Navigation auf uzh.ch
Für einmal gingen die Blicke nicht nach vorne zur prominenten Rednerin, sondern nach oben, als Baudirektorin Dorothée Fierz zu ihrer Ansprache ansetzte. «Diese Kuppel ist wohl das eleganteste Dach Zürichs und sie setzt der Bibliothek – selbst ein architektonisches Highlight – die Krone auf», lobte die Regierungsrätin Santiago Calatravas neuen, imposanten Bibliotheksbau an der Rämistrasse 74. Zahlreiche geladenen Gäste aus Politik und Wissenschaft wohnten am Freitagabend der offiziellen Einweihung von «Hofeinbau und Aufstockung» bei, wie die Gebäudeerweiterung nüchterner auf der Einladungskarte der Baudirektion und der Bildungsdirektion heisst.
Ziel des Projekts war es, die bisher an bis zu zwölf verschiedenen Standorten untergebrachten Bereiche der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich unter einem Dach zusammenzuführen. Dank der Neubauten konnte die Nutzfläche für die Juristen um beinahe 5000 auf insgesamt über 25'000 Quadratmeter erweitert werden. Fünf Kilometer Bücherregale, Arbeitsplätze für 500 Studierende, 27 Lehrstühle, 120 Assistierende und 30 Verwaltungsangestellte, Zentren für rechtsgeschichtliche Forschung und für Rechtssetzungslehre sowie das Kriminologische Institut konnten darin untergebracht werden.
«Ich bin begeistert von diesem Bau», fuhr Regierungsrätin Fierz fort. Sie verwies auf den römischen Bauherrn Vitruv und seine drei Grundsätze, die bis heute als Massstab für gute Architektur gelten: «Firmitas: Stabil und dauerhaft soll ein Gebäude sein. Utilitas: Zweckmässig und nützlich muss es sein. Und Venustas: schön soll es auch sein. Der Bibliotheksbau erfüllt all diese vitruvschen Anforderungen.» Am Ende ihrer Rede übergab die Baudirektorin der Bildungsdirektorin Regine Aeppli symbolisch den Bau.
Aeppli, eine Alumna der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, zeigte sich besonders zufrieden, dass die Volksvertretung dem Bau die volle Zustimmung gegeben hatte. Mit 124 zu null hatte der Kantonsrat dem Baukredit im März 1999 zugestimmt. Obwohl man hierzulande oft neidisch nach Übersee blicke, wo grosszügige Gönner und Sponsoren solche Bauwerke bisweilen finanzierten, sei es doch weitaus befriedigender, das gesamte Volk im Rücken zu haben.
Rektor Hans Weder freute sich, dass mit den Erweiterungsbauten nun endlich mehr Platz für die Rechtswissenschaftliche Fakultät zur Verfügung stehe. «Die Zürcher Jus-Studenten mussten während langer Zeit mit den ungünstigsten Verhältnissen der ganzen Schweiz Vorlieb nehmen», so der Rektor. «Verfügte man früher über zwei Quadratmeter pro Student, so sind es heute deren drei – damit sind wir dem Schweizer Durchschnitt von vier Quadratmetern schon einen grossen Schritt näher gerückt.»
Mit Santiago Calatrava trat schliesslich der Macher selbst ans Rednerpult. Der Stararchitekt hatte sein Handwerk Ende der Siebzigerjahre in Zürich gelernt – und zur Rechtswissenschaftlichen Fakultät hat er eine ganz besondere Beziehung: Als junger Bauingenieurstudent lernte er dort seine Frau kennen. Man sei von dort, wo man die Universität absolviert habe, unterstrich Calatrava sein Bekenntnis zur Limmatstadt und ihren Hochschulen. Er zitierte in der Folge Jorge Luis Borges mit dem Wort: «Ich stelle mir den Himmel vor wie eine Bibliothek.» Der Architekt mochte diesen Ausspruch vor Augen gehabt haben, als er sich an den Bauentwurf machte.