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Gross war der Andrang am Samstag Morgen um 10 Uhr im Auditorium Maximum an der ETH Zürich. Das Thema Angst scheint auf grosses Interesse zu stossen. Zwar wandte sich das Forum spezifisch an ältere Menschen, doch von Angststörungen sind alle Altersschichten betroffen. Zehn Prozent der Erwachsenen sehen sich mit diesem Problem konfrontiert, erklärt Ursula Schreiter Gasser von der Tagesklinik des Gerontopsychiatrischen Zentrums der Psychiatrischen Universitätsklinik.
Kaum hat Gasser ihren Vortrag begonnen, ertönt vom Eingang des Auditoriums her Lärm, eine johlende Menge scheint das zu sein. Erbost drehen sich die Köpfe, einige lassen ein deutliches «Pssst!» hören: Eine Truppe Putzpersonal betritt den Raum. Sorry, es tue ihnen leid, aber sie müssten jetzt hier putzen, sie hätten es schriftlich, sagt die eine. Gasser protestiert, das gehe doch nicht. Und auch einige ältere Semester lassen ein paar deftige Kraftausdrücke fahren, derweil andere zu schmunzeln beginnen und erahnen, was das soll: Die Intervention ist durchaus gewollt. Die St. Galler Theatertruppe Colori hat für den heutigen Vortrag ein Programm zusammenstellt, welches die einzelnen Vorträge unterbricht und deren Themen von der wissenschaftlichen Ebene auf die Bühne oder eben: mitten ins Leben holt.
Jeder Mensch kennt Ängste. Doch meist sind diese an eine bestimmte Vorstellung gekoppelt, erklärt Monika Kirsten-Krüger vom Konsiliardienst der Tagesklinik des Gerontopsychiatrischen Zentrums der Psychiatrischen Universitätsklinik. Ein Patient mit einer Angststörung verspürt einfach nur Angst. Häufig zeigen sich die Symptome auch auf körperlicher Ebene. Zittern, Schweissausbrüche, Bauchkrämpfe, Herzschmerzen, das Gefühl zu ersticken sind nur einige Symptome. Dies führt häufig dazu, dass Patienten in den Notfall eingeliefert werden, weil ein akute körperliche Erkrankung vermutet wird. Und häufig erkennt das medizinische Personal auf der Notaufnahme die eigentliche Ursache nicht. So bleibt der Patient mitseiner Krankheit alleine. Mit der Zeit kann sich ein eigentlicher Teufelskreis entwickeln: Es entsteht eine Angst vor der Angstattacke. Häufig folgt auf eine Angststörung eine akute Depression. Gerade bei älteren Menschen bleiben solche psychischen Störungen häufig unentdeckt, weil sie einerseits oft allein und eher zurückgezogen sind und weil andererseits es als selbstverständlich angesehen wird, dass der alte Mensch gewisse Gebrechen und Ängste hat.
Auf eine spezielle Form von Angst machte Irene Bopp-Kistler von der Geriatrie des Waidspitals aufmerksam. Die Sturzangst sei für viele ältere Menschen eine tägliche Begleiterin. Der Sturz an sich sei aber häufig ein Symptom für andere, chronische Erkrankungen. Deshalb sei es wichtig, schon in jüngeren Jahren mit der Prävention zu beginnen. Zudem gibt es auch technische Möglichkeiten, wie z.B. speziell gepolsterte Unterhosen, die einen bei einem Sturz vor grösseren Verletzungen schützen.
Es gibt Wege, die aus dem Teufelskreis der Angst führen, machte schlussendlich Jutta Stahl von der Tagesklinik des Gerontopsychiatrischen Zentrums der Psychiatrischen Universitätsklinik klar. Häufig versuchen Patienten, sich mit Hilfe von Alkohol oder angstlösenden Medikamenten zu helfen. Doch dies führt selten zum gewünschten Erfolg, da sowohl Alkohol wie auch die bekannten Benzodiazepine zur Sucht führen können. Zudem bestehe die Gefahr, dass so eine Angststörung chronischen Charakter entwickle. Eine Therapie bestehe meist darin, die Situationen und Ursachen, die Angst erzeugen, zu erkennen und dann, begleitet von einer Fachperson, diese Schritt für Schritt zu erleben und zu bewältigen.