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Es ist Mittwoch, punkt fünf Uhr abends. Das Auditorium Maximum der Universität Irchel ist bereits zu zwei Dritteln gefüllt. Auf dem Programm steht die Vorlesung «Blitz und Donner: Wie entsteht das Wetter?». Die Projektionsleinwände über dem Rednerpult zeigeneine Computeranimation, bestehend aus aufeinander folgenden Icons mit durchgestrichenen Hamburgern, Limonadegläsern und mit Handy telefonierenden Strichmännchen; Essen, Trinken und Telefonieren ist also auch für Kinder nicht erlaubt.
Professor Jürg Osterwalder hat für seinen Vortrag eine Reihe von aufwändigen physikalischen Schauexperimenten aufgebaut. Zu sehen sind Metallkugeln in verschiedenen Grössen, Wasserbehälter, Stative, Messgeräte, Schläuche und Kabel. Der junge Herr Professor meint, er sei schon gespannt, wie es laufen werde.
Nach und nach füllen Kinder zwischen acht und zwölf Jahren die noch leeren Bänke des Auditoriums. Sie sind die Glücklichen, die eine der raren Kinder-Legis ergattern konnten, welche den Besuch der Ringvorlesung ermöglichen. Um Viertel nach fünf, mit der obligaten akademischen Viertelstunde Verspätung also, ist der Saal voll. Abgesehen von uns Journalisten, welche die hinterste Bankreihe zugewiesen erhalten, sieht man keine Erwachsenen im Hörsaal.
Sabine Salis-Gross, die Initiatorin und Projektleiterin der Kinder-Universität, schreitet vom oberen Ende des Saals zum Rednerpult und begrüsst die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer. Die Kinder sehen sie erst nicht und blicken suchend herum, doch dann hören sie ihr aufmerksam zu. In der Reihe vor mir hat ein Junge die noch leere Seite seines Notizblocks in schönen Druckbuchstaben mit dem Titel des Vortrags und dem heutigen Datum überschrieben.
Nach der Begrüssung beginnt Professor Osterwalder seine Ausführungen. Wir hören von den physikalischen Eigenschaften von Gasen. Anschaulich wird das mit Luftballons, die mit unterschiedlichen Gasen abgefüllt werden, gezeigt: Mit eigenen Augen können wir das unterschiedliche Gewicht an einer Waage ablesen. Als der mit Helium gefüllte Ballon zur Decke schwebt, statt auf der Waage liegen zu bleiben, bricht der Saal in helles Lachen aus. Helium ist also leichter als Luft. Auf dem Notizbuch des Jungen vor mir, das bis jetzt mit Ausnahme der Überschrift leer geblieben war, stehen jetzt zwei Zahlen: 4,1 und 9,9. So schwer waren die ersten beiden Ballons, in Gramm.
Anschliessend erfahren wir, wie Hoch- und Tiefdruckgebiete auf der Erde entstehen, und dass Wind, der von Hochs zu Tiefs weht, durch die Erddrehung spiralförmig abgelenkt wird. Durch Schläge auf die Rückwand eines hölzernen, mit Rauch gefüllten Kastens erzeugt Professor Osterwalder Rauchringe. Rauchringe sind Luftwirbel, genauso wie Hochs und Tiefs, und sie können wie diese lange Strecken zurücklegen. Die Ringe flitzen quer durch den Saal und pusten eine in einiger Entfernung aufgebaute Kerze aus. Applaus und Jubel im Saal. Zum Schluss des Vortrags sehen wir noch einen Versuch, bei dem durch statische Elektrizität kleine Blitze zwischen zwei Metallkugeln zucken.
Nach dem Schlussapplaus fordert Frau Salis-Gross die Kinder dazu auf, noch kurz sitzen zu bleiben. Sie kündigt an, dass jedes Kind beim Verlassen des Saals ein Kuvert mit einem Namen und einem Passwort erhaltenwerde. Damit bittet sie, einen im Internet vorbereiteten Fragebogen auszufüllen. Diese Rückmeldungen seien für sie sehr wertvoll. Den Jungen vor mir hält es aber nicht mehr auf seinem Sitz. Er hat seinen Notizblock bereits eingepackt und meint, er fand den Vortrag «scho no guet». Eigentlich sei es nicht viel anders als in der Schule gewesen, die vielen Experimente hätten ihm aber gut gefallen. Ähnliches sagen auch andere Kinder. An den Ausgängen des Auditorium maximum werden sie jetzt von ihren draussen wartenden Eltern abgeholt. Vorn, vor dem Pult des Dozenten, bildet sich eine kleine Traube aus Kindern, die dem Professor noch Fragen stellen möchten. Manche nutzen die Gelegenheit, den einen oder anderen Versuch auch selbst auszuprobieren, natürlich assistiert von Professor Osterwalder.
Die erste Vorlesung der Kinder-Universität stellt sich als Erfolg heraus. In den Gesichtern der an der Organisation beteiligten Damen und Herren liest man Erleichterung und Freude. Professor Osterwalder muss Autogramme geben, Organisatorin Salis-Gross gewährt einer Journalistin von Radio NRJ ein Interview: Sie sei glücklich und dankbar, dass es gut gelaufen sei. Und hoffentlich würden viele Kinder die Fragebögen im Internet ausfüllen, damit sie anhand der Rückmeldungen die Kinder-Universität in Zukunft nochbesser gestalten könnten. Die Antworten werden nach Ende der Vorlesungsreihe durch eine Gruppe am Pädagogischen Institut ausgewertet.
Der Wunsch der Organisatorin geht schneller als erwartet in Erfüllung: Nach einer Stunde haben bereits 30 Kinder den von der unicommunication erstellten Fragebogen ausgefüllt. Um 22 Uhr abends waren es schliesslich 130 Rückmeldungen: So gut wie alle sind begeistert.