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Ranking

Dem Unausweichlichen ins Auge blicken

Rankings von Hochschulen entspringen vorderhand einem ökonomischen Denken: Mittels verschiedener Indikatoren wird die Qualität einer Hochschule erfasst und soll so mit anderen vergleichbar gemacht werden. Als Steigbügelhalter treten oft die Medien in Erscheinung. Wie sollen sich dazu die Hochschulen verhalten? Eine Diskussion am Donnerstagabend in der Universität Zürich.
Sabine Witt

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Die universitären Bildungsanstalten sind im Dilemma: Sie wissen, dass ihre Komplexität sich nicht in Zahlen ausdrücken lässt und müssen sich dennoch mit der real-grassierenden Ranking-Manie arrangieren. Zum Thema der in den letzten Jahren aufgekommenen Bewertung von Hochschulen nach Ranglisten führte die Kommission für Interdisziplinäre Veranstaltungen KIV am 25. Juni die Abschlussdiskussion der Reihe «Was ist das – die Hochschule?» durch. Unter der gleichsam eloquenten wie auch unterhaltsamen Moderation von Philosophieprofessor Georg Kohler präsentierten die drei Diskussionsteilnehmer/innen Prorektor Forschung Alexander Borbély, Physikprofessor Hans Rudolf Ott (ETHZ) und Madeleine von Holzen (swissUp, Genf) ihre unterschiedlichen Haltungen zum Hochschulranking.

Philosophieprofessor Georg Kohler moderierte die Diskussion.

Klagen ist sinnlos

Der Abend stand unter dem Titel «Rankings oder: Die Diktatur der Meinung. Die Universität in der Mediengesellschaft». Georg Kohler provozierte mit seiner Einführung die Hauptdiskussion des Abends. Rankings erlauben, so der Philosoph, eine Vereinfachung und einen schnellen Informationstransport. Deshalb würden Medien derart aufbereitete Daten lieben. Da wir in einer Mediengesellschaft leben und Rankings darin eine Realität seien, habe es keinen Sinn sich darüber zu beklagen.

Physikprofessor Hans Rudolf Ott, ETH Zürich.

Erbsenzählen unter unfairen Bedingungen

Dem widersprach der Physiker Ott in seinem Votum heftig. Man solle dem Druck der Medien nicht einfach nachgeben, sondern Widerstand leisten. Er wies auf die Mängel von Rankings hin: «Die Qualität ist fürchterlich. Sie sind rein auf den Verkauf von Zeitschriften angelegt.» Er bezweifelte, ob Rankings die richtigen Kriterien bieten, nach denen knappere Haushaltsmittel verteilt werden können. Für ihn sind Rankings «reines Erbsenzählen», das Leute durchführen, die nichts vom Gebiet verstehen.

Abgesehen von dieser Polemik brachte Ott aber auch noch ein Beispiel, mit dem er vor allem auf das Problem der unterschiedlichen Hochschulkulturen verwies. In Rankings werden normalerweise öffentliche und private Hochschulen in einen Topf geworfen. So liegen nach Forschungsleistung oft private amerikanische Universitäten an der Spitze. Diese betreiben ihre Forschung aber mit selektierten Doktoratsstudierenden und bilden keine Undergraduates aus. Der Vergleich mit europäischen Universitäten, die auch eine Grundausbildung gewährleisten, sei somit unfair. Umso mehr erstaunt, wie gut, trotz der ungleichen Ausgangsbedingungen, europäische Universitäten dabei mithalten können.

Professor Alexander Borbély stellte neben einem Arbeitspapier des Deutschen Wissenschaftrates über die Leistungskriterien von Rankings zwei Internationale Ranglisten vor. «Essential Science Indications» vergleicht die Häufigkeit von Zitationen in den Zeitschriften «Science» und «Nature» (1993–2003). Danach führt die Schweiz, alle Wissensgebiete zusammengenommen, die Rangliste vor den USA an. Borbély stellte seine eigene Analyse desselben Datenmaterials mit dem Fokus auf Life Sciences vor. Darin schneidet die Universität Zürich gegenüber den übrigen Schweizer Hochschulen und Universitäten am besten ab, was aber auch an der starken medizinischen Forschung liege, über die eine ETH zum Beispiel nicht verfügt, wie Borbély einräumte.

Prorektor Forschung Alexander Borbély, Universität Zürich.

Umfassende Ranglisten unmöglich

Die Schwächen des Hochschulvergleichs demonstrierte Borbély an der so genannten Shanghai-Studie von 2003. Darin wurden weltweit 2000 Hochschulen verglichen. Auf den ersten 19 Rängen lagen dabei amerikanische Hochschulen, auf Platz 25 kam als eine europäische Spitzenhochschule die ETH Zürich; die Universität Zürich nimmt immerhin den beachtlichen 45. Platz ein. Prorektor Borbély lobte an dieser Studie, dass sie auf klar definierten Kriterien basiert und auch ihre Datenbanken und Quellen offenlegt. Einschränkend nannte er die starke Gewichtung der Naturwissenschaften und Biomedizin mit der entsprechenden Vernachlässigung der Geistes- und Sozialwissenschaften. Letztlich, kritisierte Borbély, seien auch hier die Indikatoren willkürlich gewählt. Er kam zu dem Schluss, dass eine umfassende Rangliste nicht möglich ist: «Wenn man schon Ranglisten aufstellt, muss man die Adressaten, den Sinn und das Ziel klar definieren.» Eine Alternative könnte jedoch das «Evidence-based peer reviewing» sein; dabei evaluieren Experten auf Daten basierend die Hochschulen.

Madeleine von Holzen, swissUp.

Jedem sein eigenes Ranking

Ein Ranking aus einer ganz anderen Perspektive stellt «swissUp» dar. Es basiert auf Befragungen von Studierenden, wie sie die Qualität ihrer Hochschule beurteilen. Dadurch fokussiert swissUp vor allem die Lehre und weniger die Forschung. Madeleine von Holzen stellte das swissUp-Tool vor: «Es soll vor allemein Instrument für angehende Studierende sein, mit dem sie sich eine Hochschule in der Schweiz auswählen können.» SwissUp funktioniert in Anlehnung an ein deutsches Modell im Kern so, dass sich jeder auf der Website sein eigenes Ranking mit 19 Indikatoren, die auf einen Studiengang angewendet werden, zusammenstellt. Es gebe also viele Rankings und nicht ein einziges Globalranking.

Den Kinderschuhen entstiegen

Auch von Holzen beteiligte sich an der Medienschelte. In einem «Facts»-Artikel seien Daten derart ausgewählt und interpretiert worden, dass der Bericht ein schlechtes Licht auf swissUp geworfen habe, obwohl sie seriös arbeiteten.

Nach drei Jahren ist swissUp inzwischen den Kinderschuhen entstiegen. In der jetzigen zweiten Phase arbeitet die Institution neu mit den Universitäten zusammen. SwissUp wird auf Entscheidung der Hochschulrektorenkonferenz (CRUS) an einem Projekt für ein europäisches Ranking teilnehmen. Es soll ab dem Jahr 2005 den Vergleich der Disziplinen Wirtschaft und Rechtswissenschaften an den Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz ermöglichen. Das grundlegende Prinzip, kein Globalranking vorzunehmen, werde beibehalten. SwissUp selber wird am 30. Juni von einer privaten AG in eine Stiftung umgewandelt, die dann auch staatliche Mittel erhält.

ETH-Professor Ott bezweifelte den Nutzen des swissUp-Rankings. An der ETH seien die Maturand/innentage ein viel effizienteres Mittel, um Studierende zu rekrutieren, weil es hier zu persönlichen Begegnungen komme. Dem widersprach von Holzen nicht, sondern betonte, dass swissUp ein zusätzliches Informationsmittel sei, zumal es per Internet viel weiter reiche.

Im Schlussvotum wies Borbély mit einem fatalistischen Unterton auf die Unausweichlichkeit der Rankings hin, dass man auf die Grenzen des Rankings achten und sie eben so gut wie möglich machen müsse. Und Hans Rudolf Ott sprengte noch einmaldas Korsett der Diskussion, indem er die neue Maturitätsregelung kritisierte. Der Graben zwischen Gymnasium und Hochschule würde sich so nur verbreitern. DieQualität von Ausbildung und Forschung in der Zukunft hänge nicht zuletzt davon ab, wie gut vorbereitet die Jungen an die Hochschulen kommen.

Sabine Witt ist Journalistin.

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