand den Nutzen von E-Learning anzweifle, stellte in der Begrüssung PD Dr. Christian Sengstag, Leiter des Network for Eucational Technology (NET) fest. Die Frage, die sich heute stelle, laute: Wie können wir mit begrenzten Ressourcen beim E-Learning den maximalen Nutzen für die Studierenden herausholen?
Dass die Studierenden E-Learning als nützlich erachten, hatte eine Umfrage in drei Fakultäten der Universität Zürich gezeigt. Eine Mehrheit der Befragten war allerdings auch der Ansicht, E-Learning solle nicht dazu dienen, den Anteil an herkömmlichen Vorlesungen zu reduzieren. Prof. Ulrich Klöti, Prorektor Lehre der Universität Zürich, meinte unter anderem mit Blick auf die Umsetzung der Bologna-Reform: «Es gibt viel zu tun, unterstützen wird es mit E-Learning.»
Seitens der ETH Zürich informierte Prof. Bernhard Plattner als Programmdirektor ETH World, dass derzeit eine ICT-Strategie erarbeitet werde. Ein Entwurf soll ab Dezember in eine breite Vernehmlassung gehen (auch im Internet bei ETH World) und im Frühjahr 2005 durch die Schulleitung verabschiedet werden.
Wie E-Learning bereits heute in der Praxis aussehen kann, davon berichtete Prof. Rolf Pfeifer vom Institut für Informatik der Universität Zürich. Er hatte im Wintersemester 03/04 die «Tokyo lectures» gehalten, eine Vorlesung über Künstliche Intelligenz aus Tokyo in der Form einer Videokonferenz mit Teilnehmenden unter anderem in Zürich, Saudiarabien und Polen gehalten. Die Interaktivität sei zwar erstaunlich gut gewesen, aber doch deutlich geringer als bei Lernformen mit räumlicher Präsenz. Es brauche mehrGrundlagenforschung über solche Technologien, so Pfeifer. Eine nächste derartigeVeranstaltung wird in einem der kommenden Semester stattfinden.
Prof. Nicola Döring, Medienpsychologin an der Technischen Universität Ilmenau (D) berichtete in ihrem Referat über Methoden, um E-Learning «emotional aufzuwerten». Bei den am MIT entwickelten «Affective Computing-Anwendungen» beispielsweise erkennt ein «emotional intelligentes Computersystem» die Emotionen des Nutzers und reagiert darauf. Mittels Kamera wird die Mimik und über eine plastische Maus der Händedruck erfasst, um daraus auf emotionale Zustände zu schliessen. Zukunftsmusik, die derzeit allerdings erst im Labor stattfindet.
Radikaler als seine Vorredner wagte Prof. Hermann Maurer, Direktor des Institute for Information Systems and Computer Media (IICM) an der Technischen Universität Graz (A) den Blick in die Zukunft. Er ging der Frage nach, wie der PC im Jahre 2012 aussehen wird. Seine Antwort: Schluss mit Harddisk, Bildschirm und Tastatur. Stattdessen erwarte uns ein kreditkartengrosser Chip im Terabite-Bereich, der in der Jackentasche verstaut wird. Der Chip kommuniziert drahtlos mit dem restlichen Zubehör, welches am menschlichen Körper verteilt ist.
Da wäre zum Beispiel die Brille mit eingebautem Lautsprecher beim Ohr, einer Kamera zur Aufzeichnung von allem, was der Mensch sieht und ein Minispiegel im Brillenglas, von wo aus die vom Chip gelieferten Informationen direkt auf die Netzhaut projiziert werden. Ein auf dem Kehlkopf platziertes Mikrophon dient der Spracheingabe, ein Kopfband werde die Gehirnaktivität messen und die Dateneingabe mittels Gedanken ermöglichen.
All dies werde zur Folge haben, dass Informationen jederzeit verfügbar sind, etwa beim Urlaub in Griechenland: Griechischlernen wird unnötig sein, denn ich spreche meinen Satz auf Deutsch, das Mikrophon leitet ihn zum Chip, wo er mittels Sprachprogramm übersetzt und durch den Lautsprecher auf Griechisch ausgegeben wird.
«Ich erzähle Ihnen hier nicht, was ich mir wünsche, sondern wie es vermutlich sein wird, auch wenn ich diese Entwicklung zum Teil als gefährlich erachte», so Maurer. Wenn wir uns derart auf externe Hilfe verlassen, werde nämlich das Gehirn «entleert». Es könne daher nicht einfach darum gehen, E-Learning-Programme noch ein bisschen besser zu machen, sondern es stelle sich die Grundsatzfrage: Welches Wissen und Lernen ist überhaupt noch notwendig, wenn in Zukunft alles jederzeit abrufbar sein wird? Es sei dringend nötig, dass die Forschung Antworten auf diese Frage finde.