Navigation auf uzh.ch
Zürich feiert dieses Jahr das 100-jährige Jubiläum der Gründung des ersten betriebswirtschaftlichen Lehrstuhls an einer Universität im deutschsprachigen Raum. Deshalb beherbergt Zürich erstmals seit 1980 wieder die «Pfingsttagung», wie sich die traditionelle Jahresversammlung der deutschsprachigen BWL-Professoren nennt. Zum ersten Mal tagten die Dozenten für Betriebswirtschaftslehre in Leipzig. Das war an Pfingsten 1914. Heute zählt der Verband weit über tausend Mitglieder, darunter neben den Professoren auch Nachwuchswissenschaftler. In den letzten Jahren hat sich der Verband international stark vernetzt; er war an der Gründung der «International Federation of Academics of Management» mitbeteiligt, der er heute angehört.
Das wissenschaftliche Programm der diesjährigen Tagung umfasst die Rekordzahl von 74 Vorträgen. Das hochkarätige Podiumsgespräch zum Tagungsthema «Economics, Management and Corporate Gouvernance» leitete NZZ-Wirtschaftsredaktor Gerhard Schwarz. Und bald hatte er das Gespräch auf jene heisse Frage gelenkt, welche die Öffentlichkeit in den letzten Monaten so sehr bewegt hat: Verdienen Manager zuviel?
Fast alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig: die Professoren Herbert Hax (Köln, Wien), Stefan J. Reichenstein (Stanford), Edward P. Lazear (Stanford) und Peter Athanas, ab 1. Juli Verwaltungsratspräsident des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst&Young/Schweiz, fanden: Die «populäre Presse» fokussiere viel zu stark auf die Lohn-Explosion der letzten Jahre. «Es gibt kein ethisches Limit für die Manager-Entschädigung», meinte etwa Peter Athanas. Die Stanford-Stars Edward P. Lazear und Stefan J. Reichelstein wiesen darauf hin, dass der längerfristige Erfolg eines Managers in der Gegenwart jeweils nicht absehbar sei und deshalb eine leistungsangepasste Entlöhnung in der Praxis kaum machbar sei. Und Herbert Hax fragte rhetorisch: «Wer bestimmt denn, was überbezahlt heisst? Ist zum Beispiel Michael Jackson überbezahlt?»
Dagegen hatte einzig Professor Bruno S. Frey (Zürich) etwas einzuwenden: Bei Künstlern sei es allein ihre Leistung, die honoriert werde. Managerlöhne beruhten dagegen auf einem Trugbild: Sie seien so bemessen, als würden CEOs die ganze Arbeit einer Firma allein verrichten, als seien nur sie für Erfolge verantwortlich. Man motiviere Manager, von denen man eine hohe Identifikation mit der Firma verlangen könne, viel zu einseitig mit monetären Anreizen. Missbräuche seien damit vorprogrammiert.
Diese Missbräuche, die sich in den letzten Jahren gehäuft haben, sind der Grund für die erstaunliche Karriere des Begriffes «Corporate Governance», der mittlerweile in aller Munde ist. Mittels Corpote Governance sollen die Aktionäre wieder die Kontrolle darüber zurückerhalten, wie ihre teilweise ausser Rand und Band geratenen Manager mit ihrem Besitz umspringen.
Wie weit diese Kontrolle gehen soll, darüber gingen am Mittwoch freilich die Meinungen weit auseinander. Am stärksten exponierte sich auch hier wieder Bruno S. Frey mit seinem Vorschlag, Firmen sollten sich am öffentlichen Bereich ein Vorbild nehmen und ihre Selektionsverfahren so transparent wie Wahlen im politischen Bereich gestalten. Dagegen empfahl Edward P. Lazear, den Akzent nicht auf Kontrolle zu setzen und statt dessen nach Strategien zu suchen, wie eine Firma die besten Manager anziehen könne. Herbert Hax wiederum suchte das Heil eher in der Einführung vertraglicher Garantien, mit denen die Rechte der Shareholder gegenüber den Managern gesichert werden könnten. Stefan J. Reichelstein schliesslich setzte allen Bemühungen, durch Regelwerke und Kontrolle die Macht der Manager im Zaum zu halten, das scharfe und skeptische Votum entgegen: «Firmen sind nun einmal keine Demokratien.»